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STAMMHEIM
Platzverweis für Nazi-Gegner knapp abgewendet
Verkehrte Welt: Statt der neuen Nazi-Landeszentrale in der Ortsmitte scheinen einige in Stammheim die Gegendemonstranten für das größere Problem zu halten.
Aufgebrachte Diskussion: „Die Krawallmacher sind hinter der Grundstücksmauer.“ Demonstranten der bunten Bündnisse protestieren gegenüber Polizeieinsatzleiter Markus Hack heftig gegen den Platzverweis, den er auf Veranstalterwunsch gegen die Nazigegner ausgesprochen hat.
Foto: Josef Lamber | Aufgebrachte Diskussion: „Die Krawallmacher sind hinter der Grundstücksmauer.“ Demonstranten der bunten Bündnisse protestieren gegenüber Polizeieinsatzleiter Markus Hack heftig gegen den Platzverweis, den ...
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:31 Uhr

Mit einem zweistündigen Gottesdienst hat die Gemeinde Stammheim am Pfingstsonntag auf die Niederlassung der Neonazi-Partei „Die Rechte“ in ihrer Ortsmitte reagiert (wir berichteten). Solidarische Unterstützer von auswärts stieß der Stammheimer Organisationsleiter Heinrich Krapf vor den Kopf, indem er von ihnen vor Beginn der Messfeier verlangte, ihre Transparente einzurollen. Diese seien politisch, und das sei unerwünscht.

Die Unterstützer aus Schweinfurt, Sennfeld, Würzburg und Volkach waren fassungslos. Weggeräumt haben sie ihre Parolen trotzdem nicht. Die lauteten „Schweinfurt ist bunt“, „Sennfeld ist bunt“, „Volkach ist bunt“, „Schöner leben ohne Nazis“, „Nazis hier nicht, nirgends“, „Kein Mensch ist illegal“, „Kein Fußbreit den Faschisten“. So wurde die ökumenische Andacht um 16 Uhr eröffnet, obwohl die auswärtigen Demonstranten, deren Solidarität im Vorfeld so einhellig begrüßt worden war, ihre politischen Meinungsäußerungen gegen die Neonazis in der Dorfmitte weiter hochhielten.

Doch kaum war mit dem Gottesdienst begonnen worden, dröhnten aus dem Hof im rückwärtigen Teil der neuen Neonazi-Landeszentrale grölend-laute Musik und Ansagen eines Sprechers, die den ganzen Dorfplatz übertönten – und damit auch die Andacht beeinträchtigten. Darauf reagierten nun etwa 60 Gegendemonstranten, darunter rund 30 von der „Antifa“. Sie liefen hoch in Richtung Hofmauer, hinter der „Die Rechte“ just zu dieser Zeit ihren Parteitag eröffnete. „Nazis raus“, riefen sie zurück und versuchten, die für die rechte Szene typische Musik und Parolen zu übertönen.

Platzverweise wurden ausgesprochen

Es dauerte mehrere Minuten, bis die Rechtsextremen ihre Krachmusik auf Anweisung der Polizei etwas leiser drehten – nur um wenig später wieder richtig loszulegen. Die Gegendemonstranten von den bunten Bündnissen und „Antifa“ reagierten erneut mit „Nazis raus“-Rufen und Pfiffen. Da beschwerte sich Organisationsleiter Krapf bei der Einsatzleitung der Polizei, die den Gegendemonstranten auf der Straße nun Platzverweise nicht nur androhte. Diese waren bereits ausgesprochen, wie Polizei-Pressesprecher Peter Häusinger auf Anfrage bestätigte.

