Am 10. Mai sollten eigentlich - mit reichlich Verspätung - die Erschließungsarbeiten im neuen Gerolzhöfer Baugebiet "Am Nützelbach II" starten. Vorbereitenden Arbeiten, unter anderem für die Baustelleneinrichtungen, fanden schon statt. Die ersten schweren Baumaschinen stehen auch schon am Betonweg in Richtung Arlesgarten. Doch nun gibt es eine überraschende Entwicklung: Zu Erdbewegungen auf den Äckern wird es zunächst nicht kommen. Die Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen hat am vergangenen Freitag in einer Pressemitteilung entsprechende Informationen der Main-Post-Redaktion bestätigt.
"Die Erschließungsarbeiten wurden zurückgestellt", heißt es in der kurzen Mitteilung aus der Verwaltungsgemeinschaft. Grund für diese Entscheidung seien "artenschutzrechtliche Belange". Der diensthabende 2. Bürgermeister Erich Servatius, der den in Urlaub weilenden Bürgermeister Thorsten Wozniak derzeit vertritt, kann dazu auf Anfrage Details nennen: Weil sich der Beginn der Tiefbauarbeiten vom Jahresbeginn an etwas verzögert habe, sei man nun zeitlich in die beginnende Brutsaison von Bodenbrütern geraten. Und weil auf dem Areal von "Nützelbach II" möglicherweise Bodenbrüter, wie zum Beispiel die Feldlerche, nisten, können dort momentan keine Trassen freigeschoben werden.
Man plant notgedrungen um
Einen kompletten Baustopp haben die Bodenbrüter allerdings nicht verursacht. Die von der Stadt beauftragte Baufirma Feickert aus Witzleben/Ilm beginnt nun erst einmal mit dem Bau der Versorgungsleitungen für Wasser und Kanal in direkter Nachbarschaft zum "Scarlinoweg". Wasser und Kanal für das neue Baugebiet werden an das bestehende Gebiet "Am Nützelbach I" angedockt. Um das neue Baugebiet am Hang südlich der Seen und seine Vogelwelt möglichst lange ungestört zu lassen, wird mit den Bauarbeiten vom "Scarlinoweg" Schritt für Schritt in Richtung zum Neubaugebiet weitergemacht.
Wann die Arbeiten auf dem eigentlichen Baufeld bei "Am Nützelbach II" starten können, steht laut Verwaltungsgemeinschaft noch nicht fest. "Das wird aber in den nächsten Wochen geklärt," heißt es. Um endgültige Klarheit für den Baubeginn zu schaffen, weiß Bürgermeister Erich Servatius, soll das Baugebiet nach Nestern von Bodenbrütern abgesucht werden.
Eine zähe Angelegenheit
Die Umsetzung des Neubaugebiets war von Anfang an durchaus eine zähe Angelegenheit. Erste lockere Überlegungen, mit einem neuen Baugebiet den Sprung über die Seen in Richtung Süden zu wagen, gab es schon vor mindestens 25 oder 30 Jahren. Der damalige Bürgermeister Hartmut Bräuer (SPD), aber auch die CSU-Fraktion im Stadtrat spielten mit dieser Idee. Richtig konkret wurde es dann erst ab 2013, als es unter Bürgermeister Thorsten Wozniak Überlegungen zur Änderung des Flächennutzungsplans gab. Gleichsam als Ersatz für das dann aufgegebene, seit Anfang der 1980er Jahre angedachte Wohnbaugebiet am "Bischwinder Weg" östlich der B 286, zwischen Kartbahn und Rügshofen, wurde ein Wohngebiet südlich der Nützelbach-Seen angeregt. Der Stadtrat beschloss dies im Juli 2013 bei nur einer Gegenstimme. Danach wurden Unterschriften gesammelt: 544 Personen aus Gerolzhofen und Rügshofen sprachen sich 2014 letztlich erfolglos gegen diese beabsichtigte Änderung des Flächennutzungsplans aus. Man fürchtete eine "Trabantensiedlung" im Süden.
Die Archäologen kamen
Im Februar 2018 hatte der Stadtrat dann beschlossen, das für die Ausweisung des Baulands vorgesehene städtische Grundstück mit einer Gesamtfläche von 4,2 Hektar archäologisch auf Bodenfunde untersuchen zu lassen. In der Folge waren über Monate die Archäologen auf den Äckern zugange. Im April 2019 scheiterte dann ein Bürgerentscheid denkbar knapp am Quorum, der das ganze Baugebiet verhindern sollte. Im Juni 2019 brachte der Stadtrat schließlich den ersten Entwurf eines Bebauungsplan auf den Weg.
Als dann der Bebauungsplan vom Landratsamt schließlich genehmigt worden war, sollte es schnell an den Verkauf der einzelnen Parzellen gehen. Doch auch dazu kam es nicht. Ein ganzes Jahr später, im Juli 2020, diskutierte der Stadtrat noch immer über eine ganze Reihe von Verkaufskonditionen, unter anderem über die Frage, ob der Anschluss an die Kaltwärmeversorgung zwingend vorgeschrieben werden soll.
Erste Grundstücke verkauft
Erst Ende 2020 wurden dann die ersten Grundstücke an Bauwerber verkauft. Die Erschließung des Neubaugebiets sollte, so hieß es damals im Stadtrat, "in wenigen Wochen" im zeitigen Frühjahr 2021 beginnen. Doch auch dieser Start verzögerte sich erneut - mit der Folge, dass jetzt die Brutsaison begonnen hat und die Bauarbeiten auf dem Baufeld wieder nicht starten können.
Laut Bebauungsplan sollen im neuen Gebiet fünf Grundstücke für Mehrfamilienhäuser entstehen. Auf neun Grundstücken können Reihenhäuser gebaut werden. Der Großteil der Flächen, verteilt auf 27 Grundstücke, ist allerdings für Ein- und Zweifamilienhäuser vorgesehen. Der Grundstückspreis liegt zwischen 145 und 175 Euro pro Quadratmeter liegen - je nach Wertigkeit und Lage des Grundstücks. Laut Bürgermeister Thorsten Wozniak gibt es eine sehr hohe Nachfrage nach den Grundstücken.