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Schweinfurt
Was waren die Gründe für den tödlichen Messerangriff?
Tod eines 22-Jährigen: Nach dem zweiten Verhandlungstag stellt sich die Frage nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Waren sexualisierte Demütigungen der Auslöser?
Vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt muss sich ein 25-Jähriger verantworten. Er soll seinen drei Jahre jüngeren Mitbewohner mit dem Messer so schwer verletzt haben, dass dieser noch in der Wohnung starb.
Foto: Nicolas Armer | Vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt muss sich ein 25-Jähriger verantworten. Er soll seinen drei Jahre jüngeren Mitbewohner mit dem Messer so schwer verletzt haben, dass dieser noch in der Wohnung ...
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:57 Uhr

Was war das Motiv für die Bluttat am 1. Mai 2020 in einer Gemeinde im Landkreis Rhön-Grabfeld? Diese Frage stand im Mittelpunkt des zweiten Verhandlungstages vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt. Ein 25-Jähriger soll laut Anklageschrift seinen 22-jährigen Mitbewohner erstochen haben, was als Totschlag angeklagt ist. Erst in der Küche, dann im Flur, soll er mit einem 9,5 Zentimeter langen Edelstahlmesser insgesamt 14 Mal auf sein Opfer eingestochen haben. Ein Stich in den Hals war tödlich, der 22-Jährige starb infolge des hohen Blutverlustes.       

Angeklagter rief Bekannte an "Es ist etwas schreckliches passiert"

Bei der Rekonstruktion des Tathergangs ist das Gericht neben den Ermittlungsergebnissen der Spurensicherung auf Zeugen angewiesen, denn der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Zeugen, die allerdings nicht zur Verfügung stehen, weil sie zwischenzeitlich mit unbekannten Aufenthaltsort ins Ausland verzogen sind. So wurden am zweiten Verhandlungstag Protokolle von zwei Vernehmungen verlesen, die die Kripo kurz nach der Tat durchgeführt hat. Diese beiden Männer hatte der mutmaßliche Täter nach der Bluttat mit aufgeregter Stimme angerufen und sie gebeten, schnell zu ihm in die Wohnung zu kommen, denn es sei etwas schreckliches passiert. Die Männer, Bekannte und ehemalige Arbeitskollegen, machten sich in zeitlichem Abstand auf den Weg zur Wohnung des Angeklagten. Sie waren es schließlich, die die Polizei einschalteten.        

Die Haustür habe offen gestanden, in der Wohnung sei überall Blut gewesen und der Tote habe im Eingangsbereich zum Badezimmer gelegen. So hatten beide Männer übereinstimmend ihren ersten Eindruck geschildert, als sie in der Wohnung eintrafen, in der drei junge Männer zusammenlebten. "Ich habe ihn mit dem Messer getötet", soll der Angeklagte mit Blick auf das Opfer zu einem der Männer gesagt haben. Auch der zweite Mann, der kurz nach der Tat vernommen wurde, will gehört haben, dass der mutmaßliche Täter mit den Worten "Ich habe ihn umgebracht", die Tat eingeräumt habe.

Die Aufforderung einen Notarzt zu holen soll er mit den Worten "Nein, der ist tot", quittiert haben. Auf wiederholte Nachfragen der Männer, was denn der Grund für den Streit gewesen sei, habe der Angeklagte außer "Nur so" keine Antwort gegeben. Einig waren sich die beiden Männer aber auch in der Einschätzung des Angeklagten, dass er ein eher friedlicher, freundlicher und zurückhaltender Zeitgenosse sei.            

Möglicherweise, auch das ergibt sich aus den Vernehmungsprotokollen der beiden Männer, war das Zusammenleben des Trios alles andere als harmonisch. Der Angeklagte und das Opfer sollen schon seit über einem Monat vor der Tat nicht mehr miteinander geredet haben. Auch mit dem dritten Mitbewohner habe es Streit gegeben.       

Was geschah in der Wohngemeinschaft?

Vor Gericht schweigt der Angeklagte, einem medizinischen Sachverständigen und Gutachter gegenüber hatte er aber kurz nach der Tat einige Einblicke in sein Verhältnis zu seinen Mitbewohnern gewährt. Der Sachverständige schilderte im Zeugenstand, dass es wohl eine Reihe von sexuell-verbalen Demütigungen gegeben habe, die den jungen Mann mutmaßlich zum Täter machten. Demütigungen, die schon in der Kindheit des Angeklagten begannen, sich in seinem späteren Leben und schließlich in der Wohngemeinschaft fortsetzten, die dazu führten dass er sich selbst als "schlecht" empfunden habe.

Der Angeklagte habe auch von seiner von Schlägen und sexuellem Missbrauch geprägten Kindheit berichtet. Eine "furchtbare Biografie", so der Sachverständige, die Auslöser für die massiven psychischen Probleme des jungen Mannes seien. Probleme für die typisch sei, dass sich Spannungen über eine lange Zeit aufbauen und dann mit einem Schlag entladen. Probleme auch, die durch den regelmäßigen Haschisch-Konsum des Angeklagten nicht besser wurden.

Im weiteren Verfahren stellt sich nun auch die Frage, inwieweit der Angeklagte überhaupt für seine mutmaßliche Tat verantwortlich gemacht werden kann. Außerdem will man versuchen, den seinerzeit dritten Mitbewohner ausfindig zu machen und in den Zeugenstand zu bekommen.                  

 
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