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Werneck
Psychiatrie Schloss Werneck: Wie geht es dem Krankenhaus?
65 Stellen für Ärzte, 18 für Psychologen und 300 für die Pflege im Bezirkskrankenhaus. Die Verweildauer sinkt. Jährlich 4000 Patienten. Der Chef ist ein "Top-Mediziner".
Das Hauptgebäude der Psychiatrie in Wernek.
Foto: Gerd Landgraf | Das Hauptgebäude der Psychiatrie in Wernek.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:04 Uhr

Hervorragend abgeschnitten hat beim größten und bekanntesten Klinikvergleich in Deutschland (durch das Nachrichtenmagazin "Focus") einmal mehr die Psychiatrie in Werneck. Die Einrichtung des Bezirks kann seit dem Jahr 2012 auf  16 Auszeichnungen von Focus Online verweisen. Heuer wurde zudem Professor Dr. Hans-Peter Volz, Ärztlicher Direktor und Mitglied der Klinikleitung, zum nunmehr dritten Mal zum "Top-Mediziner" gekürt. Bei unserem Besuch in dem "Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck" fragte die Redaktion Hans-Peter Volz: "Wie geht es dem Krankenhaus?"

Die Zentrale und die Außenstellen

Der "komplexen Sache" näherte sich Volz mit der Vorstellung der Einrichtung. 290 Betten für die stationäre Versorgung und eine Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) hat die Psychiatrie. In der Forensik gibt es 85 Plätze für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter. Eine Tagesklinik wird in Schweinfurt in der Dittelbrunner Straße unterhalten. Eine zweite Pflege Institut-Ambulanz ist in Schweinfurt im "Iduna-Hochhaus" (Jägersbrunnen 6) eingerichtet. Mit der Klinik für Psychosomatik  am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt (20 Betten) besteht ein Gemeinschaftsprojekt, das die Behandlungsangebote beider Häuser erweitert. In der Patientenversorgung ist dort ganz überwiegend Personal der Wernecker Klinik im Einsatz.    

Die zentrale Verwaltung des Bezirkskrankenhauses ist in dem Barockgebäude am Zugang vom großen Parkplatz untergebracht.
Foto: Gerd Landgraf | Die zentrale Verwaltung des Bezirkskrankenhauses ist in dem Barockgebäude am Zugang vom großen Parkplatz untergebracht.

Ausgewiesen sind für das Bezirkskrankenhaus 65 Stellen (jeweils Vollzeit) für Ärzte, 18 für Psychologen, 20 für Sozialpädagogen und 300 Vollzeitarbeitsplätze in der Krankenpflege. Behandelt werden nahezu alle psychiatrischen Krankheitsbilder. Die jährliche Anzahl der Fälle hat sich bei 4000 eingependelt, womit die Psychiatrie in Werneck der wichtigste Versorger (außer bei den psychosomatischen Erkrankungen) in der Region Main-Rhön ist. Wie überall in den Krankenhäusern schrumpft die Verweildauer der Patienten, die aktuell bei 23 Tagen liegt (vor zehn Jahren noch bei 40 Tagen). Gedrückt wird der Durchschnitt auch durch Patienten, die nach wenigen Tagen eine Behandlung abbrechen, und durch die "Entgiftung" bei Alkohol-, Drogen- und Medikamentenabhängigkeit, die nach zehn bis 14 Tagen abgeschlossen ist.  

Mit der Einsamkeit kommen die Ängste

In der Entgiftung sind die Plätze vor allem von alkoholabhängigen Patienten belegt. Als Veränderung in den letzten Jahren nennt Volz einen Rückgang beim Missbrauch von Opiaten, der jedoch durch die Einnahme von synthetischen Drogen aufgewogen werde. Bei den Gründen für eine Aufnahme in die Klinik liegen die Depressionen (40 Prozent) weit vorne, auch weit vor der Schizophrenie (Fehlwahrnehmungen und Fehlinterpretationen der Umwelt, jeder fünfte Patient). Zumindest einen Teil dieser Veränderungen führt Volz auf die Weiterentwicklung in der Diagnostik zurück.      

Am stärksten belegt sind die drei Abteilungen der Gerontopsychiatrie (Behandlung psychischer Erkrankungen, die typischerweise in der späten Lebensphase auftreten, darunter Demenzen). Auf dem Vormarsch sieht Volz hier die Angsterkrankungen, vielfach hervorgerufen durch Vereinsamung. Kein Überthema ist für den Ärztlichen Direktor das Burnout-Syndrom. Dahinter würden sich in vielen Fällen längst bekannte Erkrankungen verbergen.   

