
Es ist die Beschreibung eines geliebten Menschen. "Er war ein Familienmensch, er liebte uns sehr." Wenn Sagal über ihren Cousin spricht, schwingt Bewunderung für ihn mit. "Er war ein sehr sozialer Mensch, der schnell Freunde finden konnte", sagt die junge Frau, die in Großbritannien lebt. "Er war ein sehr intelligenter, junger Mann." Sie spricht mit dieser Redaktion über Rooble Warsame, der am 26. Februar 2019 in der Zelle 2 der Polizeiinspektion Schweinfurt gegen halb Acht in der Früh, erhängt aufgefunden wurde.
Der damals 22 Jahre alte Somalier war als Geflüchteter nach Deutschland gekommen und zu der Zeit im Ankerzentrum in Geldersheim untergebracht. "Er verließ Somalia hauptsächlich, um Möglichkeiten zu finden, seiner Mutter finanziell zu helfen. Sie war eine alleinerziehende Frau aus sehr armen Verhältnissen", erklärt Sagal.
Rooble Warsame konnte bereits fließend Deutsch sprechen, als er in Schweinfurt ankam. Sein Leben endete auf tragische Weise und wirft bei den Angehörigen und Unterstützern bis heute viele Fragen auf. Am 1. März ruft die Initiative "Justice for Rooble" zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz in Schweinfurt (15 Uhr) auf.
Sagal ist Teil der Initiative, sie verfolgt und begleitet den Fall seit dem Tod ihres Cousins. In der Nacht im Februar vor sechs Jahren geriet Rooble Warsame im Ankerzentrum alkoholisiert mit einem Landsmann in Streit. Die Polizei wurde gerufen, Warsame landete in der Zelle, fast vollständig entkleidet, im Raum waren außer ihm nur eine Pritsche, eine Matratze und eine Wolldecke.
Warsame wurde später erhängt an einem Streifen aus der Wolldecke, festgeknotet an den Gitterstäben, halbkniend, halbsitzend aufgefunden. Warsames Familie zweifelte damals wie heute an, dass es sich um Selbstmord gehandelt hat. Die Staatsanwaltschaft dagegen geht nach ihren Ermittlungen 2021 von einer Selbsttötung aus.
Auf viele Fragen keine Antworten bekommen
"Es sind immer noch viele Fragen offen, auf die wir keine Antwort bekommen haben", findet Sagal. Die Initiative wird von einem Anwalt unterstützt und hat sich mit den NGO "Recherchezentrum e. V." und "Forensis e. V." zusammengetan, um eigene Untersuchungen anzustellen und Aufmerksamkeit auf den Fall zu lenken. Ziel ist es, den Fall vor Gericht zu bringen.
"Wir als Familie und Gemeinschaft wollen wissen: Was ist in dieser Nacht passiert?", erklärt Sagal die Beweggründe, warum man den Fall erneut aufrollen möchte. Es gebe auch nach den Ermittlungen damals immer noch zu viele Ungereimtheiten. "Bevor wir keine Antworten auf alle Fragen bekommen, können wir nicht aufhören", sagt die Somalierin. "Rooble war ein junger Mensch, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte."
Sagal und ihre Mitstreiter sehen in Rooble Warsames Tod keinen Einzelfall. Aus der Initiative heißt es dazu: "Sein Tod reiht sich ein in eine Vielzahl von Fällen, in denen Schwarze Menschen und People of Color Opfer rassistischer Gewalt durch staatliche Institutionen werden." Sagal sieht Parallelen zum Fall um Oury Jalloh. 2005 verbrannte der damals 20-jährige Mann aus Sierra Leone in einer Polizeizelle in Dessau. Bis heute konnte nicht abschließend geklärt werden, wie es dazu kam.
"Der Fall gilt als eine der größten Polizei- und Justizskandale in der deutschen Nachkriegsgeschichte", schreibt dazu der Deutschlandfunk. In beiden Fällen habe es keine vom Staat unabhängigen Ermittlungen gegeben und beide Fälle seien sehr schnell geschlossen worden, kritisiert Sagal, die eigens für die Kundgebung nach Schweinfurt kommen wird. Die Rückkehr an den Ort, an dem ihr geliebter Cousin starb.