
Senioren- und Pflegeheime sind ausgebucht, soziale Dienste arbeiten am Rand ihrer personellen Kapazität. Die Arbeit ist da, doch es fehlen die Mitarbeitenden. Während etwa der demografische Wandel mehr Fachkräfte fordert, sind diese immer schwerer zu finden. Der Personalengpass, ein "wunder Punkt in der Pflege, der ein pflegendes Pflaster braucht", findet die Agentur für Arbeit in Schweinfurt und steigt in das europäische Qualifizierungsprojekt "EURES" ein.
"EURES", das steht für "European Employment Services" und bedient unterschiedliche Bedarfsberufe. Die zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit hat in Zusammenarbeit mit dem EURES-Netzwerk das Projekt "Pflegepflaster – gemeinsam stark" gestartet und auf Pflegeberufe zugeschnitten. Alina Valentin, EURES-Beraterin am Schweinfurter Arbeitsamt, stellte das Projekt Verantwortlichen aus Schweinfurter Pflegeeinrichtungen im Berufsinformationszentrum (BiZ) vor.
Ziel: Als Hilfskräfte kommen, als Fachkräfte bleiben
Die Projektidee: Motivierte und geeignete Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland werden zunächst als Helferinnen und Helfer in der Altenpflege eingestellt und absolvieren nach intensiver Vorbereitung eine Umschulung zur examinierten Pflegekraft. Das Projekt richtet sich an EU-Staatsangehörige oder Menschen mit EU-Daueraufenthalt-Status zwischen 23 und 35 Jahre, die noch nie eine Ausbildung gemacht haben oder mindestens vier Jahre ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben. Flankiert wird das Angebot für die Teilnehmenden von einem Deutsch-Kurs noch im Heimatland. In Deutschland angekommen, beginnt für die künftigen Pflegefachkräfte ein auf die Umschulung vorbereitendes Qualifizierungsmodul.
Arbeitsagentur zahlt mit beim Gehalt
Mit Beginn dieses Moduls wird vom Arbeitgeber für die gesamte Projektdauer ein Gehalt gezahlt, wie es für Helferinnen und Helfer in der Altenpflege üblich ist. Für die Einrichtungen hält sich unterm Strich der finanzielle Aufwand in Grenzen, denn die Gehälter und viele begleitende Integrationsmaßnahmen werden über das Projekt mit hohen Förderquoten bezuschusst oder ganz übernommen.
Für die Einrichtungen eine gute Möglichkeit, ihre lichten Reihen im Pflegepersonal aufzufüllen. Etwa 20 Männer und Frauen aus Ländern wie Spanien, Portugal, der Slowakei oder Estland sind bereits für das Projekt angemeldet. Aber es braucht Zeit und Geduld, bis diese "Pflegepflaster" ihre heilende Wirkung entfalten können.

Phase 1, Arbeitgeber für die Idee zu gewinnen, ist mit der Vorstellung des Projekts gestartet. Anfang 2023 haben dann alle europäischen Bewerberinnen und Bewerber die Möglichkeit, sich bei "Speed-Dating-Events", online oder vor Ort, jeweils eine halbe Stunde lang bei mindestens drei Arbeitgebern vorzustellen. Diejenigen, die danach eine Einstellungszusage erhalten, werden in das Projekt aufgenommen und können direkt in ihrem Heimatland mit einem Deutschkurs beginnen.
Von März bis August kommenden Jahres sollen die Sprachkurse mit Ziel A2-Niveau stattfinden. Die Kosten für den Sprachkurs werden über ein europäisches Förderprogramm erstattet. Im September 2023 werden die erfolgreichen Sprachkurs-Absolventinnen und -Absolventen in den hiesigen Einrichtungen erwartet, beginnen mit der Arbeit und mit der intensiven Vorbereitung auf die Ausbildung. Flankiert wird diese ungefähr einjährige Vorbereitungszeit von weiteren Sprachkursen, die die Deutschkenntnisse auf B2-Niveau anheben sollen, denn nur so sei es möglich, die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren.
Integration, Sprachkompetenz und Ausbildung gehen Hand in Hand
Mit diesen Grundkompetenzen in der Tasche können die Teilnehmenden in ihre Pflegefachhilfe-Ausbildung (1 Jahr) oder die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft starten. Während der Ausbildung erhalten alle Teilnehmenden umschulungsbegleitende Hilfen wie Coaching, Nachhilfeunterricht oder Prüfungsvorbereitung. Auch dafür werden die Kosten von der Agentur für Arbeit bezahlt.
Die Agentur für Arbeit in Schweinfurt beteiligt sich zum ersten Mal an diesem Programm. Projekt-Betreuerin Alina Valentin appellierte an die Vertreterinnen und Vertreter der Pflegeeinrichtungen, die Personalzuwachs aus der EU gebrauchen können, auch ihren Teil zur Integration zu tun. Hilfestellungen, bei ganz gewöhnlichen Dingen wie ein Bankkonto einzurichten, seien gefragt, denn "wenn die herkommen und man lässt sie alleine, dann gehen die wieder".
Informationen und Anfragen zu den Fördermöglichkeiten bei der Schweinfurter Arbeitsagentur unter Schweinfurt.EURES@arbeitsagentur.de.