Sie ist bekennender Schokoladenfan, deswegen fand das Treffen mit der SPD-Oberbürgermeister-Kandidatin Marietta Eder auch in der Chocolaterie Molina am Zeughausplatz als Lieblingsort statt. Gelöst erzählte Eder von vielen positiven Begegnungen mit Bürgern in den letzten Monaten im Wahlkampf, ihren Zielen für die Zukunft der Stadt und warum sie findet, es brauche Aufbruchstimmung in der Stadt.
Marietta Eder: Ich nehme wahr, dass in Schweinfurt zu wenig passiert. Die Zukunftsthemen liegen auf dem Tisch, aber es wird zu wenig entschieden. Als Stadträtin erlebe ich jetzt, dass einige Sachen nicht angepackt werden. Mir ist es immer lieber, Dinge anzupacken, als zu sagen, man müsste mal. Wir hatten in Schweinfurt schon eine Oberbürgermeisterin, man kann nicht immer nur fordern, man müsste mal wieder eine Frau haben, man muss sich auch zur Wahl stellen.
Eder: Bei vielen Themen. Beispiel Wohnen, quer durch die Republik haben jetzt alle verstanden, wir haben ein Problem. Die Mieten explodieren, manche finden gar keine Wohnung. Die Förderprogramme von Bund und Land sagen ja, Stadt, werde aktiv. Wir sind das in Schweinfurt nicht. Wohnungen bauen dauert natürlich, deswegen müssen wir jetzt etwas tun. Beispiel Arbeit, wir erleben große Veränderungen auch für unsere Betriebe. Diese müssen sozial, ökologisch und demokratisch sein. Wir müssen jetzt anpacken und brauchen viele Schritte, über die wir reden und lernen. Und natürlich müssen wir als Stadt der vorbildlichste Arbeitgeber sein.
Eder: Ja, natürlich (lächelt). Ich mag Menschen, das ist denke ich das Wichtigste. Oberbürgermeisterinnen müssen in der Stadt unterwegs sein, sich nicht in der Amtsstube verkriechen und nur zu gewissen Anlässen herauskommen. Es müssen Entscheidungen getroffen und nicht dauernd abgewogen, Studien eingeholt und verschoben werden. Dazu braucht es Mut, voran zu gehen. Das Schlimmste, was im Leben passieren kann, ist nicht zu entscheiden. Solidarisch: Klar, wer in der SPD ist und in der Gewerkschaft, weiß, dass es nur gemeinsam geht. Ich bin überzeugt, das sind Charaktereigenschaften, die passen.
Eder: Die SPD ist eine alte Tante, aber ich glaube zutiefst an die Kraft der SPD. Die Grundwerte, warum wir vor 157 Jahren gegründet wurden, sind genau diejenigen, warum es uns jetzt auch braucht. Nehmen wir das Thema Arbeit: Wir wurden gegründet, damit es den Menschen, die arbeiten, besser geht. Wenn sich niemand darum kümmert, wie Arbeit in Zukunft aussieht, haben wir Solo-Selbstständige. Wir erleben eine Spaltung der Gesellschaft, ob es eine liberale Gesellschaft ist oder eine abgeschottete in nationalen Grenzen. Kern des Übels aber ist die Verteilungsfrage, das war immer SPD-Thema. Wenn zu viele Menschen zu wenig haben, dann kann es einer Gesellschaft nicht gut gehen. Uns braucht es, auch wenn uns die letzten Wahlergebnisse ins Herz getroffen haben. Die SPD als starke Kraft, das ist nie eine alte Tante, sondern immer ein modernes Thema. Das haben wir gerade in Hamburg bewiesen. So kann es weitergehen.
Eder: Wir decken auch mit unserer Stadtratsliste die gesellschaftliche Mitte ab, aber mit der klaren Aussage, dass wir eine starke Stadt, einen starken Sozialstaat für Daseinsvorsorge brauchen. Das Gegenmodell ist zu sagen, wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht. Das sind wir definitiv nicht.
Eder: Wir wollen und müssen unseren Verkehrsraum neu aufteilen. Wir wollen mehr ÖPNV. Wir haben das Problem, dass die Busse zu selten, nicht mehr abends und nachts fahren. Die Vernetzung auch mit den Bahnen klappt nicht. Deshalb will ich im ersten Schritt die Taktung verbessern und viel bessere Informationsmöglichkeiten anbieten, wie wir in Schweinfurt mit dem Bus unterwegs sein können. Dazu brauchen wir auch einen zweiten Busbahnhof am Bahnhof, um von dort besser in alle Stadtteile zu kommen. Ansonsten wird das auch nichts mit der „Industriebuslinie“.