Sofort haben Beamte die Gegendemonstranten umzingelt, insbesondere die „Antifa“-Aktivisten, und die ganze Straße zur Dorfmitte hin abgeriegelt. Da wurde es dann richtig unruhig. Insbesondere die Älteren unter den Nazi-Gegnern protestierten heftig gegen die für sie völlig unverständliche Aktion bei Polizei-Einsatzleiter Markus Hack. Auch der „Schweinfurt ist bunt“-Sprecher und DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching war unter den Eingekesselten und fassungslos, dass nicht gegen die Verursacher der Andacht-Störung – die Nazis hinter der Hofmauer – vorgegangen wurde, sondern einfach die Gegendemonstranten von der Straße weggebracht werden sollten.

IG-Metall-Sekretär Thomas Höhn und viele andere Demonstranten verwiesen empört auf die originäre Störquelle hinter der Mauer der Landeszentrale. Gegen Hassmusik und Naziparolen werde doch Protest erlaubt sein, auch wenn weiter unten ein Gottesdienst stattfinde.

Der frühere Gewerkschaftssekretär Wolfgang Ziller (70) verlangte von Einsatzleiter Hack die „Dienstnummer“, weil er sich über dessen Entscheidung beschweren wolle. Er warf ihm Geschichtsvergessenheit vor, dass er Ursache und Wirkung verwechsle und die Polizei – wie dieses Beispiel zeige – auf dem rechten Auge blind sei. Dafür gab es Szenenapplaus der Nazigegner, die um ein Haar des Platzes verwiesen worden wären.

Weil eine Frau beruhigend auf die Demonstranten eingeredet habe, so Polizeisprecher Häusinger, sei der Platzverweis nicht vollzogen worden. Das Ziel der Polizei sei gewesen, dass beide Veranstaltungen durchgeführt werden können – sowohl die Andacht der Stammheimer als auch die Veranstaltung der „Rechten“.

 
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  • H. H.
    Redaktion und Kommentator dieser Zeitung sollten lieber mal lobend anerkennen, dass sich die Bürger dieser Gemeinde nicht von den grünlinken Gesinnungsterroristen instrumentalisieren lassen wollen, und eben auf ihre Weise gegen die "Rechte" protestieren. Diesen "Antifaschisten" geht es nicht um Stammheim, es geht um Machterweiterung, um Deutungshoheit über gesellschaftliche Vorgänge aller Art. Wie weitere Schreiber richtig erkannt haben, handelt es sich hierbei offensichtlich Berufsprotestler!
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    und nicht anders!
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  • R. K.
    Wie dumm kann man sein und den Rechten die Chance zum Dialog geben! Was will man denn mit denen kommunizieren? Deren Ziele und Absichten sind seit 1933 bekannt. Die konservativen Parteien haben das 33 auch so gesehen und haben außer der Sozialdemokraten den Dialog gesucht und dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt! Aber wenn die Stammheimer das so wollen...Ladet sie am besten doch am nächsten Sonntag zum Gottesdienst und anschließend zum Kaffee ein!
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  • P. K.
    hat uns in die grösste Katastrophe aller Zeiten geführt. Damit verglichen war das was in der DDR verbochen wurde kaum erwähnenswert.
    Hinzu kommt, dass "Die Rechte" aus der Geschichte absolut nichts gelernt hat. Die wollen den Führerstaat, mit allen Konsequenzen, wieder haben.
    Dass Sie, hentiger, das nicht verstehen wollen ist mir allerdings klar.
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    "...was in der DDR verbochen wurde kaum erwähnenswert..."

    Diese Verbrechen an der Menschheit blenden Ultra-Linke gerne aus.......

    Und übersehen gerne, das Neonazis und Antifa die gleichen Charakterzüge haben!

    PKD: Einmal Stalinist, immer Stalinist.......
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  • M. S.
    Die Vergleicherei ist zwar extrem unsinnig, albern und schon aus der jetzigen Retrospektive völlig unwissenschaftlich und obendrein unethisch, aber Ihren Kommentar kann man dennoch so nicht stehen lassen:

    Ihrem Zitat fehlt natürlich der Anfang von PKDs Aussage. Der wiederum die Sache ganz neutral betrachtet richtig stellt "Damit verglichen war das was in der DDR verbochen wurde kaum erwähnenswert."

