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Schweinfurt
Mitgliederboom beim VdK: Immer mehr Menschen suchen einen starken Fürsprecher – nicht nur Alte, auch Junge
Früher galt er als Rentnerverein, heute explodieren die Mitgliederzahlen beim VdK-Kreisverband Schweinfurt. Warum immer Menschen hier Rat und Hilfe suchen.
Das Wartezimmer ist meistens voll: VdK-Kreisgeschäftsführer Steve Metz (vorne) freut sich über den Mitgliederboom beim VdK Stadt und Landkreis Schweinfurt. Jüngst hat er das 15.000. Mitglied begrüßt.
Foto: Anand Anders | Das Wartezimmer ist meistens voll: VdK-Kreisgeschäftsführer Steve Metz (vorne) freut sich über den Mitgliederboom beim VdK Stadt und Landkreis Schweinfurt. Jüngst hat er das 15.000. Mitglied begrüßt.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:58 Uhr

Der VdK boomt, so stark wie nie zuvor. Der Kreisverband Schweinfurt hat jetzt sein 15.000. Mitglied aufgenommen. 8,8 Prozent der Bevölkerung in Stadt und Landkreis Schweinfurt sind inzwischen Mitglied im größten Sozialverband vor Ort. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat der Kreisverband Schweinfurt 4000 neue Beitragszahler bekommen. "Bayernweit gibt es keine Institution mit solch' einem Wachstum", sagt VdK-Kreisgeschäftsführer Steve Metz stolz.

Warum gibt es diesen Run auf den VdK? Als Ursachen für den Mitgliederboom sieht er den gestiegenen sozialrechtlichen Beratungsbedarf der Bevölkerung in Fragen rund um Rente, Schwerbehinderung, Kranken- und Pflegeversicherung. Das Image des VdK habe sich zudem gewandelt. Galt der 1946 als Selbsthilfeorganisation für Kriegsopfer gegründete Verband früher eher als ein Rentnerverein, nehmen ihn heute immer mehr Menschen als wichtigen Sozialverband wahr. Die Mitglieder werden immer jünger und aufgrund der Babyboomer-Generation auch immer zahlreicher.

VdK-Kreisgeschäftsführer Steve Metz vor der Jahresstatistik: 2022 wurden 2626 Anträge auf Sozialleistungen gestellt, 911 Widersprüche gegen Ablehnungsbescheide der Behörden eingelegt und 231 Klagen zum Sozialgericht erhoben.
Foto: Anand Anders | VdK-Kreisgeschäftsführer Steve Metz vor der Jahresstatistik: 2022 wurden 2626 Anträge auf Sozialleistungen gestellt, 911 Widersprüche gegen Ablehnungsbescheide der Behörden eingelegt und 231 Klagen zum Sozialgericht ...

"Dieser Trend wird so weitergehen", ist Metz überzeugt. Denn die eigentlichen geburtenstarken Jahrgänge kommen erst noch, in drei bis vier Jahren. Das Personal in der 1998 eröffneten Geschäftsstelle in der Schrammstraße wird schon seit Jahren Zug um Zug aufgestockt, um dem Beratungsbedarf gerecht werden zu können. Neben dem Geschäftsführer arbeiten hier inzwischen weitere vier Beraterinnen und Berater sowie sechs Personen in Verwaltung und Buchhaltung.

Immer mehr Beratungen, Widersprüche und Klagen 

2022 führte die Kreisgeschäftsstelle Schweinfurt insgesamt 10.024 Beratungen durch. Es wurden 2626 Anträge auf Sozialleistungen gestellt, 911 Widersprüche gegen Ablehnungsbescheide der Behörden eingelegt und 231 Klagen zum Sozialgericht erhoben. "In diesem Jahr wird es noch mehr", prognostiziert Metz. Denn schon jetzt, Ende September, ist zahlenmäßig fast der Stand von 2023 erreicht.          

In den Beratungsgesprächen ist hauptsächlich die Rente das Thema. Wie muss ich den Rentenantrag ausfüllen? Wie hoch ist meine Rente? Welche Abschläge erhalte ich? Auf solche Fragen geben zwar auch Behörden, Kommunen und Rentenversicherer Auskunft, "doch bei uns fühlen sich die Menschen wohler", glaubt Metz.

