
Es waren gleich mehrere Anklagen und eine lange Liste an Vorwürfen, denen sich ein 31 Jahre alter Mann im Schöffengericht am Amtsgericht Schweinfurt stellen musste. Der schwerwiegendste: die Vergewaltigung einer jungen Frau im Herbst 2020, mit der er zwischen Juli und August 2019 eine Beziehung hatte. Da er die Frau im Streit auch kurz gewürgt hatte, kam noch eine vorsätzliche Körperverletzung dazu sowie später Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Nun fällte das Schöffengericht sein Urteil. Milde gab es nicht für den 31-Jährigen, der wegen verschiedener Vorstrafen zum Tatzeitpunkt unter Bewährung stand und zu den Vorwürfen gegen ihn schwieg.
Er wurde zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung sowie Körperverletzungen in weiteren, anderen Fällen verurteilt. Besondere Umstände für eine erneute Bewährung oder eine positive Sozialprognose sah das Gericht nicht.
Am letzten Prozesstag stand die Geschädigte selbst im Zeugenstand. Ruhig und gefasst erläuterte sie, was vor etwas mehr als drei Jahren in einem Schweinfurter Hotelzimmer, in dem der Angeklagte damals wohnte, passiert war. Ihre Einschätzung des Geschehens, es habe sich für sie nicht um eine Vergewaltigung gehandelt, die Anzeige habe sie wegen der Körperverletzung durch das Würgen gestellt, beschäftigte später Staatsanwalt, Anwälte und Gericht in der Beurteilung der Geschehnisse.
Gespräch über die Zukunft der Beziehung geplant
Man habe sich im September 2020 nach längerer Zeit wieder getroffen. Sie wollte vor allem mit ihm darüber sprechen, ob ihre Beziehung eine Zukunft habe. Der Angeklagte sei angetrunken gewesen, schilderte die Zeugin – er hatte rund drei Promille Alkohol und Spuren von Marihuana-Konsum im Blut – , zu Beginn des Gesprächs aber noch zugewandt. Sie habe ihm immer wieder klar machen müssen, dass sie keinen Geschlechtsverkehr, sondern zunächst mit ihm reden wollte.
Nachdem er eine sexuelle Handlung versucht und sie diese unterbunden hatte, sei der Angeklagte aggressiv geworden. Die Handlung ist gleichwohl im Gesetz klar als Vergewaltigung definiert. Schließlich sei sie aufs Bett geschubst und kurz gewürgt worden. Die erlittenen Verletzungen wie blaue Flecken an Armen und Beinen und Rötungen am Hals wertete der Gerichtsmediziner als glaubhaft zu den Schilderungen der Zeugin. Sie habe vor allem während des aggressiven Verhaltens Angst gehabt und später Monate gebraucht, die Geschehnisse zu verarbeiten, so die Geschädigte.
Ein wichtiger Punkt: War der Angeklagte zu betrunken und zu bekifft, um das klare Nein der Geschädigten richtig zu verstehen? Die Blutwerte sind an der Grenze zur Unzurechnungsfähigkeit, einen Psychiaterin attestierte aber, dass aus ihrer Sicht der Angeklagte "ein klares Nein hätte verstehen müssen." Aufgrund von familiärer Vorbelastung und beginnenden schizophrenen Symptomen, empfahl sie auch eine medikamentöse Behandlung. "Wenn weiter Marihuana konsumiert wird, ist die Gefahr der Eskalation hoch", warnte die Gutachterin.
Staatsanwalt fordert Gefängnisstrafe, Verteidigung Geldstrafe
Die Einschätzungen in den Plädoyers waren gegensätzlich: Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und zehn Monate Haft, sah die Vergewaltigung als erwiesen an. Für die beiden plädierenden Verteidiger des Angeklagten war dies gleichwohl nicht so. Sie forderten eine Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen.
Das Schöffengericht war in seiner Urteilsbegründung sehr klar. "Wir sind überzeugt, dass die Vorwürfe in der Anklage bestätigt wurden", so der Vorsitzende Richter. Die sexuelle Handlung sei klar als Vergewaltigung definiert, das weitere Verhalten bestärke das Gericht in seinem Urteil. Der Angeklagte habe die Schwelle des Erlaubten klar überschritten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Berufung sowie Revision eingelegt werden.