
Diejenigen, die am Samstagabend mit rotem Bändchen um das Handgelenk durch die Schweinfurter Innenstadt streiften, hatten allesamt einen glückseligen Gesichtsausdruck. Das Eintrittsbändchen für die "Nacht der Kultur" öffnete zahlreiche Türen, hinter denen die unterschiedlichsten kulturellen Höhepunkte aufwarteten. Die Veranstaltung des KulturPackt Schweinfurt war ein voller Erfolg. Über 30 Künstlerinnen und Künstler traten an 14 Spielstätten in der Innenstadt auf.
"Man weiß gar nicht, wo man zuerst hingehen soll", sagte eine Frau mit besagtem Bändchen am Arm, als sie an der Ecke Keßlergasse/Marktpatz stand. Hinter ihr, ein Blick durch die Scheiben war dort auch für die zahlreichen neugierigen Passanten möglich, sang gerade eine junge Frau über Heimat und Frieden. Die Ukrainerin Tatyana Yuriivna trat mit ihrer Band "MYR", dem ukrainischen Wort für Frieden, im "studyFAB" auf. Auch ohne Kenntnisse in der ukrainischen Sprache ging die Musik der fränkisch-ukrainischen Combo unter die Haut.
Eine explosive Mischung aus Punk und Grunge
Später am Abend wurde es im erst im Juli eröffneten Projekt richtig laut. Das Dortmunder Duo "The Pighounds" heizte mit einer explosiven Mischung aus Punk und Grunge derart ein, das Passanten am Markplatz noch rhythmisch mit dem Fuß mitwippen konnten.

Zu sagen, bei der "Nacht der Kultur" war für jeden etwas dabei, wäre untertrieben. Das breit gefächerte und bunt gemischte Programm kannte keinerlei kulturelle Schranken. Im Mehrgenerationenhaus in der Bauerngasse etwa sorgte der 28 Jahre alte Niclas Amling mit urkomischer Stand Up Comedy für herzhafte Lacher bei den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern.
Stimmgewaltige Lieder von Placido Domingo
Nur wenige hundert Meter weiter kam in den kleinen Räumlichkeiten der Chocolaterie Molina eine Atmosphäre wie in der Mailänder Scala auf, als Solist Oliver stimmgewaltig Lieder von Placido Domingo bis zu Balladen von den Gipsy Kings sang.
Ein für eine Kulturveranstaltung gänzlich ungewohntes Ambiente bot sich den Gästen im Geschäft von Elektro Wilhelm in der Bauerngasse. Zwischen allerhand Leuchtmitteln und Ausstellungen saß am Abend das Musikerduo "Mar y Tierra", die mit selbst komponierten, verspielten Stücken mit spanischsprachigem Gesang begeisterten. Anschließend erzählten die beiden Schweinfurter Liedermacher "Gecko & Wolle" in ihren Stücken Alltagsgeschichten.

Kunst an jeder Ecke gab es anderswo, in der "KunstFABrik" in der Spitalstraße, etwas abgelegen vom Hauptgeschehen, das sich traditionell bei der "Nacht der Kultur" rund um den Martin-Luther-Platz abspielt. Nach dem Auftritt der "Zambrano's Four", die vorher schon unweit entfernt im "studyFAB" ein Set spielten, traten die "Lemonades" auf. Auf einer der schönsten Bühnen des Abends spielte das Quartett aus Stadt und Landkreis moderne Klassiker aus den Genres Swing und Bossa Nova.
Ein Feuerwerk an verschiedenen orientalischen Tänzen
Getanzt wurde etwas weiter im "Caleidoskop" in der Rosengasse. Die Tanzgruppe "Moona's Tanztraum Oriental" entzündete ein Feuerwerk an verschiedenen orientalischen Tänzen. Im Anschluss nahmen "Grandessa" die Zuhörenden mit auf einen musikalische Reise quer durch Europa und über dessen Grenzen hinaus bis an die Weltmusik. Im Montana Store in der Hohen Brückengasse erinnerte der "Moon Club" an die Neunziger, die Zeit der Indie-Bands, des Grunge und des Alternative Rocks.
Wild ging es im Zeughaus zunächst los, mit einer Tanzshow der Tanzschule Pelzer. Fünf jugendliche Mädchen verwandelten das Zeughaus in eine Tanzfläche zu aktuellem Pop- und Hip-Hop-Beat. Anschließend wurde es interaktiv. Tanzlehrerin Jennifer Zernickel lud beim "Linedance" zum Mitmachen ein. Ruhiger wurde es beim nächsten Programmpunkt "Der Stuhl", einem experimentellem Improtheater mit Thea Ter.

Andächtig ging es am späten Abend in der Kirche St. Johannis am Martin-Luther-Platz zu, als der preisgekrönte Akkordeonist, Musikpädagoge und Komponist Timo Wirth für vollbesetzte Sitzreihen sorgte. Zuvor durfte der Nachwuchs in der Kirche sein Können zeigen. Der Kinder- und Jugendkantorei St. Johannis spielte das Musiktheater "Licht & Dunkelheit" vor, danach spielte die erst 14 Jahre alte Maria Vollmer auf dem Klavier in beeindruckender Manier Klassiker von Chopin bis Beethoven.
Für einen echten Höhepunkt sorgte gegenüber im Martin-Luther-Haus die Celtis Big Band. Der krönende Abschluss stieg eine halbe Stunde vor Mitternacht, als die Alphornbläser Schwarze Berge noch einmal über 100 versammelte Zuschauer auf dem Martin-Luther-Platz unter dem Schweinfurter Nachthimmel verzückten.