
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar, gilt erstmals das 2023 von den Ampel-Fraktionen beschlossene neue Wahlrecht. Die umstrittene Neuregelung begrenzt die Zahl der Sitze auf 630. Aktuell gehören dem Bundestag noch 736 Abgeordnete an.
Die wichtigste Neuregelung besagt, dass sich die Zahl der Abgeordneten, die eine Partei erhält, allein nach dem Zweitstimmenergebnis richtet. In der Konsequenz bedeutet dies, dass möglicherweise nicht alle Bewerberinnen und Bewerber, die bei der Erststimme in den Wahlkreisen vorne liegen, auch einen Sitz im Parlament bekommen. Bislang war das anders.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wahlrecht:
Was ist der Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme?
Jede Wählerin und jeder Wähler hat bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Auf der linken Seite des Stimmzettels gibt man seine Erststimme ab, auf der rechten die Zweitstimme. Entscheidend für die Zusammensetzung des Parlaments ist die Zweitstimme, bei der die Landesliste einer Partei angekreuzt wird. In Bayern stehen 17 Parteien zur Auswahl. Mit der Erststimme wählt man einen Wahlkreisabgeordneten.
Kommt der Erstimmengewinner im Wahlkreis in den Bundestag?
Bislang war das automatisch der Fall, künftig nicht mehr. Wenn eine Partei in einem Bundesland laut dem Zweitstimmenergebnis 22 Sitze zustehen, sie aber 25 Wahlkreissieger stellt, bekommen die drei Gewinner mit dem schlechtesten Prozent-Ergebnis keinen Sitz. Nach dem bisherigen Wahlrecht hätte die Partei im Beispiel drei Überhangmandate erhalten. Diese hätten dann zu Ausgleichsmandaten bei den Mitbewerbern gesorgt.
Rechnet man das bayerische Ergebnis von 2021 auf das neue Wahlrecht um, hätten neun der 45 Wahlkreisgewinner von der CSU kein Mandat erhalten - vor allem in den Großstädten München, Nürnberg und Augsburg, wo es traditionell knapp zugeht. Geht man von den aktuellen Umfragen aus, bleibt der CSU dieses Szenario diesmal vermutlich erspart: Alle bayerischen Erststimmen-Sieger säßen auch im neuen Bundestag. Doch es bliebt ein Restrisiko: Gewissheit über den Einzug in den Bundestag erhalten die Wahlkreisgewinner erst am Montagmorgen.
Ist die Zweitstimme wichtiger als die Erststimme?
Das kann man so sagen. Deshalb bitten auch einige Kandidaten wie beispielsweise CSU-Mann Alexander Hoffmann im Wahlkreis Main-Spessart in ihren Infoflyern die Wählerinnen und Wähler, die Erststimme für den Bewerber vor Ort mit der Zweitstimme "abzusichern".

Was bedeutet die Grundmandatsklausel?
Die Grundmandatsklausel besagt, dass eine Partei auch dann in den Bundestag einzieht, wenn sie bundesweit mit ihrem Zweitstimmenergebnis zwar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, stattdessen aber in drei Wahlkreisen bei den Erststimmen vorne liegt. Dann ziehen nicht nur die drei Wahlkreis-Sieger in den Bundestag ein, sondern eine ganze Gruppe von Abgeordneten - entsprechend dem Zweitstimmenergebnis ihrer Partei. So hoffen aktuell die Linke und die Freien Wähler, durch den Gewinn dreier Direktmandate die Fünf-Prozent-Hürde im Notfall "auszuhebeln".
Wie viele Abgeordnete aus Bayern ziehen in den neuen Bundestag ein?
Die genaue Zahl steht tatsächlich noch nicht fest. Es kommt darauf an, wie die Wahlbeteiligung im Freistaat im Vergleich zu den anderen Bundesländern ausfällt und wie viele Stimmen auf die Parteien entfallen, die in den Bundestag einziehen. Wahlbeobachter rechnen damit, dass es zirka 95 sein werden. Gewählt wird am Sonntag übrigens in 47 Wahlkreisen, das ist einer mehr als 2021. Wegen des Bevölkerungszuwachses in Bayern wurde in Schwaben ein neuer Wahlkreis geschaffen.
