Das Café Vorndran war der "Lieblingsort", an dem sich Grünen-OB-Kandidat Holger Laschka zum Interview treffen wollte. Für den Ur-Schweinfurter einer der Orte seiner Jugend, wo er sich heute noch gerne mit Freunden und politischen Weggefährten trifft. Im Interview ist er gut vorbereitet, erzählt gut gelaunt über seine Ziele, warum er Oberbürgermeister werden möchte und zeigt, dass seine Partei viel mehr Themen als "nur" den Klimaschutz hat.
Holger Laschka: Ich hatte die Schweinfurter Grünen gefragt, wie sie sich insgesamt aufstellen wollen bei der Kommunalwahl. Mir wurde signalisiert, dass sie für den Landkreis den amtierenden Landrat Florian Töpper gerne wieder unterstützen wollen und es zum damaligen Zeitpunkt für Schweinfurt noch keine Lösung gab. Die Grünen waren bei der Landtags- und Europawahl zweitstärkste Kraft in Bayern. Es steht uns gut zu Gesicht, eine eigene Kandidatur aufzubieten und ich habe mich gerne zur Verfügung gestellt. Die Resonanz im grünen Milieu war sehr gut, seither erfahre ich auch in der Stadtgesellschaft viel Zuspruch
Laschka: Ich habe mir eine Bahncard-100 gekauft, habe in München eine Zweitwohnung, wenn ich von Montag bis Freitag dort arbeite. Am Wochenende bin ich immer in Schweinfurt, unter der Woche auch immer wieder. In den nächsten Wochen bis zur Wahl bin ich dauernd in Schweinfurt.
Laschka: Schweinfurt hat sich einfach nicht weiterentwickelt, das haben viele Parteien erkannt. Auch in der CSU gibt es ja einige die sagen, das zentrale System, alles „dieselt“ in die Innenstadt zum Roßmarkt, ist nicht mehr zeitgemäß. Wir haben viel Nachfrage nach Querverkehren, die wir mit dem jetzigen System gar nicht abbilden können. Wir möchten das mit einem Ringbus- oder Ringbahnsystem machen. Das ist ein realistischer Ansatz, es gibt auch kleinere Städte als Schweinfurt, die über Stadt-Trambahnen nachdenken. Wenn man weiß, dass man eine solche Infrastruktur einmal baut, sie über 30 Jahre abschreibt, aber 50 Jahre nutzt, dann rechnet sich das durchaus. Auch ein Bus, der auf der Straße fährt, richtet Schäden an der Straße an, was man einbeziehen muss in die Kalkulationen. Für uns ist ÖPNV nicht nur eine Frage von Bus, Bahn, Auto, wir nehmen ganz stark auch die Fahrräder in den Blick. Ich habe das kommunale Klimaschutzkonzept Schweinfurts von 2015 dabei. Da steht, wir wollen in Schweinfurt ein E-Bike-Leihsystem aufbauen, über eine kommunale App solche Verkehre und Mitfahrgelegenheiten organisieren. Das ist aber bisher nicht angepackt worden. Wir sehen die Mobilität so, dass Bus, Bahn, sicherer Fahrradverkehr dazu gehören und die Fußgänger ihren Raum haben müssen. Wir wollen, dass es Leih- und Sharing-Systeme gibt für Fahrräder, E-Autos und gerne auch für E-Scooter, wenn sie sich in den Verkehr einpassen.
Laschka: Ein Tram-System kostet zehn bis 15 Millionen Euro pro Kilometer und ist nachhaltiger, akzeptierter Öffentlicher Nahverkehr. Man muss wissen, dass der Bund für den vierspurigen Ausbau der B286 45 Millionen Euro für wenige Kilometer ausgab. Für den Bau einer Trambahn gibt es bis zu 80 Prozent Förderung, wenn man hier Schienen- und Oberleitungsinfrastruktur schafft.
