Waren die 28 Besucher auf der Tribüne im großen Sitzungssaal nach den Auskünften der Verwaltung zum Thema Bürgerentscheide vom 20. Januar zufrieden? Schlauer als vorher? Nun, das dürfte wohl eine Frage der politischen Einstellung sein und wie man dazu steht, ob die Ergebnisse des Bürgerentscheids, bei dem sowohl das Ratsbegehren pro Bürgerpark mit Landesgartenschau als auch das Bürgerbegehren pro Stadtwald in den Ledward-Kasernen klar abgelehnt wurden, zu einer anderen politischen Bewertung der Landesgartenschau-Bewerbung als vorher führen.
Die Riege der Kritiker an dem rechtlich völlig korrekten Vorhaben der Stadtverwaltung, den bestehenden Stadtratsbeschluss pro Landesgartenschau 2026 in einem Teil der Ledward-Kasernen und auf dem Kessler Field durchzusetzen, wird länger. Schon immer gegen die Landesgartenschau-Pläne waren die SPD und die Freien Wähler/Schweinfurter Liste. Auch FDP-Stadtrat Georg Wiederer findet, eine Diskussion über die Konsequenzen aus dem Bürger-Votum im Gremium wäre wichtig. So sehen das auch die Linken, die - obwohl Mitinitiatoren des Ratsbegehrens - nach dem Nein der Bürger ihre Meinung zur Landesgartenschau änderten und nun nur den Bürgerpark fordern.
OB wird von CSU, Grünen und proschweinfurt unterstützt
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) hat nicht nur das Recht auf seiner Seite: Die Bürgerentscheide verfehlten mit den Ja-Stimmen das gesetzlich vorgeschriebene Quorum von 15 Prozent der Wahlberechtigten deutlich, sind deswegen ungültig. Er hat seine Entscheidung, keinen eigenen Tagesordnungspunkt in der Stadtratssitzung am 29. Januar zu den Bürgerentscheiden anzusetzen, mit der CSU-Fraktion sowie den Ratsbegehren-Mitstreitern proschweinfurt und Grüne abgestimmt. Die AfD hat sich bisher noch nicht positioniert.
Eine Diskussion zum Thema Landesgartenschau gab es, weil die SPD-Fraktion einen Fragenkatalog an die Verwaltung stellte. Aufgrund der Geschäftsordnung wurde unter dem Punkt Informationen der Verwaltung nicht diskutiert - gleichwohl war deutlich spürbar, wie sehr Teile des Gremiums genau das als notwendig erachtet hätte. Trotzdem blieb man diszipliniert.
Kommentar: Eine Debatte ist dringend nötig
SPD-Stadtrat Peter Hofmann machte aber keinen Hehl aus seiner Meinung: "Ich bin enttäuscht, dass kein eigener Tagesordnungspunkt mit Aussprache angesetzt wurde. Die 28 Prozent der Wähler, die abgestimmt haben, hätten das verdient gehabt. Das Ratsbegehren ist klar gescheitert."
In einer Pressemitteilung, die vor der Stadtratssitzung verschickt wurde, wählt Stefan Labus, Fraktionschef der Freien Wähler/Schweinfurter Liste, sehr deutliche Worte. Nun einfach weiterzumachen wie vorher, sei eine Verhöhnung des Wählers. Man verspiele den "letzten Rest an politischer Glaubwürdigkeit", fördere die Politikverdrossenheit. "Diese Ignoranz und Arroganz sucht seinesgleichen und ist kaum noch zu überbieten", poltert Labus.
