27. Juni 2015: Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld geht um 23.50 Uhr vom Netz, endgültig, nachdem das Aus zweimal verschoben worden war. Damals noch von E.on. Heute heißt der Betreiber Preussen-Elektra, Teil des E.on Energie-Konzerns. In Grafenrheinfeld ist er für das zuständig, was 2018 begonnen hat: der Rückbau. Von außen sieht das KKG bis heute aus wie immer – nur ohne die Dampfsäulen, die von 1982 bis 2015 gewaltig in den Himmel wabernd das Bild der Landschaft geprägt haben.
Im Inneren vollzieht sich der Wandel – vom Betrieb zur völligen Demontage. 15 Jahre wird sie insgesamt dauern, doppelt so lange wie der Bau des Kraftwerks. 2033 soll dann der letzte Schritt, der Abriss der Gebäude erfolgen, 2035 "werden wir abziehen", sagt Kraftwerksleiter Bernd Kaiser bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Bis dahin werden die meisten der ehemaligen Stammbelegschaft in Rente gegangen sein, oder in den Vorruhestand. 300 waren es am Beginn des Rückbaus, jetzt ist die Zahl auf knapp 200 geschrumpft. Bis Mitte 2024 werden es nach dem neu ausgehandelten Interessensausgleich dann noch 149 sein, so Kaiser. Und überrascht doch mit einem Zusatz: es werden auch Stellen ausgeschrieben, also Menschen neu angestellt.
Auf den zweiten Blick ist das nicht ganz überraschend. Vieles, was heute die Arbeit im Kernkraftwerk bestimmt, sind völlig neue Bereiche. Eine Entsorgung beispielsweise gab es früher natürlich nicht. Heute hat sie zentrale Bedeutung. André Storath ist Leiter des Teilbereichs. Auch er hat – wie viele andere seiner Kollegen – früher, als das Kraftwerk noch lief, einen ganz anderen Job gemacht. Der Wandel passiert von innen. Auch, was das Personal betrifft.
31.500 Tonnen Material: Ein Kernkraftwerk wird demontiert
Neue Aufgaben, neue Bereiche bei einem Projekt, das ein immens großes ist. Stück für Stück wird das Kernkraftwerk seit April 2018, als die Genehmigung zum Rückbau erteilt wurde, zerlegt und zurückgebaut. Anlagen, die nicht mehr benötigt wurden, hatte man schon vorher stillgelegt, 43 Prozent sind es inzwischen laut Kaiser. Büros wurden geschlossen, ganze Gebäudeteile stehen jetzt schon leer. Was kontaminiert ist, wird soweit es geht, so aufbereitet, dass es normal entsorgt oder wiederverwertet werden kann.
31.500 Tonnen Material sind es insgesamt, die zurückgebaut werden. Zwei Prozent davon - schwach und mittel-radioaktive Stoffe wird man schätzungsweise schlussendlich in der Bereitschaftshalle einlagern, sagt Kaiser. Gebaut wurde sie – wie das Zwischenlager – vom Betreiber des KKG. Zuständig ist aber ein Unternehmen des Bundes, die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH.
Betreiber geben sich zufrieden: Alles im Zeitplan
Zwischenbilanz kurz vor dem fünften Jahrestag: 3,2 Prozent der Demontagemasse sind inzwischen demontiert; vielleicht nicht viel, aber die große Masse wird auch mit dem Abbau der großen Anlagen noch kommen. Ein Meilenstein wird der Zeitpunkt sein, an dem das Kernkraftwerk brennstofffrei sein wird, die letzten Brennelemente in Castoren gepackt und ins Zwischenlager gebracht sind. Ende 2020, davon ist, Storath überzeugt, wird es soweit sein. Dann werden alle 53 Castoren im Zwischenlager stehen. Alles im Zeitplan ist die Nachricht bei dieser Pressekonferenz, die wenig neues bringen wird. Was auch daran liegt, dass das KKG seitdem es vom Netz ist in Sachen Öffentlichkeitsarbeit aktiver ist als zu Betriebszeiten. Nicht nur den Medien gegenüber.
Was der Betreiber zahlt und wofür der Bund zuständig ist
1,3 Milliarden Euro soll der Rückbau kosten, vom Kernkraftwerk nach 2035 nichts mehr übrig geblieben sein. Das Thema Atomkraft wird dennoch eines für die Region bleiben. Denn in Grafenrheinfeld stehen bis unbestimmte Zeit zwei Gebäude mit radioaktivem Müll: das Zwischenlager Bella und die Bereitschaftshalle Beha. So lange, bis ein Endlager gefunden ist. Die Kosten für den Rückbau finanzieren die Betreiber der Atomkraftwerke, die für Zwischen und Endlagerung der Staat.
Hier wird's interessant: "Kontaminiert", was heißt das genau? Ist das Material, welches mit radioaktiven Stoffen, z.B. Staub verschmutzt ist, aber selbst nicht stahlt?
Also bedeutet das dann: man reinigt das Material -wie auch immer- von den strahlenden Nukliden und verwertet Sie dann wieder? Alles was strahlt, landet im Zwischenlager. Das ist soweit klar. Aber die Wiederverwertung und normale Entsorgung wäre interessant.
Überspitzt gesagt: Macht man aus einstmals kontaminierten und dekontaminierten (gereinigten) Strahlenschutzanzügen wieder Recyclingkunststoff, aus dem man dann wieder Plastik-Trinkflaschen oder sonstwas herstellt? Oder landen die dann einfach im Restmüll als "normal entsorgt"? Wie muss man sich das vorstellen?
Das wäre doch mal eine interessante Information!