Laschka: Rund neun als Ringbahnsystem, das vom Hauptbahnhof über das Stadion, die Niederwerrner Straße entlang am Marienbachzentrum die Stadt umrundet und über das Museum Georg Schäfer und die Stadtgalerie wieder am Hauptbahnhof ankommt. Das ist ein System, an das unsere Buslinien gut andocken können und das zusätzlich viele Verkehrsbedarfe abbildet. Die Menschen wollen nicht zum Roßmarkt und wieder rausfahren, sie wollen direkt in ihre Stadtteile. Wir haben ja auch einige neue Stadtteile, die so optimal angebunden wären.
Laschka: Für mich ist primär, ob wir einen guten ÖPNV haben. Wenn das so ist, kann er auch etwas kosten, denn die Fahrer sollen ja auch ordentlich bezahlt werden, und die Menschen fahren ja auch nicht umsonst mit ihrem Auto nach Schweinfurt. Ein ÖPNV, der in einem Verkehrsverbund gut organisiert ist und ein Angebot hat, das gut angenommen wird, hat mehr Fahrgäste und mehr Ertrag. Dann können wir über ein vom Freistaat mitfinanziertes 365-Euro-Ticket in einem richtig gut organisierten ÖPNV reden. Das ist sozial und umweltgerecht.
Laschka: Die Grünen-Stadträte haben den Antrag eingebracht, dafür gab es keine Mehrheit. Bei der Debatte hat Thomas Schmitt gesagt, dass es die Notwendigkeit für das Ausrufen des Klimanotstandes gibt. Das sehe ich auch so. Vor allem sehe ich die Notwendigkeit, dass wir sämtliches politisches Handeln in Schweinfurt daran messen, ob es klimagerecht ist oder nicht. Klimaschutz ist die große Gerechtigkeitsfrage, denn es geht um den Ausgleich zwischen der Generation, die jetzt hier lebt, und unseren Enkeln und Urenkel. Die künftigen Generationen haben ein Recht, dass wir ihre Lebensgrundlagen schützen und ihnen die Erde, so weit das noch möglich ist, so hinterlassen, dass sie hier noch gut leben können. Aus meiner Sicht ist das auch der große Unterschied zwischen den Grünen und den anderen Parteien. Auf der einen Seite gibt es Beharrungskräfte in der CSU, die sagen, man muss es erstmal mit wirtschaftlichen Fragen abklären. Ich sage, zwischen Wirtschaft und Klimaschutz gehört ein „und“ und kein „oder“, das muss ein Teil der CSU noch lernen. Auf der anderen Seite gibt es die linken Kräfte, die sagen, Klimaschutz muss mit dem Sozialen abgeglichen werden. Ich sage, Klimaschutz ist sozial. Es geht um den sozialen Ausgleich zwischen der jetzigen und der künftigen Generation. Wir haben einen Schaden angerichtet, den wir wiedergutmachen müssen.
Laschka: Wir sehen uns als Bündnispartei, wir sind eine Partei der Mitte, in Schweinfurt mehr als in anderen Städten. Wir haben Schnittmengen zur CSU, zu den Freien, zur SPD und zur Linken. In Schweinfurt gibt es eine konservativer als der Ministerpräsident Söder aufgestellte CSU und eine linker aufgestellte SPD, die zusammen mit den Linken Wahlkampf macht. In der Mitte gibt es einen großen Raum für einen grünen, fortschrittlichen Kandidaten und das bin ich.
Laschka: Selbstverständlich. Ich habe mir auf die Fahnen geschrieben, als OB oder als Stadtrat die Stadtwerke zu „beackern“. Ich möchte dort in den Aufsichtsrat. Sie müssten der Betrieb sein, der im Bereich Mobilität, Energiewende und Klimaschutz innovativ ist. Die Stadtwerke liegen da aber – politisch gewollt vom Aufsichtsratschef Oberbürgermeister Sebastian Remelé – im Tiefschlaf. Das möchte ich ändern.
