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Schwanfeld/München
Prozess um verhinderten Staatsstreich beginnt: Verschwörer um Prinz Reuß trafen sich mehrmals bei Würzburg
Es ist ein Mammutverfahren mit 27 Angeklagten an drei Gerichten - und als Schlüsselfigur gilt ein ehemaliger Soldat aus Schwanfeld. Worum es laut Anklage ab Montag geht.
Der geplante Staatsstreich beschäftigt nun gleich drei Gerichte: der Prozess gegen die mutmaßlichen Verschwörer um Heinrich XIII Prinz Reuß, hier bei seiner Festnahme am 7. Dezember 2022.
Foto: Boris Roessler, dpa | Der geplante Staatsstreich beschäftigt nun gleich drei Gerichte: der Prozess gegen die mutmaßlichen Verschwörer um Heinrich XIII Prinz Reuß, hier bei seiner Festnahme am 7. Dezember 2022.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 01.05.2024 02:47 Uhr

Die Akte der Ermittler  über Harald P. und seine Freunde ist so gewaltig wie das Telefonbuch einer Großstadt. Er kann auf den 554 Seiten über sich lesen: "Der Angeschuldigte hielt für den geplanten Angriff auf den Deutschen Bundestag eine Einsatztasche bereit. Darin befanden sich neben einer schwarzen Uniform unter anderem zwei Sturmhauben, ein Gefechtshelm, eine schusssichere Weste, ein Pistolenholster, zwei Messer und zehn Kunststoffhandschellen."

Seit eineinhalb Jahren sitzt der ehemalige Elitesoldat aus Schwanfeld (Lkr. Schweinfurt) in Untersuchungshaft im Würzburger Gefängnis: Er soll eine Schlüsselfigur bei Planungen für einen Staatsstreich gewesen sein. Jetzt sollen Harald P. und weitere 26 Angeklagte vor Gericht erklären, warum sie die Erstürmung des Bundestages planten. Mutmaßlich, um - mit dem bis dato weitgehend unbekannten Heinrich XIII. Prinz Reuß an der Spitze - die Monarchie wieder einzuführen.

Der 60-jährige frühere Soldat soll den Eid der Verschwörer auf den Prinzen formuliert haben: "Euer Durchlaucht, ich möchte Euch und Ihrer Familie hiermit meine bedingungslose Loyalität ausdrücken. Euer Leben steht über unserem."

Drei Beteiligte aus Unterfranken bei bundesweitem Mammutprozess

Die Vorwürfe sind so gewaltig, dass an drei Gerichten gleichzeitig verhandelt wird: in Stuttgart ab 29. April, in München (ab 18. Juni) und Frankfurt (23. Mai). Der 60-Jährige aus Schwanfeld soll neben seinem Würzburger Verteidiger Peter Möckesch auf der Anklagebank in München Platz nehmen - in einem Mammutprozess bis weit ins nächste Jahr.

Unter den Angeklagten in Stuttgart ist auch der Ex-Soldat Peter W., der in der Rhön Überlebenskurse anbot, in Ostheim, nahe der Ausbildungsstätte der Bundeswehr für Offiziere in Hammelburg, eine Postadresse hatte und Kontakte zu aktiven Bundeswehrgenerälen pflegte. Und es gibt einen dritten Beschuldigten aus Unterfranken: der ehemalige Politikstudent Tomas M., der zeitweise für eine Sicherheitsfirma in Würzburg militärische Anlagen bewachte.

Elitesoldat war laut Ermittlungen von Beginn an dabei

Mit einer Großrazzia vereitelten Sicherheitskräfte am 7. Dezember 2022 den Staatsstreich der mutmaßlichen rechtsextremen Verschwörer aus dem Reichsbürger-Milieu. Der Mann aus Schwanfeld war laut Anklage einer von fünf aktiven und ehemaligen Elitesoldaten, die von Beginn an mitmischten – schon beim Gründungstreffen der Gruppe im Juli 2021.

"Alle Teilnehmer der Runde verband eine tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland", heißt es beim Generalbundesanwalt über die Verschwörer. Und: "Bei dem Treffen kamen sie überein, sich zusammenzuschließen, um gemeinsam die staatliche Ordnung in Deutschland mit Waffengewalt zu beseitigen."

Für Erstürmung des Reichstagsgebäudes Waffen und Material besorgt

Der Bundesgerichtshof schrieb bei der Verhaftung, die Pläne der mutmaßlichen Verschwörer hätten die bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes "durch eine Gruppe von bis zu 16 Personen" vorgesehen, "vornehmlich aus den Reihen aktiver oder ehemaliger Angehöriger des KSK oder anderer Spezialeinheiten". Dafür habe Ex-Soldat W. Waffen und Fesselungsmaterial besorgt. "Ferner erstellte er eine Liste mit Namen zahlreicher Mitglieder der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung sowie von weiteren Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens". 

Im Bundestag sollten demnach Abgeordnete und Regierungsmitglieder in Handschellen gelegt und für ihr Handeln in der Pandemie "abgeurteilt" werden. Die geplante Aktion sollte zu Unruhen im ganzen Land führen und zum Putsch gegen die parlamentarische Demokratie.

Im Bundestag in Berlin spioniert, in Unterfranken konspirativ getroffen

Der frühere Elitekämpfer Harald P. soll laut Staatsanwaltschaft mit Unterstützung der AfD-Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann das Terrain für die Erstürmung im Bundestag ausgekundschaftet haben. Dabei soll er zahlreiche Handyfotos gemacht haben, die man "später für die konkrete Planung des Kommandounternehmens verwenden" wollte.

Den Prinzen soll Harald P. am 7. November 2022 auf der Raststätte Spessart-Süd im Landkreis Aschaffenburg getroffen haben. Unterfranken war offenbar mehrfach Schauplatz diskreter Treffen der Planer der Reuß-Verschwörung: am 30. Oktober 2022 auf dem Parkplatz einer Bäckerei in Kist (Lkr. Würzburg), im größeren Kreis dann am 17. November 2022 in einem Hotel in Höchberg.

Doch da wurden die Beschuldigten schon von Ermittlern observiert, das heimliche Treffen wurde belauscht. 

Mammutprozess: Verhandlungen vermutlich bis weit ins nächste Jahr

Nun beginnen die drei Prozesse, die sich bis tief ins Jahr 2025 ziehen dürften. Insgesamt laufen Ermittlungen gegen 69 Beschuldigte. Der Eid von Harald P. an den Prinzen endet mit dem Satz: "Ich stehe an Eurer Seite." Daran wird ihn jetzt wohl das Oberlandesgericht München messen.

 
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