Ein bayerisches Richtfest sieht anders aus, aber die Pandemie ist noch nicht "hinter Gittern". Statt Bier vom Faß und Blasmusik gab es beim etwas anderen "Richtfest" für das neue Justizzentrum in der Rüfferstraße Lunch-Tüten to go, Brotzeitboxen aus Metall und einen Flaschenöffner in Paragrafenform als Erinnerung an diesen Tag. Hochranging war dagegen der Besuch, den der Präsident des Landgerichts in Schweinfurt, Reinhard Pfingstl, der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, Lothar Schmitt, und Gerald Langer, Bereichsleiter Hochbau des Staatlichen Bauamtes Schweinfurt, auf der Baustelle begrüßen konnten.
Mit Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU), und ihrem Parteikollegen Justizminister Georg Eisenreich, waren gleich zwei bayerische Minister nach Schweinfurt gekommen, um sich auf der derzeit größten fränkischen Baustelle in Sachen Justiz umzusehen.
Die Rohbauarbeiten sind fast fertig, die Fassadenarbeiten haben begonnen, normalerweise Zeit Richtfest zu feiern. Da solche Feierlichkeiten noch nicht wie gewohnt möglich sind, wurde der 3-G-Regel-konforme Baustellenbesuch genutzt, um sich ein Bild vom Baufortschritt zu machen. Und der kann durchaus beeindrucken. Die Hallen und Gänge, der große Innenhof, der noch begrünt werden wird, lassen erahnen, wie nach der Fertigstellung der Anspruch "alle Justizbehörden an einem Ort vereint in einem modernen Gebäudekomplex" umgesetzt werden wird. 65 Millionen Euro investiert die Justiz, zunächst in den Neubau und dann in die Sanierung der historischen Bestandsgebäude. Bis 2025 soll alles fertig sein.
"Herzstück des neuen Justizzentrums sind zwei denkmalgeschützte Gebäude und ein fünfgeschossiger Neubau mit 7200 Quadratmetern Nutzfläche", skizzierte Bauministerin Schreyer das Gebäude. Ein Justizzentrum, das nicht nur in der Region zentraler Anlaufplatz für alle Belange in Sachen Justiz sei, sondern durch die Verbindung von alt und neu auch städtebaulich Akzente setze. 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz können künftig an einem Standort arbeiten – und nicht wie bisher auf mehreren Standorte verteilt. "Im Schweinfurter Justizzentrum werden Amts- und Landgericht, die Staatsanwaltschaft und das IT-Servicezentrum zusammengeführt", so Justizminister Eisenreich. Unterhalb des Eingangsbereichs entstehen eine zweigeschossige Tiefgarage mit 124 Stellplätzen, Archivräume und Haftzellen.
Wie der Neubau helfen soll, CO2 einzusparen
"Mit dem neuen Justizzentrum verbinden sich Denkmalschutz und moderne Architektur unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und und Klimaschutz zu einem großen Ganzen", bilanzierte auch die Bauministerin.
"Wir liegen im Zeitplan, trotz Pandemie und anspruchsvoller Lage des Bauplatzes vor dem denkmalgeschützten Justizgebäude. Wir rechnen Ende 2023 mit dem Bezug des Neubaus, dann startet die Sanierung des historischen Gebäudes", so Eisenreich. Auch ökologisch und technisch sei alles auf der Höhe der Zeit. So seien Elektrotankstellen in der Tiefgarage geplant, der ganze Gebäudekomplex werde an das Fernwärmenetz angeschlossen. Durch den Bau würden etwa 290 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr gespart, ergänzte Kerstin Schreyer, die auch betonte, dass auch finanziell alles bisher im gesteckten Rahmen sei.
"Man sieht, dass hier etwas schönes, großes und auch ungewöhnliches entsteht", zeigte sich der Justizminister beindruckt. "Nach dem Strafjustizzentrum in München ist Schweinfurt derzeit die zweitgrößte Baustelle der bayerischen Justiz". Das mache den Neubau des Schweinfurter Justizzentrums gleichzeitig zum bedeutendsten fränkischen Bauvorhaben der Justiz. "Das Gebäude erfüllt alle Anforderungen an ein modernes Justizgebäude." Spannend sei die Herausforderung gewesen "Neubau und denkmalgeschützte Gebäude gut zusammenzubringen", was gut gelungen sei.
Was Landrat und OB sich wünschen
Aus mehren Gründen dankbar für diesen Bau sei auch die Stadt Schweinfurt, so OB Sebastian Remelé (CSU). "Groß, repräsentativ und praktisch" sei der Neubau. Gleichzeitig werde den historischen Gebäuden durch die Sanierung ihre städtebauliche Bedeutung zurückgegeben. Als "ehemaliger Anwalt" würdigte Remelé auch die längst überfällige räumliche Zusammenführung der Justiz in einem Haus.
Auch Landrat Florian Töpper (SPD) freut sich über das neue Justizzentrum in seiner Nachbarschaft, das mit seinen hohen Standards in die Zeit passe. Darüber hinaus wünscht sich Töpper, dass sich bei allen haushaltstechnischen Herausforderungen zur baulich adäquaten Ausstattung auch die angemessene personelle Ausstattung gesellen möge. Nach dem offiziellen Teil boten Jan Hauschildt (Knoche Architekten) und Alexej Kolschkow (Zila Freie Architekten) für die Gäste Baustellenführungen an.