zurück
Schwebheim
Mobbing-Vorwürfe, Kündigungen, Gerichtstermine: Was ist los im Rathaus von Schwebheim?
Massive Vorwürfe richten drei Beschäftigte an die Chefetage im Schwebheimer Rathaus. Bürgermeister Volker Karb weist sie zurück. Warum jetzt auch Gerichte bemüht werden.
Im Rathaus der Gemeinde Schwebheim rumort es offensichtlich gewaltig. Einige Beschäftigte trugen den Konflikt jetzt an die Öffentlichkeit. 
Foto: Heiko Becker | Im Rathaus der Gemeinde Schwebheim rumort es offensichtlich gewaltig. Einige Beschäftigte trugen den Konflikt jetzt an die Öffentlichkeit. 
Irene Spiegel
 und  Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 26.08.2024 02:37 Uhr

Herrscht im Schwebheimer Rathaus ein derart schlechtes Betriebsklima, weswegen Beschäftigte reihenweise die Verwaltung verlassen? Oder ist alles bestens, mit Ausnahme eines kleinen Grüppchens, das derzeit dort nicht anwesend ist; oder gar weil es nicht da ist? Diese Fragen stellen sich nach exklusiven Recherchen dieser Redaktion, und sie sind schwer zu beantworten. Eine Bestandsaufnahme.

Schwere Vorwürfe erheben drei Beschäftigte gegen Bürgermeister Volker Karb (CSU) und die Geschäftsleitung. Es geht unter anderem um nicht eingehaltene Zusagen, Ungleichheit bei der Pausengestaltung, Unterschiede bei der Methodik der Arbeitszeiterfassung, Benachteiligungen beim Modell der leistungsabhängigen Vergütung basierend auf fehlerhafter Tätigkeitsbeschreibungen, mangelnde Kommunikation, wie Krankheitsmeldungen vorzunehmen sind.

Es herrsche im Rathaus eine Zweiklassengesellschaft: "oben" und "unten"; also diejenigen, die im ersten Stock arbeiten, und die aus dem Erdgeschoss. Letztlich beschreiben die drei Mitarbeitenden die Atmosphäre als für sie kaum ertragbar, sprechen von Mobbing. Kolleginnen und Kollegen würden sich neue Jobs suchen. Es ist eine ganze Liste von Vorwürfen, die das Trio vorbringt und seine Angaben gegenüber der Redaktion an Eides statt versichert hat.

Keine gute Laune derzeit bei Schwebheims Bürgermeister Volker Karb. Er muss sich schwerer Vorwürfe von Beschäftigten zur Führung und zum Arbeitsklima im Rathaus erwehren.
Foto: Torsten Leukert | Keine gute Laune derzeit bei Schwebheims Bürgermeister Volker Karb. Er muss sich schwerer Vorwürfe von Beschäftigten zur Führung und zum Arbeitsklima im Rathaus erwehren.

Verweis auf Datenschutz: Bürgermeister Karb beantwortet viele Fragen vage

Bürgermeister Volker Karb äußert sich in einem Gespräch mit der Redaktion und in schriftlichen Antworten auf einen Fragenkatalog eher vage. Aus Datenschutzgründen könne er nicht ins Detail gehen. So sagt er etwa, dass die Arbeitszeit auf unterschiedlichen Wegen erfasst werde, was auch damit zu tun habe, ob jemand häufige Außeneinsätze hat.

Bei Krankmeldungen verweist er auf die Vorgabe einer telefonischen Information. Bei einer Abweichung "ohne triftigen Grund" können arbeitsrechtliche Folgen drohen. Die leistungsbezogene Vergütung sei unter Einbeziehung der Belegschaft eingeführt worden, bei der alle Mitarbeitenden ihre Tätigkeitsprofile darlegen und erläutern konnten. Und Mobbing-Vorwürfe aus der Belegschaft lägen den Führungskräften nicht vor. 

"Das Betriebsklima im Rathaus ist auf aktuellem Stand hervorragend."
Bürgermeister Volker Karb zu den Vorwürfen dreier Beschäftigter

Insgesamt vernehme er keine Missstimmung in der Belegschaft, das Betriebsklima sei "auf aktuellem Stand hervorragend". Auch die beiden Vertrauenspersonen im Rathaus versichern dies gegenüber der Redaktion. Karb lässt durchblicken, dass die Probleme eher bei dieser Gruppe lägen. Es hätten sich unterhalb der Geschäftsleitung "schleichend" Strukturen gebildet, mit denen sich die Personen "gut arrangiert" hätten. Er sagt auch, dass es später gar nicht aufgefallen sei, dass drei Personen in der Verwaltung fehlten; andere hätten diese Aufgaben übernommen. Bei einem Termin vor dem Arbeitsgericht Schweinfurt am 5. August äußerte er sich ähnlich. 