    "PKD" unterstellte dadurch ja sogar selbst, dass es dort Verbrechen durch den Staat gab (, was Sie sogar zitierten). Anders als Sie blendet "PKD" aber eben nicht die Differenz von zig Millionen toten Menschen und noch viel mehr weiteren Millionen Opfern quer über den Globus aus.

    Ich bin weiß Gott kein Linker, aber eben auch kein historisch Verblendeter. Selbst wenn ultrakonservative CDU/CSU Parteigänger so etwas äußern werden Mutti (die in der DDR aufwuchs) oder der Horst sie zurückpfeifen müssen.
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  • M. S.
    In meinem Posting (auch in dem von "PKD") stand klar, dass die DDR kein Rechtsstaat gewesen sei. Das kann man schon mit "Unrechtssystem" assoziieren, auch wenn es genaugenommen eigentlich in einer anderen Metaebene als "Rechtsstaatlichkeit" anzusiedeln ist.

    Mit dem Hinweis auf linke Guerillas in Lateinamerika, Stalin oder dem chinesischen Großen Sprung und den ihm nachfolgenden dortigen Kampagnen verzetteln Sie sich aber gerade ein wenig und bringen (trotz Millionen von Opfern) Dinge durcheinander, die allesamt nichts mehr mit der Diskussion um die "Die Rechte" & deren "Parteizentrale" in Stammheim zu tun haben, geschweige den jugendlichen "Linken" mit Che-Shirts, die sich auf den Mainpost-Fotos eher als VfL-Volkach Fußball-Fan-Shirts entpuppen.

    Auf den weiteren Teil Ihres Leserkommentars gehe ich nicht ein, weil ich mich diesbezüglich gar nicht angesprochen fühle, es lediglich als provozierendes Geplänkel erachte. m-/
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  • M. S.
    Kommentare wie der von "gustavknut", die die Ansiedlung die "Die Rechte" gar als "Eine Chance für Stammheim" sehen, dort zu einer "Willkommenskultur" auffordern und sich einen konstruktiven Gedankenaustausch zwischen den Stammheimern und den Parteifunktionären ersehnen ordne ich zudem als reinste Verballhornung der verwendeten nett-klingenden Worte ein. Würde es der "Die Rechte" wirklich um konstruktiven Gedankenaustausch mit der Gesellschaft gehen, hätte sie ihre "Parteizentrale" definitiv nicht in einem kleinen 900-Seelen-Dorf wie Stammheim eröffnet. Die Ansiedlung in Stammheim ist einfach nur feige und irgendwie sogar ziemlich niederträchtig.
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    Wenn Sie wüssten, was PKD hier in dieser Zeitung schon für Kommentare vom Stapel gelassen hat, wüssten Sie, was Hentinger meint!

    DievVerbrechen in der DDR als Peanuts hinzustellen, ist schon ein starkes Stück!
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  • M. S.
    Okay, hatte bislang mit diesem Themenkomplex nicht viel zu tun hier bei der Mainpost. Fast alle der Schreiberlinge hier sind mir unbekannt. Allerdings wurde hier im jetzigen Thread zu Stammheim doch gar nichts übertrieben - von "PKD". Die DDR, deren Rechtsstaatlichkeit, Opferzahlen, die nachfolgende und noch immerwährende Verunglimpfung und teilweise sogar gepflegte Ostalgisierung in Verknüpfung mit dem sozialistischen Utopieverlust sind natürlich keine Peanuts. Aber die Gräueltaten des Nationalsozialismus im Dritten Reich und vom Dritten Reich ausgehend mit denen der DDR zu vergleichen oder gar gleichzusetzen ist natürlich historisch und ethisch abstrus. Auch der Vergleich mit Regimes, Konflikten & Katastrophen in damals anderen Zweite & Dritte Welt Staaten/Regionen macht das nicht besser. Bei der jetzigen Diskussion bzgl. Stammheim über/mit irgendwelche/n Sympathisanten einer Gruppierung wie "Die Rechte" führt das auch zu weit und distrahiert nur.
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  • M. S.
    Was Sie hier schon wieder öffentlich unterstellen habe ich so doch nirgends geschrieben.

