
Zu fünfeinhalb Jahren Haft war der angeklagte Lagerist (27) im Dezember 2018 vom Landgericht Schweinfurt verurteilt worden. Laut Urteil war er damals an vier Rauschgiftgeschäften mit viereinhalb Kilogramm Amphetamin und eineinhalb Kilogramm Marihuana beteiligt. Weil er selbst illegalen Drogen zugeneigt war – allerdings eher Kokain – wurde er zugleich zur Therapie in der forensischen Psychiatrie untergebracht.
Noch in der Bewährungszeit soll er im Frühjahr 2020 per Handynachricht über einen Bekannten drei Geschäfte mit je 20 Gramm Crystal-Meth zu jeweils 1000 Euro eingefädelt haben. Die Deals sollen auf Parkplätzen im Landkreis Schweinfurt über die Bühne gegangen sein. Am zweiten Verhandlungstag vor dem Schweinfurter Gericht wurde dazu ein 34-jähriger Koch als Zeuge aus dem Gefängnis vorgeführt. Dieser hatte zunächst behauptet, vom Angeklagten den Auftrag zu den Deals bekommen zu haben. Später will er ihn mit dieser Falschaussage aber nur reingeritten haben, weil eine Freundin von ihm wegen dessen Aussage "Stress mit der Polizei" hatte.
"Sie erzählen Bockmist", sagt der Vorsitzende.
Punkt eins der Anklage könne man vergessen, angesichts der völlig widersprüchlichen Aussagen des Kochs. Der Staatsanwalt widerspricht nicht. Bleibt Punkt zwei: An seine Wohnadresse soll sich der Angeklagte im Januar 2021 an zwei Terminen je 500 Gramm Marihuana haben liefern lassen. So bezeugte es eine 26-jährige Sachbearbeiterin, damalige Freundin eines Großdealers, die ihn und die abgewogenen "Gras"-Päckchen in geplanten Touren zu seinen Abnehmern gefahren habe.
Von mindestens einem Pfund der Cannabis-Droge geht die Anklage aus, weil ihr damaliger Freund darunter grundsätzlich nichts gemacht habe. Wie viel genau dem Angeklagten tatsächlich geliefert wurde, kann aber auch sie nicht sagen, weil sie bei der Übergabe in dessen Wohnung nicht dabei war und die verschweißten "Gras"-Päckchen nicht gesehen habe. Darauf reitet die Verteidigung ausführlich herum mit der Mutmaßung, es habe sich ja auch um nur 50 Gramm handeln können. Der Angeklagte sagt dazu bisher gar nichts. Er hatte durch seinen Anwalt zum Prozessauftakt ohnehin alle Vorwürfe bestreiten lassen.
Die psychiatrische Sachverständige attestiert dem 27-Jährigen zwar eine Kokainabhängigkeit, zu den in der Anklage genannten möglichen Tatzeiten aber volle strafrechtliche Verantwortlichkeit, schlicht weil er seinerzeit bezüglich Drogen "stabile Abstinenz" aufweisen kann. Voraussetzungen zur erneuten Unterbringung lägen nicht vor. Zumal er nach zwei Jahren Unterbringung ja der Meinung sei, ab und zu Kokainkonsum habe er im Griff. "Falls er motiviert ist, sollte er mal Krisenintervention machen", so die Sachverständige.
Haftbefehl außer Vollzug
Bleibt für ein Urteil wahrscheinlich eine überschaubare Menge der weichen Droge Marihuana, jedoch unter Einbeziehung eines Urteils von sechs Monaten auf Bewährung. Das hatte der Angeklagte kassiert, nachdem er seine damalige Frau, als sie ihn in der Unterbringung besuchte, im Streit ins Gesicht geschlagen, beleidigt und bedroht hatte. Der Verteidigung schwebt in der Summe eine Haftstrafe von etwa acht Monaten vor – die er praktischerweise in U-Haft bereits abgesessen hat.
Dem Antrag der Verteidigung, den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen, hat die Kammer zugestimmt. Sie sah angesichts der noch zu erwartenden Strafe keine Fluchtgefahr. Der Oberstaatsanwalt war nicht dafür. Am 4. März wird die Verhandlung fortgesetzt, dann ist auch mit dem Urteil zu rechnen.