Die Firma Norma will bekanntlich in Gerolzhofen westlich der Alitzheimer Straße ein Logistikzentrum mit Verwaltung bauen, von dem aus künftig etwa 150 Norma-Filialen gesteuert und mit Waren versorgt werden sollen. An dem neuen 11,8 Hektar umfassenden Betriebssitz werden dem Unternehmen zufolge um die 200 Arbeitsplätze entstehen. Am Montagabend wurde das Großprojekt erneut im Stadtrat behandelt.
Für das Großprojekt ist ein eigener Bebauungsplan notwendig. Der Finanz- und Hauptausschuss des Stadtrats hatte deswegen bereits Anfang Mai die Aufstellung eines Bebauungsplans "Verteilerzentrum Norma" beschlossen. Erstellt hat den Planentwurf das Planungsbüro Bautechnik Kirchner aus Ebenhausen (Lkr. Bad Kissingen). Der erste Entwurf des Bebauungsplans war vom 17. Mai bis 18. Juni öffentlich ausgelegt worden. Vier Privatpersonen und 18 Behörden beziehungsweise Kommunen hatten sich damals während der ersten Auslegung gemeldet und Einwände, Bedenken sowie Hinweise vorgetragen.
Diskussion über zweiten Entwurf
Diese eingegangenen Einwände waren anschließend in den Entwurf eingearbeitet worden. Der Stadtrat hatte dann Mitte Juli das erneute Auslegen des Plans beschlossen. Diese zweite öffentliche Auslegung wurde am 27. August beendet. Am Montagabend wurde der Stadtrat nun über die neu eingegangenen Anregungen unterrichtet. Dabei handelt es sich zumeist um Wiederholungen, die bereits bei der ersten Auslegung vorgebracht worden waren oder um nur geringfügige redaktionelle Ergänzungen.
Neue ergänzende Hinweise hinsichtlich des Arten- und Naturschutzes kamen von der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Unterfranken. Diese Ergänzungen berühren aber weder den Geltungsbereich des Bebauungsplans noch die Grundzüge der Planung.
Eine Nachbarin hatte sich während der zweiten Auslegung erneut schriftlich zu Wort gemeldet. Sie befürchtet Beeinträchtigungen ihres Grundstücks durch Lärm. Diese Befürchtungen seien aber unbegründet, erläuterten die Planer. Ein extra in Auftrag gegebenes Lärmschutz-Gutachten habe keine über Gebühr hohe Lärmbelastung des Grundstücks ergeben.
Höhere Belange der Wirtschaft
Bei der zweiten Auslegung war auch der Bund Naturschutz beteiligt, nachdem der bei der ersten Auslegung nicht zu einer Stellungnahme eingeladen worden war. Die Umweltschutz-Organisation äußert sich grundsätzlich negativ zum Norma-Projekt und verlangt unter anderem eine Verträglichkeitsprüfung hinsichtlich eines FFH-Gebiets (Flora-Fauna-Habitat) in der Nähe. Diese angemahnte Prüfung sei nicht nötig, machte Dieter Heinrich vom Planungsbüro Kirchner am Montagabend deutlich. Denn sämtliche Fachbehörden hätten im Vorfeld signalisiert, dass man auf diese Verträglichkeitsprüfung verzichten könne. Zudem würden im Rahmen des Umweltschutzes ausreichend Ersatz- und Ausgleichsflächen angelegt. Die Abwägung habe hier ergeben, dass die Belange der Wirtschaft höher einzuschätzen seien als die Belange der Umwelt.
Kritik vom Bauernverband
Ohne dazu eingeladen worden zu sein, hat jetzt auch der Bayerische Bauernverband (BBV) bei der zweiten Auslegung eine Stellungnahme abgegeben. Thomas Vizl (Geo-net) fragte kritisch nach, warum der BBV überhaupt nicht geladen war. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei dies nicht nötig gewesen, betonte Dieter Heinrich. Schließlich habe man mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von Anfang an schon die zuständige Fachbehörde mit im Boot. Die eingereichte Stellungnahme des BBV fällt ebenfalls negativ aus. Moniert wird die Vernichtung von wertvollem Ackerland und somit auch ein Verstoß gegen die Nachhaltigkeit.
Thomas Vizl hatte dann noch eine ganze Reihe von Nachfragen. Der Bund Naturschutz (BN) kritisiere, so hat Vizl nachgelesen, dass das Bundesklimagesetz nicht beachtet worden sei. Die Argumentation des BN sei nicht korrekt, antwortete Heinrich. Man habe das Bundesklimagesetz nicht "beachten", sondern lediglich "berücksichtigen" müssen. Und dies sei geschehen.
