
Der Jahreswechsel naht, und viele freuen sich schon darauf, es da mal wieder so richtig krachen zu lassen. Alexandra Köth aus Theilheim dagegen ist froh, wenn alles vorbei ist.
Seit einiger Zeit findet nämlich in der Silvesternacht vor ihrem Anwesen eine regelrechte Straßenschlacht mit Böllerbatterien und Kanonenschlägen statt, wie sie im Gespräch erzählt. Oft geht es schon am frühen Abend los; im letzten Jahr ist der erste Kracher bereits um 18 Uhr auf ihrem Gelände gelandet und die "fünf Pferde im Stall waren total panisch". Vielen Nachbarn, berichtet sie, gehe es ähnlich. Auch sie hätten Hunde oder Pferde und verbrächten oft den ganzen Silvesterabend damit, die aufgeregten Tiere zu beruhigen und den Wasserschlauch parat zu halten, falls ein Kracher im Stall landen sollte.
Später am Silvesterabend versammeln sich dann laut Köth "ganze Horden" vor ihrem Haus im Ortskern, nahe der Kirche, böllern, schmeißen Flaschen in den Garten, pinkeln an die Hecke oder zünden, wie zum Jahreswechsel 2023/24, den Papierkorb vor der Tür an, sodass die Köths danach ihre Mauer neu verputzen mussten.
Flaschen, Verpackungen und die Reste von Böllern und Raketen auf dem Gehweg
Am Neujahrsmorgen liegen Flaschen, Verpackungen und die Reste von Böllern und Raketen auf dem Gehweg und der Straße vor dem Haus. Bis jetzt hat Köths Mann den ganzen Dreck weggeräumt, denn von den Feiernden lässt sich keiner mehr blicken. Das ärgert Alexandra Köth, schließlich habe sie den Böllerdreck nicht verursacht. Der sollte übrigens laut Umweltbundesamt schnell entsorgt werden, da die Feuerwerksreste Chemikalien enthalten, die durch Regen oder Schmelzwasser in den Boden oder umliegende Gewässer gespült werden.
Laut Landratsamt müsste die Gemeinde den Böllerdreck auf der Straße entfernen. Das versucht man in Theilheim auch so schnell wie möglich, erklärt Bürgermeister Christian Zeißner auf Anfrage, allerdings sei die Personaldecke rund um den Jahreswechsel sehr eng gestrickt, weil die meisten Bauhofmitarbeiter im Urlaub sind.
Alexandra Köth jedenfalls "reicht es". Das Böllerverhalten hat sich, findet die Theilheimerin, in den letzten Jahren völlig verändert. Früher wurden Knallfrösche geworfen und ein paar Raketen in die Luft geschossen, heute würden XXL-Feuerwerksbatterien abgefeuert. Bereits seit einiger Zeit ist sie deswegen mit der Gemeinde im Gespräch, fühlt aber ihre Sorgen von Bürgermeister Christian Zeißner und seiner Verwaltung nicht ernst genommen.
Nach verschiedenen Gesprächen und E-Mails hat Zeißner zumindest im aktuellen Gemeindeblatt einen Hinweis auf das Sprengstoffgesetz veröffentlicht. Dass das allerdings die fröhlich-krachend Feiernden überhaupt lesen, bezweifelt Alexandra Köth. Sie ist enttäuscht und hätte sich vom Bürgermeister nach all den Diskussionen mehr erhofft; ein ausführliches Statement vielleicht, wie es die Stadt Schweinfurt in Bezug auf Feinstaubbelastung, Lärm und Müll zum letztjährigen Jahreswechsel herausgegeben hat, um die Bevölkerung zu sensibilisieren.
Selbst einen Aufruf im Gemeindeblatt veröffentlicht
Deshalb hat Alexandra Köth mit einigen Pferdefreunden auch selbst einen Aufruf im Gemeindeblatt veröffentlicht, inklusive des Hinweises, die Information an alle weiterzugeben, die das Gemeindeblatt eben nicht lesen. Dazu hat sie Schilder drucken lassen, mit der Bitte, kein Feuerwerk zu zünden, sie hofft so den einen oder anderen noch zu erreichen.

Bürgermeister Christian Zeißner äußert im Telefonat Verständnis dafür, dass das Böllern verschiedene Leuten stört, allerdings müsse er bei seinen Entscheidungen grundsätzlich das Wohl der Allgemeinheit gegen das Wohl des Einzelnen abwägen. Das Aufstellen von Schildern und das Einrichten von Böllerverbotszonen durch die Gemeinde, wie es sich Alexandra Köth wünscht, sieht Zeißner kritisch. Seiner Meinung nach ist das Böllerverhalten ganz klar durch das Sprengstoffgesetz geregelt.
Die Gemeinde, sagt Zeißner, kann da nichts tun, schließlich müsste er solche Maßnahmen dann in allen Ortsteilen anwenden und die Einhaltung kontrollieren. Zumindest wird er wohl an Silvester in den gemeindlichen Sozialen Netzwerken dazu aufrufen, dass sich alle an die Regeln halten und ihren Müll im Anschluss entsorgen.
