In Unterfranken geht die Zahl der in staatlichen Unterkünften untergebrachten Asylbewerber weiter zurück. Laut der Regierung von Unterfranken lebten Anfang Januar noch 5040 Menschen in den Einrichtungen, vor einem Jahr waren es noch rund 6300, Anfang 2017 sogar mehr als 11 000. Gleichzeitig gestalten sich Abschiebungen weiter problematisch.
So wurden 2019 aus Unterfranken zwar insgesamt 281 Menschen in ihre Heimatländer abgeschoben oder in ein anderes EU-Land überstellt – knapp 100 mehr als im Vorjahr. Allerdings konnten erneut zahlreiche geplante Abschiebungen nicht stattfinden: Insgesamt hätten aus der Region nämlich 1236 Asylbewerber das Land verlassen sollen. Damit konnten wie schon 2018 nur rund 22 Prozent der von der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) bereits organisierten Abschiebungen auch vollzogen werden. Die meisten durchgeführten Abschiebungen betrafen Menschen aus Somalia (53 Personen), Armenien (51) und der Ukraine (42). 39 Personen wurden nach Afghanistan abgeschoben. 322 Personen seien "nach Beratung und gegebenenfalls mit staatlicher Unterstützung freiwillig ausgereist".
Schweinfurter Polizei am Limit
Noch geringer fällt die Abschiebequote für den Raum Schweinfurt aus, wo das Ankerzentrum Mitte des Jahres aus den Ledward-Barracks in der Stadt in die Conn-Barracks in den Landkreis gezogen ist: Laut Informationen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) wurden dort im vergangenen Jahr nur rund zwölf Prozent der Abschiebungen durchgeführt. "2018 waren es noch 17 Prozent", wie der unterfränkische DPolG-Vorsitzende Thorsten Grimm im Gespräch mit der Redaktion erklärt.
Unterdessen sei die personelle Belastung für die Polizei, der in Unterfranken "ohnehin Personal fehlt", durch Abschiebungen hoch, klagt Grimm. Eine Abschiebung – von der bürokratischen Vorbereitung bis hin zur Übergabe des Asylbewerbers an die Bundespolizei am Flughafen – kostet die hiesige Polizei laut dem Gewerkschaftschef im Schnitt 1990 Minuten Arbeitszeit. Ohne Transport 740 Minuten.
Warum Abschiebungen scheitern
"Beide Szenarien bedeuten einen enormen Zeit- und damit Personalaufwand", sagt Grimm. Wegen des Ankerzentrums seien vor allem seine Kollegen in Schweinfurt betroffen. So hätten 2019 allein Schweinfurter Polizisten 600 Abschiebungen durchführen sollen, 2018 seien es noch rund 340 gewesen.
Laut der Regierung von Unterfranken scheitern Abschiebungen oder sogenannte Rücküberstellungen überwiegend am Widerstand der Asylbewerber (229 Fälle im Jahr 2019) oder weil sie von den Polizeibeamten, die die Abschiebung durchführen sollen, nicht angetroffen werden (195 Fälle). Damit bestätigt die Regierung Grimms Eindruck. Häufig können Abschiebungen nicht stattfinden, da "Abzuschiebende nicht angetroffen werden, weil ein Großteil der Termine angekündigt wird", sagt er.
Werden Abschiebungen angekündigt?
Wie das bayerische Innenministerium auf Nachfrage betont, verbiete das Aufenthaltsgesetz eine Ankündigung des Abschiebungstermins ausdrücklich. "Leider machen verschiedene Akteure trotzdem Sammelabschiebungen immer wieder vorher in der Öffentlichkeit bekannt." Das führe dazu, dass sich "Ausreisepflichte dem Zugriff der Polizei durch Untertauchen entziehen können". Haben die Ausländerbehörden im Vorfeld Hinweise auf solche Pläne, "beantragen sie konsequent die Abschiebungshaft". Im Vergleich zu anderen Bundesländer stünden in Bayern dafür zahlreiche Haftplätze zur Verfügung: derzeit rund 150. Die Kapazitäten sollen ausgebaut werden: So sei etwa im oberfränkischen Hof eine Einrichtung mit 150 Haftplätzen geplant.
Angekündigt wird laut der Regierung von Unterfranken aber "der erste Versuch einer Rücküberstellung nach der Dublin-Verordnung". Die regelt, welcher Staat für die Bearbeitung eines Asylantrags innerhalb der EU zuständig ist. Bittet ein Flüchtling nicht in dem Staat um Asyl, in dem er die EU erstmals betreten hat, kann er in den Staat der ersten Einreise zurückgeschickt werden. Wird ein Asylbewerber bei einer solchen Rücküberstellung nicht angetroffen, so die Regierung weiter, gelte er als untergetaucht. In Unterfranken seien das derzeit 85 Personen. Wann der zweite Versuch einer Rücküberstellung stattfindet, werde "nicht mehr angekündigt".
Woher die meisten der 281 abgeschobenen Asylbewerber kamen
- Somalia: 53 Personen (51 Dublin-Fälle, das heißt die Asylbewerber wurden in das EU-Land zurückgebracht, in das sie als erstes eingereist sind).
- Armenien: 51 Personen (14 Dublin-Fälle, 37 Abschiebungen ins Heimatland)
- Ukraine: 42 Personen (alle Abschiebungen ins Heimatland)
- Afghanistan: 39 Personen (alle Abschiebungen ins Heimatland)
- Algerien: 19 Personen (vier Dublin-Fälle, 15 Abschiebungen ins Heimatland)
- Nigeria: 14 Personen (elf Dublin-Fälle, drei Abschiebungen ins Heimatland)
Justiz und Polizei an der Belastungsgrenze? Wo sind eigentlich all diejenigen, die 2015, als die Entwicklung völlig aus dem Ruder lief, lautstark gegen eine Obergrenze bei der Aufnahme von Zuwanderern - damals alles "Flüchtlinge" - protestierten?
Ich denke da nicht nur an Frau Merkel und ihre politische Gefolgschaft sondern auch an Kirchenvertreter wie den deutschen Diakoniepräsidenten oder namhafte Kommentatoren in den Medien.
Obergrenze? Geregelter Zuzug im europäischen Rahmen? Wirksame Grenzkontrollen? Alles immer noch kein Thema? Vielleicht sollte auch die Main Post einmal überprüfen, was ihre Mitarbeiter seinerzeit so schrieben.
In den Ankerzentren ist es schon fast normal, dass man nicht in seinem Bett schläft, sondern jeweils mit anderen tauscht. Da hilft nur eins: wer zur Abschiebung nicht angetroffen wird, wird bei der nächsten Geldausgabe festgenommen und kommt in Abschiebehaft um die Abschiebung zu gewährleisten. Nur so wird's gehen