
Die nächste Hochzeit unter den Genossenschaftsbanken in Unterfranken bahnt sich an: Die Volksbank-Raiffeisenbank Gerolzhofen eG und die Raiffeisenbank Estenfeld-Bergtheim eG möchten im kommenden Jahr fusionieren. Dies ist zumindest der Wunsch beider Vorstandsgremien und Aufsichtsräte. Entscheiden müssen dies aber erst noch die Vertreterversammlungen beider Bankhäuser, vermutlich im Zeitraum Mai, Juni 2022.
Die VR-Bank Gerolzhofen hat am Donnerstag während ihrer Vertreterversammlung über die Fusionsabsichten informiert. Die Raiba Estenfeld-Bergtheim hat am selben Tag entsprechende Post an ihre Mitglieder verschickt, elektronisch und in Papierform. Während eines Pressegesprächs in Gerolzhofen erläuterten die vier Vorstände beider Banken, Klaus Henneberger und Hubert Zinkl (beide Gerolzhofen), sowie Thomas Endres und Franz-Josef Hartlieb (beide Estenfeld), sowie Jutta Ackermann, Prokuristin der VR-Bank Gerolzhofen und designierte Vorständin, am Freitagvormittag ihre Beweggründe und Ziele.
Gemeinsam wären sie wirtschaftlich stärker
Zusammengefasst geht es beiden Seiten vor allem darum, im regionalen Finanzsektor an Eigengewicht zu gewinnen. Gemeinsam hätten sie bessere wirtschaftliche Überlebenschancen, als wenn jede Bank eigenständig fortbesteht. Ein Vorteil liegt auf der Hand: Beide begegnen sich auf Augenhöhe, sind beinahe gleich groß – keiner müsste also in eine ungeliebte Juniorrolle schlüpfen, was zwangsläufig der Fall gewesen wäre, wenn Estenfeld-Bergtheim beispielsweise mit der viel größeren VR-Bank Würzburg anbandeln würde, oder Gerolzhofen mit der VR-Bank Schweinfurt, die jetzt im November mit der Raiba Rhön-Grabfeld zur VR-Bank Main-Rhön fusioniert.

Die VR-Bank Gerolzhofen weist für das zurückliegende Geschäftsjahr eine Bilanzsumme von 454 Millionen Euro aus, die Raiba Estenfeld-Bergtheim 417 Millionen Euro. An Einlagen hat Gerolzhofen 305 Millionen Euro, Estenfeld-Bergtheim 313 Millionen Euro. Das Kreditvolumen von Gerolzhofen liegt bei 335 Millionen Euro, das von Estenfeld-Bergtheim bei 240 Millionen Euro, das Kundenvolumen bei gut einer Milliarde bzw. bei 894 Millionen Euro.
Gerolzhofen hat 14 600 Kunden und 5850 Mitglieder, Estenfeld-Bergtheim 15 700 Kunden und 8650 Mitglieder. Die Mitarbeiterzahl liegt bei beiden bei jeweils 60. Filialen hat Gerolzhofen drei (Gerolzhofen, Unterspiesheim, Dingolshausen). Estenfeld-Bergtheim hat an beiden Orten je eine Filiale.
Banken versprechen: Keine Nachteile für Kunden
Langfristig eigenständig zu bleiben, „wird dauerhaft schwierig“, ist Hartlieb überzeugt und sein Vorstandskollege Endres sieht jetzt, da die Raiba wirtschaftlich gesund dastehe, "noch die Chance zu gestalten". Dies sahen laut Henneberger auch die Teilnehmer der jüngsten Vertreterversammlung in Gerolzhofen so; die Diskussion sei ruhig verlaufen, trotz berechtigter Fragen. Aus Sicht der Kunden sei es gut, dass die im Raum stehende Fusion für diese keinerlei Nachteile, sondern mehrere Vorteile mit sich bringe, meint Prokuristin Ackermann.
Wie das Geschäftsmodell einer fusionierten Genossenschaftsbank im Detail aussehen kann, muss in den kommenden Monaten erst noch ausgearbeitet werden, bevor die Vertreter das letzte Wort über die Fusion haben, deren technischer Vollzug dann im November 2022 möglich wäre. Der Name der geplanten neuen Bank ist noch offen. Würde das von den aktuellen Vorständen favorisierte "Regionalmodell" umgesetzt, würde diese als eingetragene Genossenschaft (eG) firmieren. Die VR-Bank Gerolzhofen und die Raiba Estenfeld-Bergtheim könnten dann als deren Zweigniederlassungen sogar ihre jetzigen Namen (nur ohne den Zusatz eG) behalten.
Zahl der Vorstände würde sich verringern
Eine Entlassung von Mitarbeitern im Zuge einer Fusion schließen beide Banken aus. Eine Fusion wirke sogar dem zu erwartenden Mitarbeitermangel im Zuge der demografischen Entwicklung entgegen, heißt es seitens der Vorstände. Auf der anderen Seite würde sich die Zahl interner Posten, etwa im Rechnungswesen, die aktuell bei beiden Banken besetzt sind, mit einer Fusion verringern. Die dadurch frei werdenden Mitarbeiter könnten andere Aufgaben übernehmen. Statt vier soll es an den Verwaltungssitzen Gerolzhofen und Estenfeld künftig insgesamt drei Vorstände geben: Hartlieb, Endres und Ackermann. Zinkl und Henneberger gehen ohnehin beide im kommenden Jahr wie geplant in den Ruhestand.
Vorteile in einer Fusion sehen die Vorstände auf mehreren Ebenen, die allen Geldhäusern seit Jahren zu schaffen machen. Sie nennen Gespräch mit dieser Redaktion etwa das Negativzinsumfeld, die zunehmende Regulatorik und die fortschreitende Digitalisierung des Bankgeschäfts – je größer eine Bank ist, desto besser könne man sich in diesen Bereichen aufstellen. Und noch einen Bereich nennen die vier: die Kreditvergabe. Hier schaffe die quasi Verdopplung des Eigenkapitals die Voraussetzung, die Nachfragen auch von Mittelständlern zu bedienen, deren Geldbedarf mit der allgemeinen Kostensteigerung zunehme.
Ich möchte "Steigerwaelder" hören, wenn wir statt 4% Dividende zu bekommen , 4% Sonderzahlung an die Bank leisten müssten, um den Betrieb einer kleinen Bank, aufrecht zu erhalten. Die Zeit bleibt nicht stehen und es muss sich alles finanzieren lassen. Die Kosten steigen unaufhörlich und die Erträge nehmen ab; kann doch jeder am eigenen Geldbeutel sehen!
Das, was der Gründer Raiffeisen mal wollte, davon sind diese Mega-Banken doch meilenweit weg inzwischen!