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Gochsheim
Sanierung statt Verfall: Drei Projekte, mit denen Gemeinden im Landkreis Schweinfurt gegen Leerstand kämpfen
Drei Projekte im Landkreis Schweinfurt zeigen, wie Gemeinden ihre Ortskerne revitalisieren. Wie der Landkreis mit Beratungen und Förderungen dabei hilft.
Seit 15 Jahren beschäftigen sich Gemeinden und der Landkreis Schweinfurt mit der Sanierung und Entwicklung des ländlichen Raums.
Foto: von links: Anand Anders, Stefan Pfister, Anand Anders | Seit 15 Jahren beschäftigen sich Gemeinden und der Landkreis Schweinfurt mit der Sanierung und Entwicklung des ländlichen Raums.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 14.07.2024 02:33 Uhr

Verwaisten Ortskernen, Leerstand und Überalterung: Kaum eine andere gesellschaftliche Entwicklung verändert Deutschland so gravierend wie der demografische Wandel. Besonders in ländlichen Regionen kämpfen Ortschaften und Gemeinden mit den Folgen einer veränderten Bevölkerungsentwicklung.

Auch der Landkreis Schweinfurt gehört laut einem Bericht vom Landratsamt zu den schrumpfenden Gegenden in Unterfranken. Für das Jahr 2036 wird ein Rückgang auf 112.600 Einwohner prognostiziert. Rund 36 Prozent davon befinden sich zum diesem Zeitpunkt im Rentenalter. Gleichzeitig entstehen im Landkreis seit 2016 jedes Jahr 200 neue Wohngebäude, Tendenz zunehmend. Ein Großteil der Neubauten erfolgt in Neubaugebieten am Rand der Siedlungen, zum Leidwesen der Ortskerne, die dadurch zunehmend verweisen und an Bedeutung verlieren. Zirka fünf Prozent der vorhandenen Wohnungen in den Gemeinden stehen leer, meist im Ortskern.

Um Flächen zu sparen und die Ortskerne lebendig zu gestalten konzentrieren sich Gemeinden und Kreisverwaltung vorrangig auf deren bauliche Entwicklung. Durch die Nutzung vorhandener Flächen im Ortskern, sollen so Natur, Landwirtschaft, Grund- und Hochwasserschutz sowie Erholungsflächen außerhalb der Ortskerne erhalten bleiben. Wie das in der Umsetzung aussehen kann, zeigen drei Projekte im Landkreis. Unterstützt werden die dabei vom Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken (Dorferneuerung) und der Regierung von Unterfranken (Städtebauförderung).

1. Areal der alten Konservenfabrik in Gochsheim

Auf dem Areal der alten Konservenfabrik in Gochsheim grünt und blüht es zwischen den neuen Wohnanlagen.
Foto: Stefan Pfister | Auf dem Areal der alten Konservenfabrik in Gochsheim grünt und blüht es zwischen den neuen Wohnanlagen.

Dort, wo früher die Brachfläche einer alten Konservenfabrik mitten im Ort viel Platz wegnahm, steht seit 2019 neues Wohnviertel samt grüner Wiese mit Spielplatz. Auf einer Fläche von 8000 Quadratmeter sind im Ortskern von Gochsheim 43 Wohneinheiten entstanden - mehr Wohnungen als im Neubaugebiet, erklärt Bürgermeister Manuel Kneuer. Für die Gestaltung wurden keine Fläche im Außenbereich versiegelt werden.

"Wir merken, dass hier viel Bewegung von unseren Bürgern kommt und weitere Sanierungen im Ort angeschoben werden." Wie so häufig liege ein Knackpunkt bei der Dorferneuerung bei den Bürgerinnen und Bürgern. Diese müssten, so Keneur weiter, von Anfang an bei den Projekten mitgenommen werden. "Es ist wichtig, dass hier eine gute Kommunikation zwischen Bürgern von Behörden stattfindet." Des Weiteren sei es wichtig, die Menschen über mögliche Förderungen und Möglichkeiten ausreichend zu informieren. Die Regierung von Unterfranken hat das Projekt im Rahmen der Städtebauförderung mit 234.179 Euro bezuschusst.