Suche nach Feldhamster?
Außerdem habe der BN moniert, so Vizl weiter, dass das Baugelände nicht nach Feldhamstern untersucht worden sei. Hier sei bei einer Konferenz von Fachbehörden vorab abgeklärt worden, nach welchen Tierarten vor Baubeginn auf dem Gelände gesucht werden muss, berichtete Heinrich. Die Experten hätten ein Vorkommen von Feldhamster an dieser Stelle aber ausgeschlossen.
Der BVV bringe vor, dass ungereinigtes Oberflächenwasser von den Straßen und Stellflächen des Norma-Geländes einfach in den Silberbach geleitet werden, brachte Vizl den nächsten Kritikpunkt vor. Hier würden beim BBV offenbar "gleich mehrere erhebliche Missverständnisse" vorliegen, antwortete dazu der Architekt Martin Giedl. Ein solches wie vom BBV beschriebenes Vorgehen wäre in keinster Weise genehmigungsfähig. Das Oberflächenwasser werde in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt und mit Genehmigung dieser Fachbehörde erst vor Ort gereinigt, ehe es in den Spitalseegraben geleitet werde. Alleine diese Maßnahme lasse sich Norma rund 150 000 Euro kosten.
Entschädigungszahlungen
Die nächste Frage Vizls drehte sich um die ökologischen Ausgleichsflächen, die Norma für den Bau seines Logistikzentrums bereitstellen muss. Hier erfuhr er von Bürgermeister Thorsten Wozniak, dass es sich dabei um städtische Flächen handelt. Diese blieben städtisches Eigentum, die Stadt erhält von Norma für die Nutzung aber Entschädigungszahlungen. Für die sachgerechte Pflege der Flächen ist Norma zuständig.
Der Stadtrat beschloss schließlich bei drei Gegenstimmen (die anwesenden Mitglieder der Fraktion Geo-net: Thomas Vizl, Stefanie Döpfner, Kerstin Krammer-Kneißl), angesichts der neuen Ergänzungen seitens der Regierung von Unterfranken, den Bebauungsplan ein drittes Mal auszulegen, nun allerdings nur noch für die Dauer von zwei Wochen. Etwaige Stellungnahmen können auch nur zu den nochmals geänderten und ergänzten Passagen eingereicht werden.
Einvernehmen zum Bauantrag
Obwohl der Bebauungsplan also noch nicht als Satzung aufgestellt wurde, konnte am Montagabend dennoch auch gleich der Bauantrag für das Logistikzentrum behandelt werden. Ohne größere Diskussion erteilte der Stadtrat sein Einvernehmen. Dagegen waren nur die drei Geo-net-Vertreter und der SPD-Mann Norbert Finster.
Thomas Vizl (Geo-net) ging noch auf die Einwände der Gemeinde Sulzheim ein, die für die Anwohner der B 286-Anschlussstelle bei Alitzheim eine erhöhte Lärmbelastung durch den zunehmenden Laster-Verkehr befürchtet. Zwar sage das aktuelle Lärmschutzgutachten aus, dass die Belastung sich in den gesetzlich zulässigen Grenzen halten wird. Allerdings handele es sich dabei ja nur um eine Prognose. Deshalb sei es wichtig, dann, wenn das Logistikzentrum in Betrieb ist, vor Ort nachzuprüfen, ob der Lärm sich tatsächlich wie vorab prognostiziert unterhalb der Grenzwerte bewegt. Gleiches gelte für das Stadtgebiet von Gerolzhofen im Bereich der Nördlichen Allee und der Alitzheimer Straße.
"Rechtlich wenig gelungen"
Vizl stellte schließlich den Antrag, die Stadt Gerolzhofen möge dem Landratsamt bei der Weiterleitung des Bauantrags auch ihren Wunsch signalisieren, dass zum Schutz der Bevölkerung ein Jahr nach Inbetriebnahme des Logistikzentrums konkrete Lärmuntersuchungen zum Laster-Verkehr bei Alitzheim und im Gerolzhöfer Stadtgebiet durchgeführt werden. Dieser Antrag fand eine Mehrheit von 9:6 Stimmen, quer durch alle Fraktionen.
Verwaltungsleiter Johannes Lang bezeichnete den Antrag Vizls allerdings als "rechtlich wenig gelungen" und "fast bedeutungslos". Schließlich entscheide das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde nur aufgrund der jetzt vorliegenden Zustände und nicht über eine mögliche Lage in der Zukunft. Und die Stadt Gerolzhofen prüfe bei Erteilung ihres Einvernehmens nur, ob das Grundstück erschlossen sei, ein Bebauungsplan vorliege und das Bauprojekt sich an dessen Vorgaben halte.