Immer häufiger geht es um Erwerbsminderung

Neben der klassischen Altersrente geht es in den Beratungsgesprächen immer häufiger auch um Erwerbsminderung, Kranken- oder Arbeitslosengeld. Und was Metz noch beobachtet: "Immer öfter sind psychische Krankheiten dafür verantwortlich, wenn jemand nicht bis zur Rente durchhält." Der VdK vertritt die Betroffenen in solchen Fällen gegenüber den Behörden und in Streitfällen vor Gericht. Der Verband hat dafür Juristen auf den Gebieten Rente, Gesundheit, Pflege und Schwerbehindertenrecht, die Mitgliedern zu ihrem Recht verhelfen.

Viele Menschen seien einfach auch überfordert mit der Bürokratie, weiß Metz. Die VdK-Berater helfen ihnen beim Ausfüllen von Anträgen auf alle Sozialleistungen, ob Rente, Reha, Arbeitslosen- und Krankengeld oder Schwerbehinderten- und Pflegegeld.

Die VdK-Geschäftsstelle in der Schweinfurter Schrammstraße ist für viele Menschen Anlaufstelle bei Fragen rund um Rente, Schwerbehinderung, Kranken- und Pflegeversicherung.
Foto: Anand Anders | Die VdK-Geschäftsstelle in der Schweinfurter Schrammstraße ist für viele Menschen Anlaufstelle bei Fragen rund um Rente, Schwerbehinderung, Kranken- und Pflegeversicherung.

Insbesondere wenn ein Anspruch bereits abgelehnt wurde, lohne sich das Einschalten des VdK. "Wo wir sehen, es könnte was gehen, machen wir etwas", sagt Metz. In den Klageverfahren liege die Erfolgsquote des Kreisverbands Schweinfurt bei über 50 Prozent. Bei der Erwerbsunfähigkeitsrente gehe jeder dritte Fall durch.

Deutschlandweit mehr als zwei Millionen Mitglieder

"Viele Ratsuchende werden gleich in der ersten Sprechstunde Mitglied", stellt Metz fest. Aktuell kostet eine VdK-Mitgliedschaft 72 Euro im Jahr, 2024 wird auf 84 Euro erhöht. Der Sozialverband finanziert sich ausschließlich über die Beiträge seiner Mitglieder. Deutschlandweit sind es mehr als zwei Millionen, allein in Bayern 800.000. Und es werden immer mehr. "Jeden Monat wächst unser Landesverband um 3000 bis 5000 Mitglieder", weiß Metz. 

Ohne Zweifel hat die frühere Biathletin und Paralympics-Siegerin Verena Bentele mit Beginn ihrer Amtszeit als VdK-Präsidentin 2018 viel zum positiven Image des Sozialverbands beigetragen. Sie hat den VdK in der Gesellschaft sichtbarer gemacht. Ihre klaren sozial- und gesundheitspolitischen Ansagen werden geschätzt.

Ihr ist es auch ein Anliegen, das Ehrenamt zu stärken. Im Landkreis Schweinfurt gibt es 32 Ortsverbände, die sich um die Mitglieder vor Ort kümmern. Denn über den rechtlichen Beistand hinaus braucht es auch gesellschaftliche Angebote. Zum Beispiel Stammtische, gesellige Zusammenkünfte oder gemeinsame Ausflüge. Die Ehrenamtlichen können sich zudem als VdK-Lotsen engagieren, das ist eine Art Sozialdienst der Kreisgeschäftsstellen. Sie dürfen keine Rechtsberatung geben, sind aber Ansprechpartner für soziale Fragen und vermitteln Hilfsangebote.

VdK

Der VdK ist eine bayerische Erfindung. Er wurde am 4. Dezember 1946 in München gegründet. Die Beratung und Betreuung der Kriegsbeschädigten sowie der Witwen und Waisen stand im Mittelpunkt der Arbeit. Die Zulassung des VdK Bayern war Initialzündung für die Gründung des VdK in anderen Bundesländern. Diese erste Aufbauphase des Verbands wurde mit der Gründung des VdK Deutschland als Dachorganisation der Landesverbände im Jahr 1950 abgeschlossen.
Der Verbandsname VdK war ursprünglich eine Abkürzung für "Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschland". Inzwischen hat der Verband sich vom ehemaligen Kriegsopferverband zum modernen Sozialverband entwickelt, der für soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung kämpft und sich gegen Sozialabbau stark macht.
Die Bezeichnung "Verband der Kriegsbeschädigten" wird nicht mehr verwendet, die einprägsamen Buchstaben "VdK" sind aber geblieben. Heute heißt der Verband offiziell "Sozialverband VdK Deutschland e. V.".
Quelle: VdK
 
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