2. Ehemaliger Leerstand in Ebertshausen

In Ebertshausen wurde ein seit 40 Jahren leerstehendes altes Sandsteinhaus in ein modernes Wohnhaus verwandelt.
Foto: Anand Anders | In Ebertshausen wurde ein seit 40 Jahren leerstehendes altes Sandsteinhaus in ein modernes Wohnhaus verwandelt.

Wie das klappen kann, zeigt auch der Blick nach Ebertshausen, einem Ortsteil der Gemeinde Üchtelhausen. Hier am Ortsrand haben Veit Rudolph und Angelina Merthen mit ihren Familien eine alte Hofstelle saniert. Dabei geholfen hat ihnen die Gemeinde, das Amt für ländliche Entwicklung und der Landkreis mit entsprechenden Förderprogrammen.

Konkret unterstützt der Landkreis Privatleute beim Umbau mit zwei Maßnahmen. Im ersten Schritt erfolgt eine sogenannte Erstbauberatung, erklärt David Wald, Regionalmanager beim Landratsamt Schweinfurt. Gebäudeeigentümer, die eine Immobilie besitzen, die älter als 60 Jahre ist und umgebaut werden soll, können dort eine fünfstündige Beratung bei einem von sieben Architekturbüros in Anspruch nehmen. Daraus resultieren dann konkrete Vorschläge für den Umbau. 

Im zweiten Schritt können Bürgerinnen und Bürger die Umbau-Sanierungs-Entsorgungsförderung nutzen. "Wenn Bewohner ein konkretes Projekt umsetzen wollen, können sie sich das mit bis zu 10.000 Euro fördern lassen", sagt Wald. Insgesamt wurde die Bauberatung 441-mal in den vergangenen acht Jahren genutzt. Bei der Umbau-Sanierungs-Entsorgungsförderung wurden bis zum 1. Juni dieses Jahres 230 solcher Maßnahmen genehmigt.

Die erste Ansprechperson und Antragsstelle für Interessierte ist der sogenannte Innenentwicklungslotse. Diesen gibt es in jeder Kreisgemeinde, so Wald. Seit 2023 fördert der Landkreis zusätzlich nachhaltige Projekte, wie Wasserzisternen, Dachbegrünung, energetische Maßnahmen und Barrierefreiheit sowie Wiederverwendung von Recyclingmaterialien wie Zement. "Hier sind pro Kategorie 500 Euro Bonus mit inbegriffen", so Wald. Anders als bei der Städtebauförderung gebe es dabei keinerlei gebietstechnische Grenzen.

3. Neue Ortsmitte in Niederwerrn

Ein großes Projekt mit langem Lauf: Die neue Dorfmitte in Niederwerrn mit Bürgerhaus, Bürgercafé, Ladenmuseum und Energiescheune.
Foto: Anand Anders | Ein großes Projekt mit langem Lauf: Die neue Dorfmitte in Niederwerrn mit Bürgerhaus, Bürgercafé, Ladenmuseum und Energiescheune.

Allerdings erfordern derartige Projekte auch immer einen langen Atem, meint Anne Weiß, Flächensparmanagerin bei der Regierung von Unterfranken. So wie bei der neuen Ortsmitte in Niederwerrn. Hier hatte die Gemeinde unter anderem Schwierigkeiten damit, an die Grundstücke heranzukommen. "Da musste viel mit den Privateigentümern kommuniziert werden", sagt Weiß. Damit Gemeinden die Konzepte voranbringen, müssten Bürgermeister und Gemeinderäte zudem langfristig denken, "über Wahlperioden hinweg", so Weiß. Auch hier hat die Regierung von Unterfranken das Projekt im Rahmen der Städtebauförderung mit 4.937.000 Euro bezuschusst.

Die neue Mitte wurde kürzlich feierlich eingeweiht. Hier stehen nun ein neuer Bürgersaal, samt Café, sowie das Käthe- und Winfried-Maul-Museum und eine Energiescheune, in der alternative Energie-Erzeugung präsentiert wird. Die Gebäude wurden mithilfe von upgecyceltem Gebäudebeton aus der Autobahnbrücke Rothof bei Würzburg erbaut. Auf dem neuen Dorfplatz ist so ein Raum für Dorffeste, Trauungen, Vereins-Veranstaltungen, Konzerte und Ausstellungen entstanden.

 
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