Sie war eine der 12.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkrieges in Schweinfurt. Doch das Kriegsende sollte Zofia Malczyk nicht mehr erleben: Am 21. März 1945 wurde die polnische Zwangsarbeiterin von zwei Schweinfurter Polizisten wegen angeblichen Plünderungen mit zwei Schüssen in Hinterkopf und Bauch getötet. Sie war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt und mit ihrem dritten Kind schwanger, welches den Angriff ebenfalls nicht überlebte. Die beiden Polizeibeamten wurden 1955 freigesprochen.
Seit 2007 erinnert ein Gedenkstein am Tatort in der Gustav-Adolf-Straße in Schweinfurt an Zofia Malczyks Schicksal. Jedes Jahr organisiert die "Initiative gegen das Vergessen" gemeinsam mit dem Bayernkolleg am 21. März eine Gedenkveranstaltung. Am diesjährigen 79. Todestag von Zofia versammelten sich rund 50 Personen an ihrem Gedenkstein für kurze Vorträge und Gedanken zum Thema.
Eindringliche Worte gegen heutigen Rechtsextremismus
Johanna Bonengel von der "Initiative gegen das Vergessen" ist seit vielen Jahren Teil der Organisation für die Gedenkveranstaltung. "Das Leben und Leiden von Zofia Malczyk steht für die vielen Menschen, die Opfer des verbrecherischen Nazi-Systems und ihrer Machthaber wurden." Der Gedenkstein rufe dazu auf, nicht zu schweigen oder zu verdrängen, was die Nazis in Deutschland angerichtet haben. Auch Zweite Bürgermeisterin Sorya Lippert hob in ihrer Ansprache hervor: "Wir müssen uns aktiv einsetzen für Menschenrechte, für Demokratie, für ein friedliches Miteinander."
Ulf Pennekendorf betreut die Patenschaft der Schule für den Gedenkstein am Bayernkolleg. Auch ihn sorgt der zunehmende Rechtsdruck in der Gesellschaft. "Dieses Jahr zeigte und zeigt die deutliche Mehrheit dieser Bevölkerung aber, was sie von rechtsextremen Umtrieben hält, indem sie auf die Straße geht und klare Kante gegen Rechtsextremismus und Rassismus bezieht." Seiner Meinung nach sei es umso wichtiger, dass insbesondere die jüngere Generation ein Gespür dafür erhalte, dass keine Demokratie stabil bleibe, wenn man nicht um sie kämpfe.
Gedanken und Reflexionen von Schülern des Bayernkollegs
Wie jedes Jahr trugen auch drei Schüler des Bayernkollegs mit gleichsam politischen wie poetischen Worten ihre Gedanken und Reflexionen zu Zofia Malczyks Ermordung vor. So erzählte Youseef Abdo von seiner Flucht aus Syrien und seinen Erfahrungen mit Ausgrenzung in Deutschland. "Hoffentlich werden wir in der Zukunft zusammen Rassismus beseitigen", beendete er seinen Vortrag.
Andreas Keller rief dazu auf, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen und nicht dieselben Fehler wie einst zu wiederholen. Samuel Wojack rundete die Vorträge mit dem selbst verfassten Gedicht "Zofia" ab. In diesem erzählte er vom Leben Zofia Malczyks und rief dazu auf, die Umstände ihrer Ermordung nicht hinzunehmen.
Ohne Erinnerung gebe es keine Zukunft
Seit ihrer Gründung im Jahr 1981 widmet sich die "Initiative gegen das Vergessen" der "Aufarbeitung der Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus", wie es auf der Website der Initiative heißt. "Ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft", so Johanna Bonengel. Deshalb müsse den Leuten durch Erinnerungsorte bewusst gemacht werden, wozu Machthaber und Menschen damals wie heute fähig seien. "Es braucht Geschichten aus der Geschichte und junge Leute, die mit diesen Erinnerungen gegen das Vergessen vorgehen können", hob auch Werner Enke von der "Initiative gegen das Vergessen" hervor.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von zwei Musikerinnen vom Bayernkolleg, Kathrin Mühlfeld an der Klarinette und Eva Reminy an der Geige.