Professor Dr. Hans-Peter Volz.
Foto: Marcus Mueller Saran | Professor Dr. Hans-Peter Volz.

Die Räumlichkeiten stuft Volz als "nicht schlecht" ein, die direkte Nachbarschaft der drei Hauptgebäude am Eingang zum Schlossgarten (vom großen Parkplatz aus) als "kompakt und gut". Teilweise fehlen Ein- und Zwei-Bett-Zimmer, doch "man kann gut arbeiten", so Volz. Ausreichend Personal hat und findet die Klinik, wobei die Suche nach Ärzten am schwierigsten sei. Da man jedoch vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten mit großzügiger finanzieller Unterstützung anbiete, sei das Interesse an der Einrichtung des Bezirks vergleichsweise erfreulich. 

Zusammenarbeit mit der Orthopädie und dem Leopoldina-Krankenhaus

Als weiteren und auch als gewichtigen Pluspunkt des Hauses sieht Volz die disziplinübergreifende Behandlung an – was nicht nur in der Psychiatrie selbst, sondern auch für die Zusammenarbeit mit dem Leopoldina-Krankenhaus sowie dem Orthopädischen Krankenhaus Schloss Werneck gelte. Die Nähe zur Orthopädie, ebenfalls eine Einrichtung des Bezirks, erlaube zudem die Anschaffung und Nutzung medizinischer Großgeräte sowie den Betrieb eines großen klinisch-chemischen Labors.

Während die Zusammenführung von psychiatrischer Behandlung und Psychotherapie für Volz gelebter Alltag und eine Basis für einen erfolgreichen Aufenthalt ist, sei die Ruhe und Weitläufigkeit des "wunderbaren und tollen Schlossparks" keine Selbstverständlichkeit für eine psychiatrische Einrichtung.  

Ruhe, um sich selbst zu finden, bietet der Schlossgarten.
Foto: Gerd Landgraf | Ruhe, um sich selbst zu finden, bietet der Schlossgarten.

Bei den Bewertungen im Internet fällt auf, dass ehemalige Patienten, deren Angehörige oder Bekannte sich zumeist für Bestnoten oder für das schiere Gegenteil entscheiden. Bewertungen zwischen sehr zufrieden und mit allem unzufrieden sind schon fast die Ausnahme. So ist auf der einen Seite von Chaos, Ignoranz, Überforderung, Aufbewahrungsort und Personalmangel die Rede, während die andere Seite die familiäre Beratung, das Personal, die Therapiemöglichkeiten, den Umgang auf Augenhöhe und die Atmosphäre lobt. 

Auf die Angebote einlassen

"Man muss sich auf die Angebote einlassen", schreibt ein Patient, dessen Befürchtung ("wo komme ich da bloß hin") nicht eintraf und der sich für die "wertvolle und wichtige" Hilfe bedankt. Das mit dem "sich einlassen" ist auch für Professor Dr. Hans-Peter Volz ganz wichtig und insbesondere bei Einweisungen (durch Behörden, Familien, auch zum Selbstschutz oder zum Schutz für andere) "nicht immer gegeben".

 
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  • K. S.
    tja , da leckt sich jede Pflegekraft die Finger danach, da zu arbeiten, wo man angeklagt wird, weil der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen freiheitsentziehender Maßnahmen mißachtet, wo lt Berichterstattung der Zeitungen, Menschen mit Knarre durch die Flure ziehen. Klasse, das ist Focus Niveau
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  • M. S.
    habe vor knapp zwei Jahren mal einen jungen Erwachsenen der aufgrund persönlicher, nicht suchtbedingter Probleme kurzeitig Patient gewesen ist (ca. drei Wochen) besucht der im entsprechenden Wohnbereich untergebracht gewesen ist (hab mir die Abteilung nicht gemerkt).

    Was mir persönlich als Besucher aufgefallen ist war das ziemlich "abschreckende" und altmodische Ambiente im Wohn- u. Klinikbereich d.h. Krankenzimmer, Bäder, "Aufenthaltsraum" etc. (was mir auch von zwei Personen die das ebenfalls so empfanden bestätigt wurde). Zudem war an vielen Stellen v.a. Privatzimmer ein "schlechter Geruch" zu verzeichnen.

    Bin zwar absolut kein Fachmann - aber ich "denke" das eine "schönes" Umfeld gerade für psychisch Belastete auch eine wichtige Rolle spielen kann - wobei jeder was anderes als "schön" empfindet.
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