    Auch die Verwendung des Stilmittels "Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass..." hilft Ihnen bei diesem kruden Argumentationsansatz für Ihre These nicht weiter.

    Jeder der will kann das gerne in den obigen Kommentaren nachlesen.

    Was ich aber schrieb ist nicht zuletzt dass es für mich den Anschein hat, dass einige hier die Diskussion dazu verwenden um vom eigentlichen Diskussionsauslöser - den Neo-Nazis in Stammheim und den damit verbundenen Sorgen der Bevölkerung, bzw. dem Protest dagegen die "Die Rechte" - abzulenken.
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  • R. K.
    Was ist das denn für eine dumme Argumentation, ein totalitäres und undemokratisches rechtes System mit einem totalitären linken System entschuldigen zu wollen! Ja Herr Hitler war böse, aber Herr Stalin war auch nicht brav.. Wer gegen Rechtsextreme ist unterstützt doch nicht damit automatisch Linksextreme! Es geht um gefährliche, unsere Lebensform bedrohende Extremisten überhaupt! Rechte, Linke, Islamisten oder grünbunte Männchen aus dem All....
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  • M. S.
    Diesem Kommentar von "r.kiesel" schließe ich mich an. Einfach nur "+" zu klicken reicht mir diesmal nicht.
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    am erschreckendsten finde ich, wie ungeniert sich hier einige als "braun" outen - das alleine zeigt, wie breit die Akzeptanz in unserer Gesellschaft bereits ist - absolut schade
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  • P. K.
    der eindeutig braunen Kommentare lassen sich leicht zählen. Es sind derzeit maximal 16. Ich gehe mal davon aus, dass alle aktiven Nazis die auch ein Mainpost Abo haben hier mitmischen um sich wichtig zu machen.
    So läuft es ja bei Berichten zu Wügida auch.
    Dadurch scheinen sie bedeutender zu sein als sie sind. Die Nazis selbst glauben natürlich bedeutend zu sein, deshalb blasen sie sich auf.
    Ignorieren, darf man sie deshalb aber nicht. Das könnte von leicht verführbaren Teilen der Gesellschaft nämlich als positive bzw. neutrale Beurteilung gewertet werden.
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  • H. S.
    Bei ihrem Marsch durch Stammheim sollen die Anhänger der „Die Rechte“ u.a. gegen den Euro, gegen die Nato, gegen die USA und sogar gegen Israel gehetzt haben. Kann man sich als Parteiloser da nicht voll mit solidarisieren? Der Euro macht Deutschland, das heißt uns Bürger, zum Zahlmeister Europas, die Nato hetzt uns in einen verantwortungslosen Krieg, die USA beschnüffeln unsere Unternehmen, betrachten uns als ihre Kolonie und Israel zeigt allein schon im Gaza-Streifen, was sie von den richtigen Nazis abgeschaut haben. Ich kann mir nicht helfen, aber diese kleine Partei wird somit richtig sympathisch.
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  • P. K.
    meinen Sie wohl. Wie man diese Nazis, der Anführer ist mehrfach einschlägig vorbestraft, sympatisch finden kann ist mir ein Rätsel.
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  • R. K.
    Von wegen parteilos! Das ist tiefbraune Propaganda was "bacigalupo" hier ablässt! Es darf dann doch bezweifelt werden, dass es sich hier um einen "Stammheimer" handelt. So verkommen kann ich mir die dann doch nicht vorstellen..
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  • H. S.
    Es mag r.kiesel trösten, aber bacigalupo ist wirklich parteilos und ein überzeugter Wähler der „Die Linke“.
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  • R. K.
    so bescheuert kann nicht mal ein "Linker" sein, dass er die Partei "die Rechte" sympathisch findet! Also lass es!
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