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Schweinfurt
Neonazis und Kampfsport: Wie "Der III. Weg" in Schweinfurt Jugendliche rekrutieren möchte
Warum Rechtsextreme wie "Der Dritte Weg" auf Kampfsport zur Rekrutierung setzen und warum davon auch ein Schweinfurter Kampfkunststudio betroffen ist.
Die Parteizentrale in der Oberndorfer Hauptstraße.
Foto: Horst Breunig | Die Parteizentrale in der Oberndorfer Hauptstraße.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:13 Uhr

Das Video dauert keine 45 Sekunden. Mehrere Männer schreiten offensichtlich durch den Schweinfurter Stadtteil Bergl, werfen Flyer in Briefkästen. Eine Hausnummer 88 ist in Großaufnahme zu sehen, auch der Name Eichmann wird wohl nicht ganz zufällig von der Kamera eingefangen. In den Sequenzen dazwischen sind junge Männer beim Kampfsporttraining auf einer Wiese zu sehen. Unterlegt ist das Video mit dem Lied "Unser Reich" des rechtsradikalen Rap-Duos "Alva & Proto".

Der seit mittlerweile einem Jahr mit seiner Parteizentrale im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf ansässige "Der Dritte Weg" wirbt in einem Propagandavideo um Nachwuchs. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem der Kampfsport. So ist auf dem Video einer der Rechtsextremen mit einem T-Shirt der Kampfkunstschule "Dragon Gym" zu sehen. Auch Boxhandschuhe mit dem Gym-Logo sind zu erkennen.

Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigt die Unternehmensleitung des Kampfsportstudios Dragon Gym, das auch einen Standort in der Schweinfurter Innenstadt hat, dass es sich in dem Video um ein ehemaliges Dragon-Gym-Mitglied handelt. Aufgrund der "politischen und menschlichen Einstellung" sei die Person aber aus dem Dragon-Gym-Studio verwiesen worden.

"Wir distanzieren uns ganz klar von solchen extremen politischen Auftritten", sagt Philipp Ulsamer vom Dragon Gym in Schweinfurt. Aktuell prüfe man rechtliche Schritte gegen das ehemalige Mitglied und das Video des "Der Dritte Weg".

Kampfsporttraining im Parteibüro

Dass "Der Dritte Weg" mit Kampfsport wirbt, verwundert Robert Claus nicht. So beobachtet der Autor des vor drei Jahren herausgegebenen Buchs "Ihr Kampf – Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert" eine Professionalisierung der körperlichen Gewalt. Der militante Neonazismus sei eine gewaltvolle Ideologie. "In deren Folge ist es nur logisch sich für politische, physische Kämpfe aufzurüsten, dafür dient die Ausübung von Kampfsport", erklärt er im Gespräch mit dieser Redaktion.

Auch im Oberndorfer Parteibüro der Neonazipartei "Der Dritte Weg" sollen regelmäßige Kampfsporttrainings stattfinden. Es sei nicht unüblich, dass solche Trainings in Parteibüros von Rechtsextremen erfolgen, berichtet Claus und verweist auf den Fall rund um die rechtsextreme Kampfsportgruppe "Knockout 51" aus dem thüringischen Eisenach, die aktuell vor Gericht steht, wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Unter anderem soll sie geplant haben, politische Gegner zu töten. Die militante Gruppe hielt ihre Trainings in Eisenach im "Flieder Volkshaus", einer NPD (jetzt "Die Heimat")-Zentrale, ab.

Appell an Studios, Augen offen zu halten

Um die Vorbereitung auf einen sportlichen Wettkampf oder rein um die sportliche Ertüchtigung gehe es den Rechtsradikalen nicht, weiß Claus: "Es wird dort kein Hehl daraus gemacht, dass es ihnen bei Kampfsport darum geht, sich aufzurüsten für Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegnern und Migranten."

Was in der Vergangenheit einst der Rechtsrock gewesen sei, verkörpere seit gut zehn Jahren nun der Kampfsport. Er diene als Rekrutierungsfeld und zur Netzwerkbildung der militanten rechtsextremen Szene. "Sie verbinden Sport und weltanschaulichen Kampf", sagt Claus.

Diese Rekrutierungstaktik verfolge auch die Kleinstpartei "Der Dritte Weg". So werde nicht mit dem Parteiprogramm geworben, sondern mit einer gemeinschaftlichen Erlebniswelt, in der ein gewalttägiges Männlichkeitsideal eine große Rolle spiele.

Es sei ein bundesweit verbreitetes Phänomen, dass Neonazis in lokale Kampfsportstudios gehen, "um sich Gewaltkompetenzen aneignen zu wollen", weiß Claus. Er appelliert daher an die Studios und Vereine, "sensibler" zu sein. 

Die Verantwortlichen des Schweinfurter Dragon Gym wollen die Augen offen halten. Sie betonen, Kampfkunst und Kampfsport dienten nicht Angriffszwecken, sondern zur Selbstverteidigung und als Sport. In den Studios trainierten vor allem Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Nationalitäten. "Bei uns geht es darum, zur eigenen Mitte zu finden", erklärt Viktor Köhl vom Dragon Gym.

 
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