Im Konflikt geht es im Wesentlichen um drei Personen und um zwei inhaltliche Konstellationen, die auch vor Gerichten landeten. Da ist zum einen eine Beschäftigte, die im Rathaus Sachverhalte bearbeitete, die sie als Privatperson direkt betrafen. Dabei soll der Gemeinde ein finanzieller Schaden entstanden sein. Die Rede ist von 1500 Euro.

Ist hinter der Rathaustür von Schwebheim alles in Ordnung? Oder gibt es dort Missstimmung und Mobbing, wie drei Beschäftigte sagen? Auch vor Gericht landete die Angelegenheit bereits.
Foto: Stefan Pfister | Ist hinter der Rathaustür von Schwebheim alles in Ordnung? Oder gibt es dort Missstimmung und Mobbing, wie drei Beschäftigte sagen? Auch vor Gericht landete die Angelegenheit bereits.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte mehrere Monate und erhob im Dezember 2023 Klage vor dem Amtsgericht Schweinfurt, die nach Auskunft der Rechtsanwältin Marion Deinzer dort aber nicht zugelassen wurde, weil der Frau kein vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden könne. Das heißt: Die Justiz wird darüber nicht befinden.

Bürgermeister weist auf Eigenverantwortung von Mitarbeitenden hin

Wieso hat die Mitarbeiterin diese Dokumente überhaupt bearbeiten können? Gemäß ihrer Ausbildung hätte die Beschäftigte wissen müssen, dass sie das nicht dürfe, sagt Karb. Ob es dazu Compliance-Regelungen im Rathaus gibt, wird aus der Antwort des Bürgermeisters nicht deutlich. Die Rechtslage und mögliche Konsequenzen seien den Mitarbeitenden "hinreichend bekannt". Dennoch scheint diese Praxis über Jahre gängig gewesen zu sein.

Während der Ermittlungen hat die Gemeinde mit Beschluss des Gemeinderats der Frau fristlos gekündigt. Am Arbeitsgericht Schweinfurt machte die Richterin im April 2024 deutlich, dass die fristlose Kündigung wegen Fristversäumnis keinen Bestand haben würde. Es ging nur noch um die Konditionen für das Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Dem Kompromissvorschlag zur Weiterbeschäftigung und gleichzeitiger Freistellung bis Jahresende 2024 stimmte der Gemeinderat nicht zu. Inzwischen hat man sich außergerichtlich geeinigt: Die Frau wird bis Ende September 2024 weiterbezahlt.

Mitarbeiterin: Abwärtsspirale begann mit Rückkehr aus einer Pause

Wie sie im Gespräch mit der Redaktion sagte, ging aus ihrer Sicht die atmosphärische Abwärtsspirale los, als sie nach einer familiären Pause 2022 ins Rathaus zurückkehrte. Man habe ihr eine Leitungsfunktion zugesagt, in ihrer Abwesenheit dann aber eine unbefristete Neueinstellung vorgenommen. Den erwarteten Job erhielt sie nicht.

Danach habe sie den Eindruck gehabt, man habe bei ihr verstärkt nach Fehlern gesucht. Fasst man ihre Beschreibungen von Einzelheiten zusammen, bekommt man den Eindruck, dass sie viele Anweisungen und Vorgaben als Schikane empfunden hat. Negativer Höhepunkt aus ihrer Sicht: Sie erhielt einen neuen Schreibtisch zugewiesen und sollte im Besprechungsraum arbeiten. Seitdem ist sie arbeitsunfähig.

"Ich wäre für Bürgermeister Karb früher durchs Feuer gegangen."
Eine Mitarbeiterin des Rathauses, die Vorwürfe erhebt.

Zur Rückkehr der Mitarbeiterin äußerte Bürgermeister Karb, dass generell alle Mitarbeitenden in diesen Fällen gemäß ihrer Qualifikation und der Entgeltgruppe eine entsprechende Stelle bekämen. Eine Zusage für eine Leitungsaufgabe habe es nicht gegeben. Durch Umstrukturierungen seien 1,5 Stellen offen gewesen, weswegen man unbefristet eingestellt habe. Generell würden sich die Zuschnitte im Rathaus durch Digitalisierung und neue Aufgabenstellungen ändern. Man müsse die Strukturen anpassen und klären, wie "man sich aufstellt".

