
Am 21. Juni dieses Jahres, kurz nach 8 Uhr, betritt der 48-Jährige, gelernter Schweißer, eine Bäckereifiliale in der Innenstadt. Er holt sich ein Stück Pizza, eine Flasche Wasser und ein belegtes Brötchen aus den Selbstbedienungsfächern – und lässt sich das Frühstück im Wert von 9,80 Euro schmecken. Bezahlt hat er es nicht, obwohl das vorher hätte erfolgen sollen. Er zahlt es auch nicht, als ihn der Inhaber dazu auffordert. Der Grund: Er hat kein Geld dabei.
Gerade erst war der Schweinfurter aus dem Gefängnis entlassen worden, wieder einmal. Seit 25 Jahren verstößt er gegen Gesetze: Körperverletzung, Beleidigung, Betrug, Diebstahl, Land- und Hausfriedensbruch, Trunkenheitsfahrten, Sachbeschädigung. 20 Vorstrafen hat der 48-Jährige gesammelt, mehrfach war er im Gefängnis. Nun, gerade mal zwei Tage auf freiem Fuß, hatte er wieder einen Betrug begangen und trotz der frühen Stunde gut zwei Promille Alkohol in der Blutbahn. Die Polizei rückt an und nimmt die neue Straftat auf.
Angeklagter bedrohte Ärztin: "Ich werde dich töten"
Einen Tag später sitzt der Mann mit nacktem Oberkörper auf einer Bank am Georg-Wichtermann-Platz, die Gewerkschaft Verdi hält gerade eine Streikkundgebung ab. Einer Polizistin, die den Demozug begleitet, fällt an ihm eine Tätowierung auf: ein spiegelverkehrtes Hakenkreuz auf seiner Brust. Auch das gilt, höchstrichterlich bestätigt, als "Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation" und darf nicht öffentlich gezeigt werden. Die zweite Straftat.
Am Nachmittag desselben Tages bringt der Rettungsdienst den Schweißer in die Notaufnahme des Krankenhauses St. Josef. Er war schlafend auf einer Parkbank gefunden worden. Unklar war, was mit ihm los ist. Weil ihm wohl irgendetwas nicht passt, beleidigt er zunächst eine Krankenschwester als "Schlampe" und "Hure". Als ihn die Assistenzärztin zurechtweist und sich solches Verhalten verbittet, droht er zu ihr: "Ich werde dich töten." Zur Tatzeit hatte der Mann 2,38 Promille intus.
Gutachter: Suchttherapie hat bei diesem Angeklagten keine Aussicht auf Erfolg
All dies steht rechtskräftig fest, weil es der Angeklagte soeben bei seiner Verhandlung vor dem Amtsgericht Schweinfurt gestanden hat, ferner aufgrund von fünf Zeugenaussagen – und letztlich, weil der Angeklagte wie der Staatsanwalt am Ende der Gerichtsverhandlung gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt haben. Das spiegelverkehrte Hakenkreuz auf seiner Brust ist für den Angeklagten "kein faschistisches Zeichen, sondern ein Häftlingssymbol". Das habe er sich 2006 im Knast stechen lassen.
Vorher hatte ein forensischer Psychiater dem Angeklagten langjährige Alkoholabhängigkeit und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung bescheinigt. Es mangle ihm an Einsichtsfähigkeit, Empathie, Lernbereitschaft. Mit zwei Promille Alkohol sei er quasi im Normalzustand. Deswegen sei seine Steuerungs- und Schuldfähigkeit beim Betrug und dem Hakenkreuz-Zeigen auch nicht aufgehoben oder eingeschränkt gewesen, allenfalls bei seinen Ausfällen im Krankenhaus. Die Voraussetzungen zu einer Unterbringung zur Suchttherapie lägen bei ihm nicht vor – mangels Erfolgsaussicht. Seine Schulden beim Bäcker hat der Angeklagte bis heute nicht bezahlt und beim Krankenhauspersonal sich nicht entschuldigt.
Wie das Urteil des Amtsgerichts am Ende ausgefallen ist
Wegen Betrugs, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung verurteilt der Amtsrichter den Angeklagten zu elf Monaten Haft ohne Bewährung. Der Staatsanwalt hatte auf ein Jahr, der Pflichtverteidiger auf zehn Monate Gefängnis plädiert. Der Haftbefehl bleibt aufrecht.