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SCHWEINFURT
Schaeffler will Schweinfurt stärken
Schaeffler-Sparte Industrie: Der Bereich wird neu geordnet. Vom Stellenabbau werden die Mitarbeiter der Produktion nicht betroffen sein.
Foto: Schaeffler, Körblein | Schaeffler-Sparte Industrie: Der Bereich wird neu geordnet. Vom Stellenabbau werden die Mitarbeiter der Produktion nicht betroffen sein.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:43 Uhr

Der Mann sucht die Herausforderung. Unverkennbar. Seit drei Monaten ist Stefan Spindler in der Schaeffler Gruppe für den Bereich Industrie verantwortlich und muss gleich ein ziemliches Mammutprojekt mitgestalten und vor allem umsetzen. Der Umsatz der Sparte schwächelt seit Jahren und die Rendite sinkt.

Jetzt ist von Neuausrichtung die Rede. Von Restrukturierung will Spindler nicht sprechen, obwohl bis zu 500 Arbeitsplätze zur Disposition stehen. „Core“ heißt das neue Programm. Der englische Begriff steht für seine Kernelemente und die heißen „verstärktes Wachstum, bessere Marktversorgung und Servicequalität, stärkere Kundenorientierung sowie Kostensenkung und Effizienzsteigerung“.

Spindler empfängt in seinem Arbeitszimmer, in dem die dicken Mauern die Hitze der letzten Wochen gespeichert haben. Es wirkt noch etwas unbehaust, die Einarbeitung des 53-Jährigen, der von Bosch Rexroth gekommen ist, hatte wohl Priorität. Er sei gut aufgenommen worden, habe viele offene Gespräche mit einem offenen Team geführt, das zu Veränderungen bereit sei. Inzwischen sei er tief in die Themen eingestiegen, habe mit vielen Kunden gesprochen. Wichtig ist ihm, dass sowohl die Gesellschafter, Georg F. W. Schaeffler und Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann, wie der Vorstand ein klares Bekenntnis für die Weiterentwicklung des Industriebereiches abgegeben haben.

Dass Schaeffler auf zwei starken Beinen steht, hat sich vor allem in der Automobilkrise 2008/2009 ausgezahlt. Der Automotive-Bereich macht 75 Prozent des Umsatzes aus, 25 Prozent kommen von der Industrie. Das soll so bleiben, wobei die Automobilsparte tendenziell stärker wächst. Das verdeutlicht Spindler an einem Chart. „Die Sparte Industrie hat in den letzten fünf Jahren an Dynamik verloren.“ Obwohl die Zahlen nach wie vor gut seien, sei der negative Trend unverkennbar. Lag die EBIT-Marge 2011 noch bei 17,8 Prozent, fiel sie im vergangenen Jahr auf 9,1 Prozent. „Das kann man so nicht laufen lassen.“ Immerhin sei eine Bodenbildung erkennbar.

Eines der Ziel von „Core“ ist die Verlagerung von Verantwortung in die regionalen Märkte hinein. Dass Schweinfurt dabei die Zuständigkeit für Gesamteuropa erhält, hatte Vorstandschef Klaus Rosenfeld schon im Frühjahr angekündigt. Künftig werden zudem die Zentralbereiche getrennt, wobei sie für die Industrie hier gebündelt werden.

Aus dem Maßnahmenkatalog greift Spindler einige heraus. Die Verbesserung der Lieferfähigkeit, „ist das Push-Thema der nächsten beiden Jahre“. Dabei spielen auch die zentralen Vertriebszentren eine wichtige Rolle – das in Kitzingen soll 2017 fertiggestellt sein.

Verlorene Marktanteile bei Hoch-Volumen-Produkten will Spindler zurückgewinnen, in dem sich die Produktion an sehr erfolgreichen Vorbildern aus dem Automotive-Bereich orientiert.

Wichtig bleiben die kundenorientierten Speziallösungen, die immer stärker nachgefragt werden, alles auf Dauer sehr gut zu machen sei jedoch schwierig.

Dass der Stellenabbau – „betriebsbedingte Kündigungen wird es nicht geben“ – nicht reibungslos vonstatten gehen wird, ist abzusehen. Der Betriebsrat hat sich bereits zu Wort gemeldet.

Die Neuausrichtung komme nicht überraschend, heißt es in einer Erklärung. Das Konzept enthalte auch positive Aspekte. Die Belastung der Kollegen im indirekten Bereich sei durch „extreme Arbeitsverdichtung“ schon heute hoch. Kunden- und Lieferantenbeziehungen könnten durch die Neuausrichtung gefährdet werden. Sie dürfe nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden. Kündigungen seien jedoch wegen der unbefristeten Beschäftigungsvereinbarung nicht zu befürchten, sagt der Betriebsratsvorsitzende Norbert Lenhard.

Die Mitarbeiter werden am Freitag informiert, Verhandlungen mit dem Betriebsrat sind bereits vereinbart. Spindler will sie bis zum Jahresende abgeschlossen haben. Dann ist er neun Monate im Amt.

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Foto: Körblein

Zur Person Stefan Spindler

Stefan Spindler (53) hat Maschinenbau an der Technischen Universität München studiert. Dort promovierte er 1992 in der Fachrichtung Verbrennungsmotoren berufsbegleitend zu seiner Tätigkeit als Forschungs- und Entwicklungsingenieur bei der MTU Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen. Zwischen 1992 und 1999 war er bei der MTU zunächst drei Jahre als Chief Engineer in den USA eingesetzt und übernahm anschließend in Deutschland weltweite Verantwortung als Abteilungsleiter im After Sales.

Im Jahr 2000 wechselte Spindler zu Liebherr Machines in die Schweiz als Leiter des Produktbereiches Motoren und stellvertretender technischer Geschäftsführer.

2002 wurde Spindler zum Mitglied des Vorstands der MAN Diesel ernannt. Mitte 2010 wurde er Mitglied des Vorstandes der Bosch Rexroth AG. Dort leite er unter anderem den Geschäftsbereich Erneuerbare Energien mit dem Schwerpunkt auf Windkraftanwendungen und ab 2012 den Geschäftsbereich der Mobilen Applikationen, die Antriebs- und Steuerungsprodukte für Fahrzeuge umfasste.

Spindler ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Sein Erstwohnsitz ist München, Zweitwohnsitz soll Schweinfurt werden.

 
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