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Schwanfeld
Psychosoziale Notfallversorgung des BRK Schweinfurt: Da sein, wenn es keine einfachen Antworten gibt
Richard Köth war Gründungsmitglied des BRK in Schwanfeld. Nun leistet er "Erste Hilfe für die Seele". Wie seine Arbeit aussieht.
Neues Ehrenamt in der 'PSNV-B': Richard Köth (links) mit dem Schwanfelder BRK-Bereitschaftsleiter Thomas Kossner am Einsatzfahrzeug.
Foto: Uwe Eichler | Neues Ehrenamt in der "PSNV-B": Richard Köth (links) mit dem Schwanfelder BRK-Bereitschaftsleiter Thomas Kossner am Einsatzfahrzeug.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 08.03.2024 02:49 Uhr

In der Mongolei kann es Stunden dauern, bis ein Krankenwagen oder Arzt den Weg durch die Steppe findet. Das hat Richard Köth, Schwanfelder Bürgermeister a.D., 2018 beim Freundschaftsbesuch einer mongolischen Gemeinde erfahren. In Bayern sollte die Hilfsfrist höchstens zehn Minuten dauern. Entsprechend rücken in der Kembachgemeinde die Einsatzwägen eher aus Werneck, Volkach und Arnstein statt aus Schweinfurt an – oder umgekehrt.

Die Schwanfelder Bereitschaft des Bayerischen Roten Kreuzes ist mittlerweile selbst motorisiert. 2019 wurden zudem die "Helfer vor Ort" gegründet, auf Initiative von Bereitschaftsleiter Thomas Kossner und Richard Köth, in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr. Die 26 Aktiven, die noch vor den Rettungsdiensten Ersthilfe leisten, hatten im letzten Jahr 164 Einsätze. Ein neues, überwiegend spendenfinanziertes Fahrzeug steht am Start: "Es geht um die Sicherheit der Landbevölkerung", sind sich beide Rotkreuzler einig.

Örtliche BRK-Vertretung seit 1973 mit aufgebaut

Mehr als 50 Jahre lang ist Köth Mitglied bei der örtlichen BRK-Vertretung, die er seit 1973 mit aufgebaut hat, plus Arbeit auf Kreisebene. Gruppenleiter beim Jugendrotkreuz war er von 1974 bis etwa 1994. Es gab Gruppenstunden, Kreisentscheide und gemeinsame Freizeitaktivitäten, etwa Besuche des Nürnberger Flughafens. Ehefrau Anita hat er ebenfalls über die Rotkreuzarbeit kennengelernt. Dazu kamen viele Jahre Mithilfe bei der Organisation der Blutspendetermine. 2008 wurde in Schwanfeld die Bereitschaft eingerichtet, die heute 50 bis 60 Mitglieder hat.

Ab 2021, nach dem Ende der Bürgermeisterzeit, hat Richard Köth, der auch im Kirchenleben aktiv ist, sich einem besonderen BRK-Ehrenamt zugewandt: PSNV, "Psychosoziale Notfallversorgung". Dazu brauchte es einen aufgefrischten Sanitätskurs, mehrere Grundlehrgänge, inklusive Digitalfunk, sowie einen Fachlehrgang. "Gemeint ist Erste Hilfe für die Seele", sagt der 68-Jährige.

Sie bleiben, wenn es gewünscht wird

Betreut werden Angehörige, die Todesnachrichten erhalten oder Menschen, die anderweitig dramatische medizinische Notlagen erlebt haben. Sie sollen in den ersten Stunden danach nicht in ein tiefes, schwarzes Loch fallen, auch wenn die Ehrenamtlichen keine ausgebildeten Psychologen und Therapeuten sind. Sie bleiben, wenn es gewünscht wird, sobald Sanitäter oder Polizisten gehen. Die rund 30 Helfer und Helferinnen der Arbeitsgemeinschaft "Psychosoziale Notfallversorgung" kommen in Stadt und Landkreis zum Einsatz, in Kooperation mit Rettungsdiensten oder der Notfallseelsorge der Kirchen. Ein eigenes Gebiet neben der PSNV-B ist die PSNV-E: Nachsorge nicht für Betroffene, sondern Einsatzkräfte.

"Ich habe im Leben viel Positives erfahren", sagt der verheiratete Vater von vier Kindern, der ein Teil des Positiven zurückgeben will. Die Ersthelfer kommen meist zu zweit, nach der Alarmierung über die Leitstelle: "Ich nehme die Situation wahr. Ich nehme mich wahr. Ich nehme die Bedürfnisse meines Gegenübers wahr", lautet der "Dreisatz" vor Ort. Es geht um hochsensible Themen, um Vertrauen in Ausnahmesituationen.

Hilfe etwa für Lokführer bei "Personenschaden"

Verständlicherweise will Köth nicht ins Detail gehen, bei insgesamt etwa 30 Einsätzen. Im Kurs wurde rollenspielerisch der Umgang mit Lokführern geübt, die mit dem berüchtigten "Personenschaden" auf dem Gleis konfrontiert worden sind. So sei eine Lok formal Hoheitsgebiet der Bahn und könne nicht ohne Freigabe betreten werden, sagt Köth. Jeder Einsatz sei Gratwanderung zwischen Abstand und Miteinander.

Es gebe oft keine Antworten, nach plötzlichem Kindstod, nach gescheiterter Reanimation, im Umgang mit Suiziden, die schon das Leben zufälliger Augenzeugen erschüttern. "Man muss auch mal schweigen können", sagt Köth, der sich als gläubiger Mensch sieht. Wichtig sei, sich am Ende selbst wieder zu lösen. Was bleibt, ist der persönliche Rückblick: "Ich bin schon heimgegangen und habe das Klavierspielen angefangen, zur eigenen Verarbeitung."

 
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