Laschka: Wenn einerseits der CSU-Vorsitzende Söder sagt, mit der AfD trinken wir nicht mal einen Kaffee, und dann geht die CSU-Bürgermeisterin zur Eröffnung des AfD-Wahlkreisbüros, passt das nicht zusammen. Das habe ich damals kritisiert. Ich erlebte danach aber eine zerknirschte Bürgermeisterin und auch eine zerknirschte CSU, die nach außen aber sagte, es war ein offizieller Termin, da müsse man bei demokratisch gewählten Parteien darauf achten, dass wir alle gleich behandeln. Ich glaube, heute würde Frau Lippert nicht mehr dahin gehen. Auch in der CSU weiß man heute, dass man mit Anti-Demokraten und Rassisten keine gemeinsame Sache macht.
Laschka: Ich glaube Ja. Es gibt in Schweinfurt das Phänomen, dass man sagt, mit dem AfD-Stadtrat Richard Graupner als Mensch könne man klar kommen. Ich erlebe ihn im Landtag als einen Hardliner, seine Reden sind zum Fürchten. Er hat ganz klare Bezüge zu Björn Höcke und zum „Flügel“ der AfD. Im bayerischen Landtag gehört er zu den Ultrarechten in der eh schon rechten AfD-Fraktion. Das ist für mich der Gradmesser, nicht ob er auf der Straße freundlich Hallo sagt.
Laschka: Wir unterstützen es, haben schon Stände organisiert und Unterschriften gesammelt. Ich finde, Schweinfurt braucht neue Sozialwohnungen. Wenn man sieht, wie viele Sozialwohnungen die SWG jetzt schon in Bellevue neu baut, denke ich, dass es möglich ist, bis 2026 600 Sozialwohnungen zu bauen. Ich glaube, das ist wichtiger, als dass wir unsere letzten verbliebenen Grundstücke in Schweinfurt opfern, damit Menschen Häuser in weitläufige Grundstücke stellen können. Gerade in dieser Stadt ist das Problem, dass wir wenig Platz haben, deswegen sollten wir im Geschosswohnungsbau attraktive Wohnungen schaffen.
Laschka: Gratis gibt es sozialen Wohnraum nicht. Die Zahlen von Sebastian Remelé mit 180 bis 200 Millionen Euro Investition sind aber sehr pessimistisch gerechnet. Wir hätten, wenn die Stadt in den sozialen Wohnungsbau einsteigt, 30 Prozent als Zuschuss, weitere 60 Prozent der Kosten als Null-Prozent-Darlehen. Bliebe tatsächlich zehn Prozent der Bausumme als Investition der Stadt. Wohnraum ist ein Langfristprojekt, wir haben 30 Jahre Nutzung mit Mietpreisbindung. Danach haben wir ja keine Barracken da stehen, sondern nach dem heutigen Standard gebaute Wohnungen, die den Menschen zu günstigeren Mietkonditionen zur Verfügung stehen als ohne verfügbaren Sozialwohnungsbestand.
Laschka: Das ist eine große Chance für die Stadt und die Garten- und Landschaftsbaubranche. In den letzten Jahren gab es immer weniger Akzeptanz für Landesgartenschauen und die Bundesgartenschau. Die Menschen sagten, was nützt uns ein schöner Park auf einer Konversionsfläche oder eine futuristische Einrichtung, was steckt für uns drin? Wenn man eine Landesgartenschau richtig machen will, dann nimmt man die ganze Stadt in den Blick.
Laschka: Ja. Man muss sagen, die Landesgartenschau ist dafür da, die Stadt klimafest zu machen. Ich möchte wirklich überall Grün in die Stadt bringen und die LGS in Schweinfurt zur Blaupause für ähnliche Städte mit gleichen Problemen, mit immer heißeren Sommern und immer trockeneren Jahren, machen. Wir müssen den Menschen frisches Durchschnaufen ermöglichen. Da können Landesgartenschauen helfen, wenn sie anders konzipiert sind als bisher und man sie als Chance für die ganze Stadt begreift.
Laschka: Wir wollen, dass die Inhaber der Häuser in der Innenstadt Gewerbeeinheiten in den oberen Stockwerken in Wohnraum umwandeln und die Stellplatzablöse behalten können, um im Fall eines anderen Bedarfs es wieder zurückzuverwandeln. Wir wollen innovative Konzepte, zum Beispiel mit großen Filialisten über Pop-Up-Stores zu reden, die viel Frequenz in die Stadt bringen. Wir wollen aber vor allem, dass Denkbarrieren abgebaut werden. Gute Vorschläge sollten eine Chance haben, egal wo sie geboren werden.
Laschka: Wir müssen als Stadt unsere Hausaufgaben machen und gute Wohnangebote, beste Bildung, attraktive Freizeit- und Kulturangebote schaffen. Dann sind wir attraktiv für zuziehende, hochqualifizierte Arbeitskräfte, die den Transformationsprozess unserer Industrie erfolgreich bewältigen werden.
Laschka: Ich möchte hohe Hürden für nichtöffentliche Sitzungen haben. Ich möchte nicht, dass die Verwaltung bei jedem Pippifax-Thema sagt, das machen wir nichtöffentlich und danach ist große Geheimniskrämerei. Und ich möchte Transparenz im Vorfeld von Entscheidungen. Ich empfand die Debatte um die Sportförderrichtlinien als unwürdig, auch wie man einen Teil der Vereine einband, einen anderen Teil ausschaltete und vor allem die Sportjugend nicht dazu zog. Entscheidungen, in denen es um öffentliche Mittel oder Güter wie unser Trinkwasser geht, müssen öffentlich und nachvollziehbar getroffen werden. Die Menschen sollen wissen, was in den Verwaltungszimmern und im Sitzungssaal passiert.
Laschka: Ich möchte, dass wir strukturell im Stadtrat andere Mehrheiten bekommen. Ich finde es wichtig, dass die CSU nicht mehr mit einer Stimme, die sie sich bei der FDP oder sonstwo holt, Entscheidungen treffen kann, die ein breiter Teil der Stadtgesellschaft ablehnt. Ich möchte, dass um gute Lösungen im Stadtrat gerungen werden muss. Und, dass alle gesellschaftlichen Gruppen an wichtigen Entscheidungen angemessen beteiligt sind.
Laschka: Ich bin ein Ur-Schweinfurter, hier geboren und aufgewachsen, habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, den ich immer gepflegt habe. Ich habe reichhaltige Lebenserfahrung, kenne die Industrie als gelernter Industriekaufmann bei SKF von innen, war hier Journalist, war Unternehmer mit einem Computerfachhandel, war städtischer Internetprovider. Ich habe ein bisschen mehr gesehen als eine Kanzlei von innen. Ich würde mich freuen, wenn ich meine Kenntnisse, wie man eine Stadt nach vorne bringt, in den Dienst der Schweinfurter stellen könnte.
- Lesen Sie auch das Kandidaten-Porträt von Sebastian Remelè
- Lesen Sie auch das Kandidaten-Porträt von Marietta Eder
- Eine Grafik mit Links zu den bisher erschienenen Bürgermeister-Kandidaten-Porträts finden Sie hier.
- Alle Informationen rund um die Kommunalwahl finden Sie unter www.mainpost.de/wahlen
Wie soll das gehen, da die Stadt derzeit kein einziges Baugrundstück für junge Familien anbieten kann? Und die Grünen ständig NEIN sagen (aus reinem Dogmatismus) zu den möglichen neuen EFH-Baugebieten Pfannäcker & Mönchskutte! Die so nahe an Innenstadt & zehntausenden von Arbeitsplätzen lägen, wie keine anderen Neubaugebiete in der ganzen Region!
Solche Baugebiete haben einen langen Planungsvorlauf. Wenn man das sofort angeht (was auch die CSU nicht will) dauert es noch Jahre, bis erste EFH-Grundstücke an junge Familien und hochqualifizierte Arbeitskräfte verkauft werden können. In einer heute schon überalterten Stadt!
In München kann kaum noch jemand ein EFH bauen. Stadtrat Wiederer (FDP) monierte bereits in der MP, dass SW ohne Not diesen großen Vorteil aufgibt.