Was muss man beim Ausfüllen des Stimmzettels beachten?
Beim Ausfüllen des Stimmzettels gilt: Der Wille des Wählers oder der Wählerin muss eindeutig erkennbar sein. Ansonsten ist die Stimme ungültig. Laut Bundeswahlleiterin ist ein Kreuz in den auf dem Stimmzettel aufgedruckten Kreisen die beste Lösung. Aber auch ein Punkt, Haken oder Pluszeichen sind demnach erlaubt, nicht jedoch ein Fragezeichen. Eine Notiz oder eine Unterschrift macht den Stimmzettel ungültig.
Kann ich nur die Erststimme oder nur die Zweitstimme abgeben?
Ja, das ist möglich. Wenn man beispielsweise nur die Zweitstimme abgibt, aber nicht die Erststimme, wird die Zweitstimme mitgezählt, die Erststimme wird als ungültig gewertet.
Warum sind Stimmzettel gelocht oder abgeschnitten?
Alle Stimmzettel sind in der rechten oberen Ecke gelocht oder abgeschnitten. So können blinde und sehbehinderte Wahlberechtigte eine Stimmzettelschablone anlegen - und so eigenständig wählen.
Wann sind die Wahllokale am Sonntag geöffnet?
Die Wahllokale in Deutschland sind am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Das zuständige Wahllokal steht auf der Wahlbenachrichtigung. Sie ist der Beleg dafür, dass man im Wählerverzeichnis eingetragen und damit wahlberechtigt ist. Wer die Wahlbenachrichtigung im Wahllokal vergessen hat, kann trotzdem abstimmen, muss sich allerdings ausweisen können.
Direktmandate sind keine Vertretung des Landkreises, sondern die Vertretung einer Partei in einem Wahlkreis. Sieht man sehr gut am Abstimmungsverhalten der
Direktkandidaten: der Partei verpflichtet
Und oft beträgt die Mehrheit im Wahlkreis nicht mal 30% der Wahlberechtigten. Weiterhin gibt es Wahlkreise, bei der der Abstand zwischen Erst- und Zweitplazierten weniger als 1 Prozent beträgt!
https://www.bundestagswahl2021.bayern.de/direktmandate.html
Es wäre einigermaßen fair, würde man eine Stichwahl zwischen Erst- und Zweitplazierten machen, wenn im ersten Wahlgang keiner die absolute Mehrheit erreicht hat.
Bleibt aber weiterhin das Problem, das die Abweichung der Wahlkreisgröße (Wahlberechtigten) plusminus 25 Prozent betragen darf. Eine Stimme des einen Wahlkreises ist mehr Wert als die eines anderen Wahlkreises.
Deshalb ist die Zweitstimme so wichtig.
Nochmal dank an die Ampel für die Reduzierung das Bundestags auf 630 Abgeordnete und den kurzen Wahlkampf.
Tatsächlich aber haben die Kandidaten oft weniger als 40% der Stimmen zu verbuchen und mancherorts sogar eine Mehrheit gegen sich.
Gäbe es Stichwahlen, würden nicht wenige dieser Kandidaten scheitern, weil die Mehrheit der Wähler keinen CSU-Apparatschik will, sondern einen Kandidaten, den sie kennen und der ihre lokalen Interessen vertritt. Sollte ein/e Kandidat/in allerdings wirklich eine Mehrheit - von ÜBER 50% - sollte ihm/ihr der Einzug in den Bundestag nicht verwehrt werden.
Im übrigen: Warum muss denn ein Kandidat unbedingt einer Partei angehören? Unabhängige Kandidaten, etwa aus Tarifverbänden, Kirchen oder NGOs wären den Wählen oft lieber.