
Begonnen habe alles als zwangloser Filmabend. Dann soll ein damals 22-Jähriger aus dem Landkreis Schweinfurt übergriffig geworden sein und eine damals 19-jährige Schweinfurterin, die er im Internet kennengelernt hatte, in ihrer eigenen Wohnung zunächst mit einem Biss an der Lippe verletzt und anschließend vergewaltigt haben.
Die mutmaßliche Tat ist nun knapp zwei Jahre her. Angeklagt war der heute 24-Jährige in dieser Sache schon einmal. Der Prozess sei zunächst jedoch eingestellt worden, sagt Anwalt Jürgen Scholl, der die Geschädigte in der Nebenklage vor Gericht vertritt. Es habe Aussage gegen Aussage gestanden. Nach Beschwerde der Nebenklage war das Verfahren im Frühjahr dieses Jahres jedoch wieder aufgenommen worden.
Nun muss sich der 24-Jährige wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Schweinfurt verantworten. Was am ersten Prozesstag vor allem auffällt: Von der mutmaßlichen Tat scheint er einen völlig anderen Eindruck zu haben.
Aussage der Zeugin findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt
"Sie kam auf mich zu, hat mich zuerst geküsst", sagt der Angeklagte vor Gericht über den Abend der mutmaßlichen Tat im Februar 2022. Anschließend hätten sich er und die junge Frau gegenseitig ausgezogen, und es sei zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen. "Es ist nichts gegen ihren Willen passiert", versichert der 24-Jährige den Prozessbeteiligten.
Nach dem Akt sei die junge Frau dann plötzlich "komisch drauf" gewesen, habe "nix mehr geredet" und sei hastig ins Badezimmer verschwunden, so der Angeklagte. Als sie ihn anschließend gebeten habe, zu gehen, habe er die Wohnung verlassen.
Wie genau sich die Geschehnisse an jenem Abend aus Sicht der jungen Frau ereignet haben sollen, bleibt den Prozesszuschauerinnen und -zuschauern weitgehend unbekannt. Ihre Aussage findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zu belastend sei es für sie auch heute noch, über den mutmaßlichen Übergriff zu sprechen, sagt Nebenklagevertreter Jürgen Scholl.
Mehrfach muss ihre Vernehmung für kurze Pausen unterbrochen werden. Dennoch habe sie seiner Einschätzung nach im Wesentlichen noch einmal ausführlich und "im Kerngeschehen konstant" ihre damaligen Schilderungen des mutmaßlichen Tathergangs wiederholt, sagt Scholl.
Angeklagter kann sich Verletzungen angeblich nicht erklären
Laut Anklageschrift habe die junge Frau dem Angeklagten bei ihrem Treffen mehrfach verbal signalisiert, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wünsche. Wie sie die Geschehnisse an jenem Abend erlebt haben will, wird zum Teil auch in der Zeugenaussage ihrer jüngeren Schwester deutlich. Noch während sich der Angeklagte in der Wohnung der heute 21-Jährigen aufhielt, habe diese ihre Schwester per Videoanruf aus dem Badezimmer kontaktiert, berichtet die Schwester vor Gericht. "Sie hat so geweint, so habe ich sie noch nie erlebt", erinnert diese sich.
Auch in Sprachnachrichten, die auf dem Handy einer Freundin der Geschädigten gesichert wurden, sei zu hören, wie aufgelöst die junge Frau gewesen sei. Stellenweise sei sie kaum zu verstehen gewesen, sagt eine Beamtin der Schweinfurter Kriminalpolizei vor Gericht.
Auch ein Arzt und eine Gynäkologin, die die junge Frau noch am Abend der mutmaßlichen Tat untersuchten, kommen im Prozess zu Wort. Sie berichten unter anderem von schweren Einblutungen an der Lippe der 21-Jährigen und einer Verletzung am Hals. Wie es zu diesen Verletzungen gekommen sein könnte, könne sich der Angeklagte allerdings nicht erklären. Er habe nicht darauf geachtet, könne dazu nichts sagen. Insgesamt bleibt seine Aussage im Vergleich knapp.
Auch die Anklage habe ihn überrascht. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung soll er immer wieder gesagt haben: "Ich wurde reingelegt", wie aus der Aussage der Kripo-Beamtin hervorgeht.
Der Prozess wird am Donnerstag, 28. Dezember, fortgesetzt.