Eder: Eins ist für mich klar: Busfahren muss für alle bezahlbar sein. Deshalb geht es im ersten Schritt um die Schüler. Denn Bildungsabschlüsse dürfen nicht vom Ticketpreis abhängig sein. Dies gilt natürlich auch für Studierende und Azubis. Ebenso um die Rentner, die tendenziell ihr Auto abgeben und weiter mobil sein wollen und sollen, auch wenn die Rente klein ist. Deshalb will ich in den ÖPNV investieren. Wir geben viele Millionen für Parkhäuser aus, da ist es nur gerecht dies auch für unsere Busse zu tun. Und übrigens kann der neue Verkehrsverbund Fördermittel beantragen. Die CSU/FW-Koalition hat zumindest in der Staatsregierung schon erkannt, dass es Investitionen braucht.
Eder: Ja, sicher, unser Klima hat Notstand. Aus Schweinfurt heraus werden wir das Monsterproblem der Menschheit alleine nicht lösen, aber natürlich müssen wir hier anpacken. Beim Thema „Frisch Luft atmen“ geht es mir auch darum, wie es uns hier geht. Ich glaube daran, dass wir in der Innenstadt Begegnungsstätten brauchen, der Verkehr gehört dazu, das Fahrrad. Schweinfurt ist Mobilitätsstadt, die sich verändern wird. Natürlich passierte auch unter Gudrun Grieser etwas, aber wir als SPD können schon auf unsere Oberbürgermeister verweisen, als die Parks in Schweinfurt angelegt wurden, damit die Stadt durchlüftet ist. Auch die „Schwammstadt“ ist wichtig, denn wenn man sich die Regenmengen in Unterfranken anschaut, haben wir ein Wasserproblem, um das wir uns jetzt kümmern müssen. Wenn man wahnsinnig viel versiegelt hat, ist das Wasser weg oder steht im schlimmsten Fall in den Kellern der Häuser.
Eder: Ich fand es gut, dass er bei der Feier zum zehnjährigen Jubiläum von Schweinfurt ist bunt sagte, er werde mit der AfD nicht zusammenarbeiten. Nach der Thüringen-Wahl war Markus Söder der erste aus der Union und wirklich stark, auch wenn wir wissen, welche Vorgeschichte die CSU hat und welche Begrifflichkeiten sie in die Welt gesetzt hat. Ich hätte mir aber gewünscht, dass, als die AfD Schweinfurt ihre Listenkandidaten veröffentlichte und offen ließ, ob sie Sebastian Remelé unterstützen würde, der OB sagt, darüber braucht man nicht nachdenken, Euch wollen wir nicht. Diese Reaktion gab es nicht, das fand ich persönlich schade.
Eder: Wir unterstützen es mit Leidenschaft.
Eder: Dann muss man die Fördergelder beantragen, in Grund und Boden investieren, was der Eigenanteil der Stadt bei den Fördergeldern wäre. Wir müssen nachverdichten in der Stadt, wollen die Wohnungen über die Stadt verteilen, auch auf den neuen Konversionsflächen. Sozialer Wohnungsbau ist nicht nur für die Menschen mit geringem Einkommen, sondern insgesamt wichtig für den Wohnungsmarkt und den Mietpreisspiegel in der Stadt.
Eder: Das einzige, was uns an der Bewerbung zur Landesgartenschau gefallen hat, waren die sogenannten Trittsteine. Denn eine Landesgartenschau muss eine Stadt nach vorne bringen. Da passiert jetzt aber nichts. Die Maxbrücke soll erst nach 2026 saniert werden, wenn sie solange hält. Beim Schelmsrasen sind wir keinen Millimeter weiter, was passiert am Schuttberg? Wenn man sich die LGS-Flächen in der Ledward Kaserne anschaut, sind sie wegen der Fördermittel sehr lange gebunden, doch was ist mit der Entwicklung der Fachhochschule? Die Frage ist auch, wie groß das Interesse der Schweinfurter ist. Ich nehme nicht wahr, dass die Bürger dahinter stehen, da braucht es noch einmal den Dialog, denn es soll ja auch ihre Landesgartenschau werden. Deshalb habe ich große Sympathie für den Vorschlag des BN, Infomöglichkeiten und Co. ins Zentrum zu bringen.
