In zwei Stunden wird Pfarrer Paul Reder neben Bischof Franz Jung im Würzburger Kiliansdom stehen. Jetzt jedoch erklärt er den Kommunionkindern im Heidenfelder Pfarrheim, worauf es beim Teigkneten, beim Brotbacken, ja worauf es im Leben ankommt. "Immer schön Mehl drüberstreuen, dann geht's leichter", sagt Reder. Die Finger einer Hand sind in einem klebrigen Roggenteig versunken. Mit der freien Hand gibt er etwas Mehl über den Teigbatzen.
Es ist Montag, kurz nach 10 Uhr. Die Kinder, die voller Vorfreude zuschauen, wie der 52-Jährige das Brot in den Ofen schiebt, wissen nicht, dass "ihr Pfarrer Paul" (so bezeichnet sich Reder selbst) heute zum Weihbischof ernannt wird und dass ihre Erstkommunionfeiern mit zu seinen letzten Amtshandlungen in der Pfarreiengemeinschaft im Pastoralen Raum "Schweinfurter Mainbogen" im Landkreis Schweinfurt zählen werden.
Autor Stefan Menz: "Wir kennen uns seit 30 Jahren und haben gemeinsam studiert"
Obwohl ich Paul Reder einen guten Weggefährten nennen darf – wir kennen uns seit drei Jahrzehnten, haben zusammen Theologie studiert und gemeinsam an der Uni Würzburg am Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte gearbeitet –, weiß auch ich nichts von seiner Ernennung zum Weihbischof. Aber ich ahne es, als er der Kinderschar kurz entflieht, in korrekter Priesterkleidung zurückkommt und sich mit den Worten verabschiedet, dass er jetzt zu einem wichtigen Termin eilen müsse. Ich spüre, dass Paul ein wenig aufgeregt ist, dass er anders ist als sonst.
Kurzentschlossen packe ich meinen Sohn, eines der Kommunionkinder, und folge Paul nach Würzburg. Mein Ziel: Der Kiliansdom, ein für Paul Reder wie für mich gleichermaßen wichtiger Ort. Paul wurde dort 2014 zum Priester geweiht, ich 2004. Im traditionellen Mittagsgebet verkündet Bischof Franz Jung, dass Papst Franziskus in Rom den neuen Weihbischof in der Diözese Würzburg ernannt hat. Sein Name: Paul Reder.
Im vollbesetzten Dom macht sich tosender Applaus breit. Der allzeit ruhige und freundliche Paul Reder tritt nach vorne zum Bischof und zaubert den Anwesenden sogleich ein Schmunzeln aufs Gesicht. "Eine Woche, nachdem mich der Nuntius über meine Ernennung informiert hat, muss ich mir jetzt doch wohl selbst eingestehen, dass es sich nicht um ein Missverständnis handelt", sagt Reder und lässt mit einem zarten Lächeln seinen Witz und tiefgründigen Humor, aber auch seine Bescheidenheit durchscheinen. Und ernst fügt er hinzu, dass er im Gehorsam, den er bei seiner Priesterweihe versprochen habe, dieses neue Amt annehme.
Reders Ernennung zum Weihbischof ist für viele Menschen ein Hoffnungsschimmer
Einen Tag später sitze ich mit Paul Reder wieder im Heidenfelder Pfarrheim. Dort, wo er tags zuvor noch Brotteig knetete. Dankbar für die Glückwünsche sagt er: "Ich habe ein großes Entgegenkommen und Wohlwollen bei den Mitbrüdern und bei den Menschen gespürt, die mir gestern gratulierten. Das erleichtert mir den Neuanfang." Tatsächlich ist Reders Ernennung zum Weihbischof für viele Menschen ein Hoffnungsschimmer, gerade für jene Menschen, die sich mit der Kirche schwertun oder gar mit ihr hadern. "Es gibt keinen besseren", stellt zum Beispiel Röthleins Bürgermeister Peter Gehring fest. "Er ist sehr bescheiden und gerne unter den Menschen."
Für die Kirche von Würzburg ist Reder unbestritten ein Gewinn, für die Pfarreien im Landkreis Schweinfurt ist sein Weggang indes ein großer Verlust. Kein Wunder, müssen sie doch einen überaus engagierten Seelsorger und einen warmherzigen Menschen ziehen lassen, den so viele ins Herz geschlossen haben.
Zum Beispiel Maria Hetterich, die viele Jahre Pfarrgemeinderatsvorsitzende in Heidenfeld war. Einen Tag nach Reders Ernennung zum Weihbischof im Dom sagt sie: "Meine erste Reaktion war Entsetzen darüber, dass Pfarrer Reder, der unserer Gemeinde so guttut, schon wieder gehen muss." Obwohl sie ihm natürlich Gottes Segen für seine neue Aufgabe wünscht, gibt sie zu erkennen: "Bei uns, die wir uns verantwortlich für die Gemeinschaft fühlen, übertönt die Trauer über das Fortgehen von Pfarrer Reder die Freude über sein neues Amt. Und ich denke, unser Pfarrer versteht das."
Reder: "Eine große Offenheit, die wir weiter ausbauen wollten"
Ja, Paul Reder versteht das voll und ganz. Er räumt ein: "Für viele Menschen ist mein Weggang bestimmt eine Zumutung." Auch für ihn sei es nicht einfach, habe er doch langsam Wurzeln in seinen Pfarreien geschlagen, "eine Verwurzelung gespürt". Dies mache das Weggehen für ihn schmerzhaft. Reder erinnert sich: "Gekommen bin ich in der Coronazeit, als in den Kirchen überall noch Absperrbänder hingen. Dann kam es langsam wieder zu Begegnungen zwischen den Menschen und Gemeinden. Es war eine große Offenheit zu spüren, die wir weiter ausbauen wollten." Dass dies nun ohne ihn geschehen muss, tue ihm leid.
Dann aber schiebt er einen seiner zuversichtlichen und ermunternden Reder-Sätze hinterher: "Ich habe die Hoffnung, dass es auch ohne mich gut weitergeht, zum Beispiel in der Ökumene mit Tobias Wölfel in Schwebheim." Auch wenn der evangelische Pfarrer Wölfel es "schade findet, die mit Reder begonnenen Projekte nicht weiter gemeinsam verfolgen zu können", wünscht er ihm, "dass er den Fragen, was die Menschen brauchen und suchen, auch im neuen Amt nachgeht und dass er seine einladende Art und Inspiration beibehält." Reders offizielle Verabschiedung als Pfarrer im Pastoralen Raum wird am Pfingstfest sein, nach seiner Bischofsweihe.
Als ich am Montagabend von der Ernennung Paul Reders zum Weihbischof von Würzburg nach Heidenfeld zurückfahre, wird auch mir schmerzhaft bewusst, dass unsere Gemeinden nicht nur einen passionierten Seelsorger, sondern auch einen klugen Geist und einen sehr nahbaren, weltoffenen Menschen verlieren. Paul Reder ist beides: ein geistlicher Mensch und ein menschlicher Geistlicher, der die Gabe hat, in schwierigen Zeiten wieder für Gott und die Kirche zu begeistern.
Kurz vor Mitternacht, um 23.47 Uhr, erreicht mich noch eine E-Mail von unserem pflichtbewussten und fürsorglichen "Pfarrer Paul". Er teilt den Kommunioneltern mit, dass alle Termine rund um die Erstkommunion wie geplant stattfinden, wir uns also keine Sorgen machen müssen.