Das Sprengstoffgesetz definiert ganz klar, wann, wo und wie geböllert werden darf. Nämlich nur an Silvester und Neujahr und nicht in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden.
Die Formulierung gibt Raum zur Auslegung. Eine genaue Entfernung ist nicht definiert, allerdings liegt das Köth'sche Anwesen rund 100 Meter von der Kirche entfernt, und die Stallgebäude erfüllen zudem den Aspekt der Brandempfindlichkeit. Für Alexandra Köth zwei ausschlaggebende Punkte, auf deren Grundlage der Bürgermeister ein Böllerverbot für das betroffene Areal hätte aussprechen können.
Im Gespräch betont Alexandra Köth, dass sie nicht als "komische Alte oder Moralapostel" daherkommen und das Böllern in Theilheim gänzlich abschaffen möchte, auch wenn sie es selbst als "nicht mehr zeitgemäß" empfindet. Sie wünscht sich aber, dass ein Umdenken stattfindet, dass Rücksicht genommen wird auf die Bedürfnisse des anderen. In ausgewiesenen Zonen und sicherer Entfernung von Mensch und Tier, stellt sie klar, könne weiter geböllert werden, gerne in professionellem Rahmen.
Böller aus einem fahrenden Auto ohne Licht geworfen
Sie weiß, dass viele Theilheimer ähnlich denken, doch manche hätten wohl Angst, das öffentlich zu sagen, zumal im letzten Herbst immer wieder Böller aus einem fahrenden Auto ohne Licht geworfen wurden. Alexandra Köth hat das mit Fotos dokumentiert. Ob es sich um einen Einschüchterungsversuch handelt? Köth weiß es nicht.
Auf frischer Tat wurde keiner ertappt, der Fahrer eines verdächtigen Autos aber angesprochen. Die Böllerei hat aufgehört, nachdem erwähnt wurde, dass die Polizei darüber informiert ist und Köth die Vorfälle über Facebook und Instagram öffentlich gemacht hat.
Das Thema wird alljährlich kontrovers diskutiert; in Schweinfurt und Gerolzhofen gelten bereits Böllerverbote rund um die Marktplätze und auch die Deutsche Umwelthilfe denkt laut über eine Änderung der Sprengstoffverordnung nach.
Alexandra Köth hofft jedenfalls, dass die Appelle nicht ungehört verhallen und ihr Anliegen respektiert wird, damit der Jahreswechsel auch für alle Tier- und Stallbesitzer fröhlich stattfinden kann.
Aber versuchen kann man es ja.
Niemals wird das passieren, da steckt doch eine viel zu große Lobby dahinter
um sich mit Sprengstoff einzudecken..
damit ist alles gesagt...
In der Nähe von Pferdeställe zu knallen erscheint mir genau das Gegenteil davon zu sein.
Und während der Blätterwald mal wieder eifrig darüber diskutiert, geifert und sich den Mund fusselig redet - *gähn* - werden auch dieses Jahr wieder die Kracher reihenweise gekauft, weil es den Menschen ganz einfach Spaß macht.
Und viele sich von den moralinsauren, protestantischen Gestalten die es nicht ertragen können, dass andere Spaß haben wenn man selber keinen Spaß hat, nicht die Laune verderben lassen wollen.
Gut so! In dem Sinne - lasst es krachen!
Ich praktiziere nicht nur zum Jahreswechsel Tierschutz, bin aber auch Agnostikerin.
Deshalb wünsche ich einen guten, friedlichen Rutsch!
das bezahlt dann die Brandschutzversicherung. Man würde quasi nur auf verbrannten, verletzten bzw. traumatisierten Tieren sowie einer verkohlten und abrissreifen Scheune sitzen bleiben. Von dem Ärger ganz abzusehen! Wollen wir nur hoffen, dass das niemandem passiert, weil ein paar Spaß haben wollen.
Aber (Achtung Ironie!) Hauptsache die Leute haben Spaß!
wie haben Sie es denn geschafft, dass Ihr Antrag in Bezug auf den Marktplatz angenommen wurde. Unser Bürgermeister verweigert sich dem Ganzen und ich konnte keine Handhabe finden, wie ich einen Antrag stellen kann. Und wie wurde dieser durchgesetzt?
Das Argument Spaß mit Böllerterror zu verbinden, ist doch recht dürftig.
Ich verstehe nicht, dass jemand Spaß empfindet Böller in eine Gruppe von Pferden zu werfen und in eine Scheune mit Heu. Auch den Müll, den man selbst verursacht, den anderen zu überlassen, halte ich nicht für richtig. Wenngleich das jetzt wohl spießig klingen mag. Für mich hat das was mit der Kinderstube zu tun, die man genossen oder eben nicht genossen hat.
Und die Sätze "Schönwetter-Tierschützer" und "moralinsaure protestantische Gestalten" schiebe ich in die Ecke Troll!
“Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.” Immanuel Kant (1724-1804)