Zwei andere Frauen – eine von ihnen verbrachte ihr komplettes Berufsleben im Rathaus – nennen ebenfalls die Rückkehr der Kollegin als Wendepunkt. Ihnen hätten die Vorgesetzten übel genommen, dass sie sich für ihre Kollegin eingesetzt hätten. Auch habe man auf sie eingewirkt, dass sie sich nicht an die Zusage der Führungsfunktion für die Frau aus der Familienpause erinnern sollten. Sie sind derzeit ebenfalls arbeitsunfähig. Eine sagt: "Ich wäre für Karb früher durchs Feuer gegangen. Jetzt gibt es keine Gesprächsebene mehr."

Das scheint auch so zu sein: Karb sagt, dass er auf die Personen zugegangen sei, sie aber Gesprächsangebote ausgeschlagen oder Termine dafür abgesagt hätten. Auch die Vertrauenspersonen geben an, dass sie auf unterschiedlichen Wegen Gesprächsangebote gemacht hätten. 

Eine der beiden Frauen hatte Führungsaufgaben inne, von denen sie entbunden worden sei, ohne die Gründe zu kennen, wie sie sagt. Bei einem Gerichtstermin am 5. August spricht Bürgermeister Karb davon, dass sie Beurteilungen einer anderen Betroffenen vorgenommen habe, die "nicht der Wahrheit entsprochen" hätten, und Vorteile eingeräumt habe, die auch Geldleistungen zur Folge hatten. Für ihn insofern problematisch, als es eine private Nähe der beiden Beteiligten gebe, die nicht transparent gemacht worden sei.

Karb nennt keine Zahlen zu Personalwechseln im Rathaus

Eine ehemalige Beschäftigte sagte im Gespräch mit der Redaktion, dass sie froh sei, nicht mehr im Schwebheimer Rathaus zu arbeiten und eine andere Stelle gefunden zu haben. Seit etwa zehn Jahren gebe es eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden und Eigenkündigungen, sagen die drei Betroffenen. Es steht die Zahl 20 im Raum. Im Gespräch mit der Redaktion will Karb einen deutlich geringeren Wechsel beim Personal wahrgenommen haben. Konkrete Zahlen zu Verrentungen, (Eigen-)Kündigungen und Neueinstellungen seit 2014 will er gegenüber der Redaktion nicht nennen. Aus Datenschutzgründen.

Auch bei jener Beschäftigten mit ehemals Führungsaufgaben kam es zu einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht. Weil sich die Gemeinde geweigert hatte, ihr ein Zwischenzeugnis auszustellen. Das lag schließlich beim Termin am 5. August vor, weswegen es dort ebenfalls um die Frage ging, wie man das Arbeitsverhältnis beenden könnte. Der Kompromissvorschlag: Weiterbeschäftigung und Bezahlung bis Ende März 2025. Darüber muss nun der Gemeinderat bis zum September befinden.

Doch ein Ende scheint noch nicht in Sicht zu sein: Im Gerichtssaal deutet Rechtsanwältin Deinzer am 5. August an, dass womöglich der Fall Nummer vier auftauchen könnte.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schwebheim
Irene Spiegel
Josef Schäfer
Amtsgericht Schweinfurt
Arbeitnehmer
Arbeitsgerichte und Arbeitsgerichtsbarkeit
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Mitarbeiter und Personal
Rathaus Schweinfurt
Staatsanwaltschaft Schweinfurt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Katja Gehring
    Es ist doch überall das Gleiche. Habe ebenfalls vor Jahren in so einer Verwaltung im LK SW gearbeitet…bin froh, dass ich da raus bin und mich nicht in Schwebheim beworben habe obwohl es mein Wohnort war.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gabriele Albrecht
    Konkrete Zahlen, aus Datenschutzgründen, nicht zu nennen.......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Erich Stahn
    ..gute Gründe sich zu versteckenund vage zu bleiben?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans Schwinger
    Hans Schwinger
    Könnte die Ursache der Unruhen nicht sein, dass zu wenig ortsansässige Kräfte eingestellt sind. Ferner dass der jetzige Bürgermeister zu bürokratisch scheint im Gegensatz zu seinen pragmatischen Vorgängern Rossteuscher und Fischer?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans Schwinger
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten