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Gerolzhofen
Ruhende Hotel-Baustelle "Wilder Mann": Stadt Gerolzhofen geht vor Gericht, die Bauherrin verbreitet Optimismus
Seit Monaten ist vor Ort kein Baufortschritt zu sehen. Die Einschätzungen zur Lage klaffen zwischen der Stadt und dem Projektverantwortlichen Rainer Krapf auseinander.
Die vakante Baustelle am 'Wilden Mann' mitten in Gerolzhofen beschäftigt die Menschen in der Stadt. Auch nach Monaten des Stillstands gibt's von der Bauherrin, der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, zum Fortgang der Projekts so gut wie nichts Neues in Erfahrung zu bringen.
Foto: Michael Mößlein | Die vakante Baustelle am "Wilden Mann" mitten in Gerolzhofen beschäftigt die Menschen in der Stadt. Auch nach Monaten des Stillstands gibt's von der Bauherrin, der Krapf Immobilien GmbH & Co.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:39 Uhr

Die Situation rund um die Baustelle für das geplante Hotel "Wilder Mann" in Gerolzhofen erinnert sehr an das bekannte Sprichwort vom Elefanten im Raum: Jeder sieht ihn – doch keiner der Verantwortlichen traut sich, darüber Klartext zu sprechen. Noch weniger hat jemand eine schlüssige Antwort auf die alles beherrschende Frage bei diesem Thema: Wie und wann geht es weiter mit dem von Beginn an ambitionierten Bauprojekt im Herzen der Altstadt?

An dieser Ausgangslage hat sich auch jetzt, zwei Jahre nach dem zuletzt genannten, zuvor aber schon mehrfach verschobenen Fertigstellungstermin für das 112-Betten-Hotel samt neuen Gastronomie-Betrieb nichts Grundlegendes geändert. Die Stadt Gerolzhofen mit Bürgermeister Thorsten Wozniak an der Spitze gibt sich bewusst kurzsilbig. Das liegt zuvorderst daran, weil es sich bei den Plänen für das einstige Traditionshaus am Marktplatz um ein privates Bauprojekt handelt. Dieses betrifft die Stadt zwar in einigen Punkten unmittelbar (Stichwort: Pausenhof Grabenschule und Bürgersteig Breslauer Straße). Aber letztlich trägt die Kommune für die ruhende Baustelle keine Verantwortung.

Glaubt der Projekt-Verantwortliche noch an den Erfolg?

Auf der anderen Seite steht Rainer Krapf, der nicht nur Mitglied des Gerolzhöfer Stadtrats ist. Er ist auch Geschäftsführer der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, die das Hotel-Projekt als Bauherrin betreibt. Nach mehreren Anläufen dieser Redaktion bestätigt dieser während eines Gesprächs immerhin, dass er das Projekt weiterverfolge. Und er rechne weiter mit dessen Erfolg. Ein Kernsatz von ihm während des Gesprächs lautet: "Die Botschaft sollte sein: Das wird etwas Gutes für Gerolzhofen." Ein Credo, das Krapf von Beginn an predigt. Es ist eine Aussage, die selbst viele von denen, die das Projekt stets mit Wohlwollen begleitet haben, mit Blick auf die seit vielen Wochen ruhende Baustelle mit zig Fragezeichen versehen möchten.

Ebenfalls nichts Neues enthält die aktuelle Auskunft des Bürgermeisters. Auf Nachfrage bestätigt Thorsten Wozniak, was er bereits im September 2022 während einer Sondersitzung des Stadtrats zum "Wilden Mann" bekannt gab: Die Stadt hat juristische Schritte gegen die Bauherrin eingeleitet, sprich Klage eingereicht. Hierbei geht es um die trotz der Ende 2022 ausgelaufenen Frist noch immer nicht beseitigten Schäden am öffentlichen Besitz (Pausenhof, Bürgersteig). Auf die Frage, ob die Stadt im Falle einer Insolvenz der Bauherrin auf diesen Schäden sitzenbleiben würde, weil es hierfür keine Bürgschaft seitens der Bauherrin gibt, möchte Wozniak nicht antworten. Dies wäre spekulativ, meint er.

Wie sieht der Zeitplan für das Projekt aus?

Krapf gibt sich wehrhaft: Seine Immobilien GmbH werde die Klage der Stadt erwidern, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Er geht auch davon aus, dass die Stadt – wie Wozniak bestätigt – die Klage fallen ließe, sobald es auf der Baustelle weitergeht. Wann dies der Fall sein wird, dazu kann oder möchte Krapf aktuell keine Vermutung anstellen. Er lässt jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, dass er weiterbauen möchte. Die Bauherrin sei derzeit dabei, mit Immobilienexperten "eine wirtschaftliche Lösung zu finden", wie der begonnene Bau zügig fertiggestellt werden kann.

Die Aufträge für die beteiligten Firmen seien gültig, erklärt Krapf. Hoffnung schöpft er eigenen Angaben nach aus den aktuell sinkenden Preisen für bestimmte Baustoffe. Beton, Stahl und Holz beispielsweise seien zuletzt günstiger geworden, berichtet er. "Es geht langsam, aber es tut sich etwas." Wenigstens in diesem Punkt arbeitet die Zeit scheinbar für Krapf.

