"Jetzt reicht's": So war der "Brandbrief" überschrieben, den der Bayerische Lehrerinnen-und Lehrerverband (BLLV) vor Kurzem an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder geschrieben hat. Eine zentrale Forderung war: Ohne Impfangebot kein Präsenzunterricht.
Wie waren die Reaktionen darauf, wollen wir von Tomi Neckov, Vizepräsident des BLLV und Rektor der Frieden-Mittelschule in Schweinfurt, wissen. "Es gab viele Diskussionen, viele Reaktionen", sagt Neckov. Zuspruch gab es von Lehrkräften und Rektoren aus allen Schularten, Mitgliedern des BLLV und auch von Eltern und dem Bayerischen Elternverband. Auch hier gebe es die Meinung, um die Schulen für Präsenzunterricht zu öffnen, müsse man auf Impfen und auf Testen setzen.
"Lehrer, die nach den Osterferien in den Unterricht oder in die Notbetreuung gehen, brauchen ein Impfangebot, testen alleine reicht nicht", sagt Neckov. "Impfangebot für Lehrer heißt für mich auch offene Schulen. Ansonsten geht nur der Distanzunterricht", betont er.
Den Vorwurf, die Lehrer seien Impfdrängler, weist Neckov persönlich und für den BLLV entschieden zurück. "Wir machen uns Sorgen um die Gesundheit aller, die in der Schule sind", sagt er. Von der Politik komme zu wenig, um diese Sorgen zu entkräften.
Die Motivation für den offenen Brief an Söder: Der BLLV hat den Ministerpräsidenten vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen - vor allem auch durch die britische Variante - daran erinnert, dass der Gesundheitsschutz an den Schulen oberste Priorität habe und fordere nur die Fürsorgepflicht, so Neckov.
Kritik vom Verband: Söder hat die Lehrer in einer Pressekonferenz abgewatscht
"Ich bitte Sie inständig, Herr Ministerpräsident, auf diesen Brandbrief ehrlich zu antworten", hat BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann das Schreiben an Söder beendet. Eine direkte Antwort von Markus Söder haben die Lehrerinnen und Lehrer nicht bekommen, sagt Vizepräsident Neckov. Stattdessen habe der bayerische Ministerpräsident die Lehrer abgewatscht in einer Pressekonferenz und kritisiert, dass er in einem offenen Brief angegangen werde. Neckov dazu: Der BLLV hat immer wieder Kontakt mit Regierung und Ministerien gesucht und um Lösungen gebeten. Es sei aber zu wenig passiert. Deswegen habe man sich für einen offenen Brief entschieden.
Am Gründonnerstag sprach der Ministerpräsident nun von Schutz vor Ansteckungen in Schulen als obersten Maßstab, vom Impfen als einziger Lösung und von Distanzunterricht, wenn es nicht anders geht. Das ist ein sehr klare Botschaft und der richtige Schritt, so Neckov.
Doch es gibt noch ein Problem: die Testpflicht für Schüler. Vieles sei da noch nicht geklärt, so Neckov. Zum Beispiel die Frage, was passiert, wenn ein Schüler sich weigert, sich zu testen. Oder wenn er keinen Nachweis über einen Test mitbringt. "Muss ich das Kind dann heimschicken?" Das beiße sich aber mit dem Recht auf Unterricht.
Die Frage des Datenschutzes bei den Tests ist nicht geklärt
Auch die Frage des Datenschutzes sei nicht geklärt. Teste man die Kinder in der Schule, wisse die ganze Klasse, wenn ein Kind positiv ist. Ist ein Kind positiv, darf die Schule nur die Eltern informieren und nicht das Gesundheitsamt - aus Datenschutzgründen. Stellt aber das Gesundheitsamt eine Infizierung fest, die in Zusammenhang mit einem Schüler steht, muss die Schule die Daten weitergeben. "Es ist kompliziert", sagt Neckov. Es sei auch nicht geklärt, was passiert, wenn nicht genug Testkits für alle Kinder vorhanden sind.
Der BLLV plädiert nach wie vor dafür, die Kinder sollten vor dem Unterricht und von externen Personen getestet werden. Nicht, wie jetzt geplant, die Schnelltests selber machen in der Schule, überwacht von Lehrerinnen und Lehrern. Das sei auch wichtig, damit Infizierte erst überhaupt nicht in die Schule oder vorher in die Busse kommen. Die Testpflicht für Schüler ab einer Inzidenz von 100 ist bereits in die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 25. März aufgenommen, so Neckov. Am Montag soll das Schreiben vom Kultusministerium kommen.
Wenn an Schulen verpflichtende Selbsttests und das Tragen von FFP2-Masken Standard wäre, dann wäre allen Beteiligten schon sehr geholfen. Nicht jeder Lehrer steht nämlich hinter der Forderung sofort geimpft werden müssen. Aber wenn man selbst im Supermarkt als Mitarbeiter stärker geschützt ist, dann sollte man sich einmal überlegen wo der Fehler liegt...
Für mich entsteht der fatale Eindruck:
Wer (welche Lobby) gerade am lautesten protestiert, bekommt ein Bonbon.
Das hilft uns aber nicht, auch wenn Wahlkampf ist.