
Das Urteil des Schwurgerichts Schweinfurt hat sich bereits am zweiten Verhandlungstag abgezeichnet, nachdem der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten vorgetragen hatte. Demnach konnte er zumindest nicht ausschließen, dass die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten, die am 19. April letzten Jahres ihre Mutter mit 14 Messerstichen getötet hatte, zur Tatzeit völlig aufgehoben und sie damit schuldunfähig war.
Freispruch und Unterbringung
An diesem Montag fällte die Große Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt ihr Urteil: Freispruch vom Vorwurf des Totschlags beziehungsweise der Körperverletzung mit die Todesfolge – und Unterbringung der Frau in einem psychiatrischen Krankenhaus. Seit der Tat befindet sie sich dort. Damit urteilte die Kammer exakt so, wie Staatsanwalt und Verteidiger wenige Stunden davor plädiert hatten. Auch sie sahen aufgrund der gutachterlich attestierten Schuldunfähigkeit nur einen Freispruch als folgerichtig an. Eine weitere Unterbringung der Täterin zum Schutz der Allgemeinheit vor möglichen ähnlichen Taten sei zunächst aber unbedingt nötig.
Ein Familiendrama
Am 19. April letzten Jahres gegen 21.45 Uhr ereignete sich das Familiendrama in einem 250-Seelen-Dorf im Landkreis Schweinfurt. Wie öfters schon war es zu einem Streit zwischen der psychisch belasteten 44-Jährigen und ihrer Mutter gekommen. Dieses Mal aber "hat die Auseinandersetzung darin gegipfelt, dass die Angeklagte 14-mal auf ihre Mutter eingestochen hat", so die Kammervorsitzende in ihrer Urteilsbegründung. Einer der Stiche habe die Halsvene durchtrennt, was zum Verbluten der 72-Jährigen in der Hofeinfahrt des Nachbargrundstücks führte. Das Tatopfer konnte zuvor noch aus dem Haus flüchten.
Die Angeklagte leidet gemäß Gutachten unter einer Intelligenzminderung aufgrund frühkindlicher Gehirnschädigung, einer Verhaltensstörung und seit längerem auch unter depressiven Episoden. Gleichwohl schaffte sie Schul- und Berufsabschluss, den Führerschein und arbeitete – bis 2014. Seither erhält sie eine Rente und wohnte wieder bei ihren betagten Eltern. Das habe zunächst funktioniert, so die Vorsitzende Richterin, doch Ende 2020 hätten sich die Schwierigkeiten gehäuft. Es sei zu einem Suizidversuch und einer "Wesensänderung" der Angeklagten unter dem Medikamenteneinfluss gekommen, wie es ihr Bruder geschildert hatte.
Situation verschärfte sich
Die Eltern der Angeklagten hätten die Haushaltsmesser vor ihrer Tochter weggesperrt, nach denen sie fortwährend fragte, und auch ihren Autoschlüssel. Die Situation zwischen Eltern und Tochter habe sich immer weiter verschärft, so die Kammervorsitzende. "Es kam auch zu Misshandlungen der Angeklagten" – und schließlich zu der Bluttat an jenem Aprilabend.
Unmittelbare Zeugen gab es zwar nicht. "Ihre Täterschaft steht aber außer Frage, alle Spuren und Zeugen deuten auf sie hin", so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Daran hatte auch der Verteidiger keinen Zweifel. Die bereits bestellte Betreuerin habe nun die Aufgabe, eine Einrichtung zu finden, in der seine Mandantin unter Aufsicht und behütet, aber nicht gegängelt leben könne, ohne zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht zu sein. Gegen das Urteil ist Revision möglich.