In der Baugrube des Hotel-Projekts 'Wilder Mann' hat sich seit Monaten kein Fortschritt abgezeichnet.
Foto: Michael Mößelin | In der Baugrube des Hotel-Projekts "Wilder Mann" hat sich seit Monaten kein Fortschritt abgezeichnet.

Die Frage nach den Baukosten zwingt sich auf. Krapf spricht jetzt von "auf jeden Fall über sieben Millionen Euro" für den Bau. Dies lässt viel Spielraum offen für Interpretationen nach oben. Im September 2021 war er von maximal 6,5 Millionen Euro ausgegangen. Doch seitdem sind die Preise – nicht nur wegen der Corona-Pandemie – in vielen Bereichen teils rasant gestiegen.

Steht der Hotel-Betreiber hinter dem Projekt?

Wichtig ist für Krapf, dass der im vergangenen November vorgestellte Betreiber für das geplante Hotel weiter hinter dem Projekt stehe. Nachdem die Arbeiterwohlfahrt Unterfranken als ursprünglich benannter Betreiber eines Inklusionshotels im "Wilden Mann" seinerzeit ihren Rückzug verkündet hatte, war die Firma "Inc'otels" aus Rielasingen-Worblingen im Landkreis Konstanz in die Lücke gesprungen. Deren Geschäftsführer, Martin Bünk, hat jahrelange Erfahrungen im Aufbau und Planung von Inklusionshotels. Der "Wilde Mann" wäre bis dato das erste derartige Hotel, das sein Unternehmen selbst führen würde. Dass er daran festhält, bestätigt er auf Nachfrage dieser Redaktion. Er stehe deshalb mit Krapf auch weiter in Kontakt. Nähere Informationen, wann der Betrieb seiner Einschätzung nach öffnen könne, hat aber auch Bünk nicht zur Hand.

Für Krapf bleibt der Betrieb eines Inklusionshotels das favorisierte Ziel. Darauf ziele auch die laufende Überarbeitung der ursprünglichen Pläne für das Hotel ab. Es gehe dabei um keine grundlegenden Planänderungen. Aber manche Punkte müssten neu überdacht werden, etwa ob die vorgesehenen Tagungsbereiche noch zeitgemäß und nicht zu groß seien. Die Corona-Pandemie habe in der Hotel-Branche manches verändert. Viele Unternehmen setzten heute verstärkt auf Video-Meetings statt auf Tagungen in Präsenz.

Welche Alternativen gibt es zum Hotel?

Anstelle des Hotels alternativ ein Wohngebäude in die große Baulücke in der Breslauer Straße zu setzen, habe er ebenfalls prüfen lassen, berichtet Krapf. "Doch in dieser Größenordnung würde das schwierig werden", erklärt er. Diese Lösung scheint also vom Tisch zu sein.

Auf der Frage, welchen Plan B er denn neben dem Bau eines Hotels noch verfolge, antwortet Krapf, dass er einen solchen eigentlich nicht habe. "Ich bin ein positiver Mensch", begründet er dies. Und betont nochmals die Vorteile, die ein Hotel mit bodenständiger, aber doch anspruchsvoller fränkischer Gastronomie für die Stadt und die Einheimischen habe – ganz zu schweigen von den Vorteilen für Touristen, die in Gerolzhofen eine vernünftige Bleibe suchten.

 
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Kommentare
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  • brigitte-sa@t-online.de
    Ich würde mich schämen und aus dem Stadtrat austreten.Er hat da nix mehr verloren.
    Andere Hauseigentümer bekommen wegen Kleinigkeiten Auflagen ,die zum bestimmten
    Termin erledigt sein sollen und er kann machen was er will und alle dulden ihn im Stadtrat.pfui kann ich da nur sagen
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Vielen Dank für Ihren Hinweis. Ich gebe diesen an die verantwortliche Redaktion weiter.
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  • jw@optics.de
    Indianerweisheit (Vorsicht - kulturelle Aneignung):

    "Wenn Du merkst dass das Pferd auf dem Du reitest tot ist, solltest Du absteigen"
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat: "Auf der anderen Seite steht Rainer Krapf, der nicht nur Mitglied des Gerolzhöfer Stadtrats ist. Er ist auch Geschäftsführer der Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, die das Hotel-Projekt als Bauherrin betreibt."

    Ich würde mich in dieser Situation in Grund und Boden schämen und wäre schon lange als Stadtrat zurückgetreten. Das hat meiner Meinung nach etwas mit Anstand zu tun.

    Wenn die Stadt mich oder meine Firma verständlicherweise verklagen würde, würde ich mich schämen, Schämen dafür, dass Bürger der Stadt wegen mir seit Jahren Scherereien haben, Schämen dass Kinder ihren Pausehof nicht vernünftig nutzen können und für viele weitere Dinge im Zusammenhang mit diesem Bau würde ich mich ebenso schämen.
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