Dreieinhalb Stunden Diskussion über Themen der Stadtpolitik – zum Schluss sind nicht nur die drei OB-Kandidaten Sebastian Remelé (CSU), Marietta Eder (SPD) und Holger Laschka (Grüne) geschafft. Die Moderatoren, die Tagblatt-Redakteure Oliver Schikora und Josef Schäfer, steigen leicht erschöpft von der Bühne des Evangelischen Gemeindehauses, und auch das Publikum freut sich nach dem langen Sitzen auf frische Luft. Einige Zuhörer sind in der Pause nach gut eineinhalb Stunden gegangen.
Das hat zwar sicher gereicht, um einen Eindruck von den dreien zu bekommen, die sich am 15. März zur Wahl als Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin stellen. Aber wer bis zum Schluss geblieben ist, hat eine sachliche, faire Diskussion erlebt. Er hat drei Menschen mit verschiedenen Ideen, Schwerpunkten, Überzeugungen gesehen. Drei Menschen, die diesen Job haben wollen. Er hat überzeugte, leidenschaftliche, kämpferische Momente erlebt.
Amtsinhaber Sebastian Remelé setzt auf den Amtsbonus, das bislang Erreichte. Marietta Eder und Holger Laschka sprechen lieber von der Zukunft. Für Eder ist es wichtig, wie die Stadt als Gemeinwesen sein soll. Wie die Menschen bezahlt werden, was sie brauchen, welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind. Holger Laschka ist da in vielen Dingen nicht weit weg von ihr. Seine Zukunftsvorstellungen setzen auch auf Klimaschutz. Auf besseren ÖPNV, auf eine Ringbahn – in Form einer Straßenbahn zum Beispiel.
Die Zuhörer können aber noch etwas anderes mitnehmen als nur ein Gefühl für die Kandidaten. Ob der Abend nun die Bestätigung einer bereits getroffenen Wahlentscheidung gebracht hat oder vielleicht den Gedanken, diesmal jemanden anderes zu wählen: Die Diskussion zeigt vor allem, dass Kommunalpolitik wirklich jeden einzelnen betrifft. Und dass es es sich lohnt, sich mit den verschiedenen Vorstellungen auseinanderzusetzen und dann auch zur Wahl zu gehen.
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Wofür die drei und auch ihre Parteien stehen, zeigt sich gut an drei Themen: Arbeit, Wohnen, Verkehr/Innenstadtbelebung.
Die Kandidaten und der Komplex Arbeit
Eine kleine Delegation der Leo-Service-Gesellschaft sitzt mit Protestplakaten im Publikum. "Unsere Arbeit ist mehr wert", steht darauf. Wer hier arbeitet, wird nicht nach Tarif bezahlt.
Die Betriebsratsvorsitzende fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Sebastian Remelé erklärt, warum kein Tarif gezahlt werde: Personalkosten seien ein großer Posten, der Gewinn im Leo sei in den letzen drei Jahren geschmolzen "wie Schnee in der Sonne". Rutsche das Leo in die Miesen, halte man das nicht lange durch. Es gelte aber zu vermeiden, dass die Klinik an einen Großkonzern gehe.
Für Marietta Eder hingegen steht eines fest: Die Stadt soll als Arbeitgeber Vorbild sein, ihre Leute tarifgerecht bezahlen. Bei einem Krankenhaus solle außerdem das Gemeinwohl im Fokus stehen, nicht der Gewinn. Das sieht Holger Laschka genauso: "Eine Tochtergesellschaft sollte nicht auf Kosten der Beschäftigten Gewinn machen", sagt er.
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Die Kandidaten und das Thema Wohnraum
Stimmung kommt beim Thema bezahlbarer Wohnraum auf. Das ist keine Überraschung. Das Thema beschäftigt. Grüne und SPD, Laschka und Eder, unterstützen das Bürgerbegehren "Bezahlbar wohnen in Schweinfurt". Remelé und die CSU hingegen sehen keine Wohnungsnot. "Der Begriff ist überzeichnet", sagt Remelé. Es gebe einen großen Bestand an Wohnungen, auch an Sozialwohnungen. "Wir haben hier den niedrigsten Mietzins. Wir können allen sozialen Schichten in der Stadt ein adäquates Wohnangebot bieten: Das verspreche ich."
Marietta Eder sieht das anders: Der Mietpreis in Schweinfurt habe sich in den letzen 15 Jahren um 34 Prozent erhöht. Man brauche Wohnungen. Die Stadt solle selbst zum Akteur werden, Grundstücke kaufen. Wie es in den Stadtteilen aussehe, das sei der SPD, Mitglied im Bündnis für Wohnungsbau, wichtig. "Es geht um unsere Zukunft." Jeder und jede solle ein Dach über dem Kopf haben.
"Statistik ist das eine, Realität das andere", sagt Holger Laschka. Viele Wohnungen der Stadt- und Wohnbau GmbH (SWG) seien in keinem guten Zustand. Auch seien die Energiekosten oft sehr hoch, Bäder veraltet. Alleinerziehende Mütter hätten es schwer, eine Wohnung zu finden. "Das kann uns nicht egal sein." Remelé bricht eine Lanze für die SWG: Die Wohnungen seien in gutem Zustand. Die Hauptaufgabe der SWG sei außerdem Instandsetzung, nicht Neubau.
Die Kandidaten und das Thema Verkehr/Innenstadtbelebung
Holger Laschka und Marietta Eder fordern beim ÖPNV eine bessere Taktung, außerdem einen zweiten Busbahnhof. "Der Nahverkehr muss sich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen, nicht umgekehrt", so Marietta Eder: "Wenn Sie günstig Bus fahren wollen, unterstützen Sie mich und die SPD. Bei den anderen wird es teuer." Remelé dazu: "Vertrauen Sie keinem, der Ihnen etwas kostenlos verspricht." Er ist wie Laschka der Meinung, der ÖPNV sollte nicht umsonst sein. Man müsse aber die Vernetzung mit dem Landkreis optimieren. Und dann die Region zu einem Tarifverbund zusammenführen. "Ein Ticket für Mainfranken, vom Kreuzberg über Schweinfurt nach Würzburg." Daran werde mit Hochdruck gearbeitet.
Remelé will die Innenstadt auch durch Parkplatz-Angebote bereichern. Eder und Laschka setzen eher auf einen verbesserten ÖPNV und Fahrradfreundlichkeit. Beide sind dafür, die Plätze der Stadt zu beleben, sie grüner werden zu lassen. Eder schlägt vor, leerstehende Geschäfte in Wohnungen zu verwandeln.
Lange wird auch über ein Thema diskutiert, das eigentlich entschieden ist: Der Neubau des Friederike-Schäfer-Heims am Martin-Luther-Platz. Es sieht so aus, als wäre das Thema doch noch nicht durch, obwohl der aktuelle Stadtrat schon viermal drüber abgestimmt hat. Laschka und Eder halten den Platz vor St. Johannis, da, wo derzeit noch der Friedrich-Rückert-Bau steht, der abgerissen werden soll, für nicht geeignet. Und würden nach der Wahl gerne nochmal drüber reden.