Der OB mahnt zur Rechtstreue
Sebastian Remelé tut sich als gelernter Jurist mit derlei Argumentationsketten sehr schwer. In einer in der SPD-Anfrage eingeforderten grundsätzlichen Einschätzung warnte er eindringlich, "sich dahin zu begeben, dass wir durch eigene Feststellungen die Gesetzeslage in Frage stellen." Aus OB-Sicht spiele die Bevölkerung durch ihr Votum den Ball zurück zum Gremium. "Das ist keine Arroganz der Macht, sondern Respekt vor Gesetz, Rechtssprechung und unserem Wort." Verwaltung und Stadtrat müssten unbedingt für den "Bürger berechenbar, rechtstreu und handlungsfähig bleiben." Das, so Remelé, könne nichts anderes bedeuten, als die Landesgartenschau 2026 wie beschlossen zu planen und den "Weg der Konversion gemeinsam zu gestalten". Für seine Worte bekam er nur von der CSU Beifall.
Die Sachfragen der SPD zu den Kosten für die Werbung für das Ratsbegehren sowie zur Kalkulation des Durchführungshaushaltes beantwortete vor allem Baureferent Ralf Brettin. Zu den Kosten des Ratsbegehrens müsse man die beteiligten Fraktionen fragen. Die Zahl, wieviel die Stadt bisher für Werbung für die Landesgartenschau ausgegeben hat, nannte er nicht mit der Begründung, danach habe die SPD nicht explizit gefragt.
Weitere Fragen bezogen sich auf den Durchführungshaushalt. Einen Durchschnittspreis pro Ticket zum Beispiel könne man erst in einigen Jahren genau kalkulieren, die Kostenschätzung sei schon immer bei insgesamt 24 Millionen Euro brutto gelegen. Ob und wenn ja wie sehr die Baukosten bis 2026 ansteigen werden, könne man jetzt nicht seriös prognostizieren, so Brettin. Er betonte, es sei die gemeinsame Aufgabe von Verwaltung und Stadträten, ein striktes Kostenmanagement zu betreiben.
Ob die Auskünfte der Verwaltung nun dafür sorgen, dass der Stadtrat sich auf die Weiterentwicklung der Landesgartenschau-Pläne konzentriert, ist offen. Es gibt die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses, die Landesgartenschau 2026 auszurichten, zu stellen. Ob das passiert und ob es mehrheitsfähig ist, ist unklar.
Bei den Kommunalwahlen droht ein Machtwechsel bei Stadtrat & OB. SPD und insbesondere Grüne können aber keine Stadtplanung, sondern nur mit ideologischen Schlagworten operieren. Wenn es jamand kann, dann die CSU, die es seit 25 Jahren in SW eindrucksvoll bewies, mit überregionaler Anerkennung, bis einschließlich i-Campus. Bis danach auch bei ihr die Irrtümer losgingen (Großabbruch Askren Manor, LGS, Absage Baugebiet Pfannäcker wg. Personalüberlastung).
Nach einem Machtwechsel droht der Stadt vielleicht ein jahrzehnte langer Schaden. Nicht auszuschließen, dass dann der Vorsprung, den Grieser aufbaute, wieder verloren geht oder gar ins Gegenteil verkehrt wird. Und das alles wegen einer LGS an ungeeigneter Stelle.
"Im aktuellen Bürgermagazin der Stadt liefert die Verwaltung ausführliche Infos zum Bürgerentscheid. Unter "Was passiert, wenn beide Bürgerentscheide scheitern?" steht: "In der Sitzung des Stadtrates am 27. November 2018 waren sich die Mitglieder der Fraktionen weitgehend einig, dass es bei einem Scheitern der beiden Bürgerentscheide keine Bayerische Landesgartenschau in Schweinfurt geben wird - und das trotz eines bereits positiven Beschlusses des Gremiums vom 25. September 2018." Dass auch die Nein-Stimmen das 15-prozentige Quorum erreichen müssen, steht da nicht. Gleichwohl haben der OB und Ordnungsreferent Jan von Lackum dies auf Nachfrage dieser Zeitung im Dezember so kommuniziert. In der fraglichen Stadtratssitzung aber soll laut Teilnehmern keine Rede von einem Erreichen des Quorums der Nein-Stimmen als Bedingung gewesen sein."
Tagblatt 29.01.19: "Die Linken wenden sich gegen Landesgartenschau"