Gewicht und Reichweite: Bei Elektroautos sind das zentrale Merkmale. Sie zu optimieren, ist für Autohersteller das Ziel. Mit einem neuen Antrieb sieht sich ZF in Schweinfurt hier an der Spitze – und wer sich bald ein E-Auto kaufen will, soll davon profitieren.
Füllt der Benzin- oder Dieselmotor bislang fast den gesamten vorderen Teil eines Autos aus, so ist der Antrieb der Zukunft - die Batterien nicht mitgerechnet - nur noch so groß wie ein Koffer fürs Handgepäck. Mit Drähte für eine solche kompakte Lösung laufen bei Zulieferer ZF in Schweinfurt zusammen.
In der Branche ist der Druck groß, Elektroautos zu optimieren und dadurch massentauglicher zu machen. Insofern werde neue Antrieb mit dem Namen EVSys800 hier einen deutlichen Schub bringen, ist Christoph Sasse überzeugt. Der 56 Jahre alte promovierte Maschinenbauer leitet bei ZF in Schweinfurt die Vorentwicklung, also den Konzernbereich, der rund um die E-Mobilität an neuen Möglichkeiten tüftelt.
Vor einem Jahr begannen die Arbeiten am EVSys800. Mit 74 Kilogramm sei der Antrieb um 40 Kilo leichter als ein vergleichbares Vorgängermodell und wiege nur einen Bruchteil des Gewichts eines Verbrennermotors, sagt Sasse. Weil der neue Antrieb kleiner als bisherige Modelle sei, weniger Seltene Erden verbrauche und für mehr Reichweite der E-Autos sorge, "sind wir nun ganz vorne dabei", ist der Entwickler mit Blick auf die Konkurrenz auf dem Weltmarkt sicher.
Momentan werde EVSys800 in einem Porsche-Prototypen getestet. 2026 soll der neue E-Motor laut ZF auf den Markt kommen. Der Name deutet es an: Der Antrieb arbeitet mit einer Spannung von 800 Volt. Bislang üblich sind 400 Volt. Mehr Spannung bedeutet, dass ein E-Auto schneller aufgeladen werden kann.
Das neue Motormodell von ZF zeigt auch, wie intensiv die Autozulieferer derzeit um Zentimeter und Kilogramm ringen, um Elektroautos effektiver zu machen. Ein Rotor sei im EVSys800 so umgebaut worden, dass er mit Strominduktion arbeitet und deshalb 90 Millimeter Platz einspart, sagt Entwickler Sasse. "Das sind Welten."
Denn zusammen mit weiteren Änderungen und Verkleinerungen führen jene 90 Millimeter dem Maschinenbauer zu einer regelrechten Kettenreaktion: Der neue Antrieb braucht im Auto weniger Platz, die Rückbank über ihm kann beispielsweise tiefergelegt werden. Weil dadurch auch der Innenraum abgesenkt werden kann, reduziere sich die Höhe des Fahrzeugs, beschreibt Sasse. Das könne dazu beitragen, dass sich die Aerodynamik des Wagens verbessert.
Welche Rolle Siliziumkarbid im ZF-Antrieb spielt
Im Inneren nutzt ZF einen Stoff, der als "Wundermittel" bei der Energiesteuerung gilt: Halbleiter aus Siliziumkarbid steuern den Energiefluss des Antriebs. Das führe dazu, dass die Effektivität des EVSys800 mittlerweile bei 93 Prozent liege, erklärt der Leiter der Vorentwicklung.
Zum Vergleich: Die Treibstoffe Diesel und Benzin haben Sasse zufolge einen Wirkungsgrad von rund 40 Prozent. Damit wird das Verhältnis zwischen der Energie, die man in den Motor hineingibt, und der erreichten Bewegungsenergie des Fahrzeugs ausgedrückt.
Wo der neue ZF-Motor für E-Autos gebaut wird
Der Friedrichshafener ZF-Konzern hat in Schweinfurt etwa 9000 Beschäftigte, das Entwicklungszentrum für Elektromobilität dort hat im Unternehmen eine Art Vordenkerfunktion. Als einer der größten Autozulieferer der Welt vollzieht ZF seit etwa vier Jahren einen energischen Schwenk hin zu autonomem Fahren und E-Fahrzeugen.
Mit dem EVSys800 will der Konzern nach den Worten von Spartensprecher Michael Lautenschlager einen weiteren Schritt in diese Richtung gehen. Denn der neue Antrieb könne je nach Kundenwunsch in verschiedenen Größen angeboten werden – für Kleinwagen genauso wie für E-Autos der Oberklasse.
Gebaut wird EVSys800 Lautenschlager zufolge an verschiedenen ZF-Standorten. In die Entwicklung sei auch die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) eingebunden gewesen, sagt Ingenieur Christoph Sasse.
Brose kündigt Kompressor mit 800-Volt-Technik an
Auch ein weiterer Autozulieferer in Franken zeigt gerade, wie intensiv die Mobilitätswende die Branche umtreibt: Brose in Coburg teilte mit, einen Kältemittelverdichter auf 800-Volt-Basis entwickelt zu haben, der Schnellladezeiten von unter 30 Minuten ermögliche. Der Kompressor werde allerdings erst einmal für den chinesischen Markt hergestellt.
Was im Artikel fehlt ist die Leistung, 206 kW (280 PS) gibt ZF als Dauerleistung an.
Forschung und Entwicklung ist in Deutschland Weltführend, Gratulation an ZF.
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Ich finde ZF eine tolle Firma, die schon viele wichtige Sachen entwickelt hat - aber geht das nicht etwas zu langsam?