Eder: Ich will Menschen treffen können, am liebsten unter schattigen Bäumen. Ich denke, Treffpunkte und Erholungsoasen sind wichtig. Ich bin überzeugt, Menschen kommen in die Stadt, wenn sie einen Mehrwert haben und wenn sie einfach und schnell in die Innenstadt kommen. Da sind wir beim Ausbau der Radwege und auch mehr Infos beispielsweise am Mainradweg. Ebenso brauchen wir Abstell- und Lademöglichkeiten für die Räder und besseren ÖPNV. Die Stadt kann konkret was tun. Das haben wir als SPD auch die letzten Jahre beantragt. Verkaufsflächen können zu Wohnflächen umgewandelt werden, und Gründer können wir mit dem Wittich-Konzept helfen. Sprich, die Stadt unterstützt gute Ideen bei der Miete und berät die Gründer. Zudem will ich, dass Schweinfurt zum Schaufenster der heimischen Produkte wird, so können wir auch Kunden in die Stadt holen.
Eder: Ich wäre gerne Gastgeberin. Bei der Industrie finde ich es extrem wichtig, dass wir einen regionalen Industriedialog haben. Das Thema Wasserstoff finde ich zum Beispiel sehr spannend, bei Bussen, Lastwagen. Aber es muss eine Richtung haben: die Arbeitgeber einladen, die Betriebsräte, die Jugendvertretungen, die Gewerkschaften. Wir müssen zuhören, die Stadt muss die Infrastruktur liefern zum Beispiel bei der Digitalisierung.
Eder: Am wichtigsten ist, dass die Stadt Vorbild ist. Wir sollten Leistungen der Stadt nur an Unternehmen vergeben, die tarifgebunden sind. Welche Tarifbindung haben wir bei der Stadt und ihren Töchtern? Die Stadtverwaltung muss sich außerdem auch fit machen als Arbeitgeber. Wir sind sicher auch als Stadt im Wettbewerb, die besten Köpfe zu bekommen.
Eder: Ich hoffe, dass die Innenstadt voller Leben ist. Der erste Schritt wäre, ein neues Konzept für das Friederike-Schäfer-Heim umzusetzen. Diesen Koloss, der den Martin-Luther-Platz verschandelt, braucht niemand. Er ist für die Bewohner ein Chaos und für die Arbeitnehmer auch. Wir setzen auf eine kleinteiligere Lösung und verschiedene Wohnformen in der Innenstadt. Als nächstes keine sachgrundlosen Befristungen mehr beim Arbeitgeber Stadt und dann möchte ich schon bis Sommer den ersten Industriedialog ins Leben rufen.
Eder: Ich freue mich, dass mich mit der SPD und der Linken zwei Parteien unterstützen. Eine Frau im Rathaus, die anpacken will, würde der Stadt gut tun.
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- Alle Informationen rund um die Kommunalwahl finden Sie unter www.mainpost.de/wahlen
- Eine Grafik mit Links zu den bisher erschienenen Bürgermeister-Kandidaten-Porträts finden Sie hier.
Und Frau Eder macht mir einen offenen Eindruck was das Mitspracherecht der Bürger zu vielen Themen betrifft. Das fehlt zur Zeit ja gänzlich.
Die SPD sprach sich im Stadtrat einstimmig gegen die Landesgartenschau aus! Deshalb sollte sie zur Kommunalwahl bei ihrem NEIN zur LGS bleiben. Diese Wahl würde dann jeder verstehen. Im Ggs. zum komplizierten Bürgerentscheid, mit vielen ungültigen Stimmen, weshalb das Quorum nicht erreicht wurde und alleine deshalb der mehrheitliche Bürgerwille kontra LGS nicht zum tragen kam!
Trotz Stadtratsbeschluss pro LGS wäre eine erneute Abstimmung nach der Wahl im neuen Stadtrat zulässig. Da sich seitdem die Umstände stark verändert haben. Die LGS wurde inzwischen zum Bremsklotz für Stadtentwicklung & Bauverwaltung, die seitdem von immer mehr zusätzlichen, wichtigen Aufgaben überschüttet wurde, für die sie aber nach Aussage von OB Remelé & Baureferent Brettin zu wenig Personal hat.