
Heißluftballons in Kappadokien, vergorene Ziegenmilch in Kirgisistan, im Matsch steckengeblieben in der Türkei – wenn Madeleine und Lukas H. aus Schwebheim (Lkr. Schweinfurt) über die vergangenen eineinhalb Jahre ihres Lebens berichten, springen sie von einer Abenteuergeschichte in die nächste. "Hundertprozentig ernst genommen hat uns am Anfang niemand", sagt Lukas H. und lacht. "Alle fanden die Idee cool, aber keiner hat geglaubt, dass wir das wirklich durchziehen", sagt auch seine Frau Madeleine H.
Mit zwei Kleinkindern und einem Hund im ausgebauten Lkw nach Thailand – das klang für die meisten im Umfeld des Paares wohl doch zu abenteuerlich. Dabei sei sie schon immer gerne gereist, abenteuerlustig und irgendwie auch ein bisschen "verrückt" gewesen, sagt Madeleine H. über sich selbst. Und eine Weltreise? "Das war schon immer mein Traum", sagt die 38-Jährige.
Ihr Mann Lukas hatte zunächst aber andere Pläne. "Eigentlich wollte ich mir ein Tuk-Tuk kaufen und damit durch Thailand fahren. Daraus ist dann aber doch die Weltreise geworden", sagt der 34-Jährige. Gereift sei der Entschluss vor einigen Jahren beim gemütlichen Zusammensitzen mit einem Glas Wein. Der Plan: "Lukas Onkel lebt seit 20 Jahren in Thailand, da haben wir uns gedacht: Warum besuchen wir den nicht über den Landweg?", erinnert sich Madeleine H.
Überstürzen wollten die SAP-Beraterin und der Projektleiter im BOS-Funk-Bereich die Aktion aber nicht. Mehr als drei Jahre steckten sie in die Vorbereitungen, bauten unter anderem einen alten Lkw aus. "Wir haben jede freie Minute gebaut und gebastelt", sagt die Schwebheimerin. Aus dem Familien- und Freundeskreis hätten sie dabei viel Unterstützung erfahren – auch wenn die Skepsis am Anfang groß gewesen sei.

"Viele meinten damals: Jaja, lass die erstmal Kinder kriegen, dann machen die das sowieso nicht mehr", erinnert sich Madeleine H. Doch das Paar ließ sich nicht beirren. Auch als im Sommer 2022 die gemeinsamen Zwillinge Amy und Ben auf die Welt kommen, halten sie an ihrem Plan von der Weltreise fest.
Richtig los ging es dann Ende September 2023: mit zwei 14 Monate alten Kleinkindern und Hund Otti auf zehn Quadratmetern in Richtung Thailand. Die Wohnung war gekündigt, bei ihren Arbeitsstellen hatte das Paar bis Ende 2026 Elternzeit eingereicht. Ihren Alltag auf Reisen teilt die Familie auf ihrem Instagram-Account "5on6wheels". Das erste Ziel damals: "Erst einmal raus aus Europa, bevor es Winter wird", sagt Madeleine H. Über Kroatien, Albanien, Griechenland ging es für die fünf deshalb zunächst in die Türkei.
Reise-Highlight: Heißluftballons beobachten in Kappadokien
"Wir waren wirklich positiv überrascht von der Türkei. Die Landschaft, die Leute – alle waren so freundlich", sagt Lukas H. Besonders beeindruckt habe sie das Aufsteigen der Heißluftballons in der Region Kappadokien in der Zentraltürkei. "Wir hatten quasi die Pole-Position. Die Heißluftballons sind direkt hinter unserem Lkw aufgestiegen. Das war auf jeden Fall eines unserer Highlights bisher", sagt der 34-Jährige.
Generell versuche die Familie aber möglichst abseits der Touristenpfade zu reisen. Besonders angetan hätten es ihnen deshalb vor allem touristisch eher unerschlossene Länder wie Kirgisistan, Kasachstan oder die Mongolei. "Diese Länder sind so unglaublich weit und landschaftlich wahnsinnig beeindruckend", sagt Madeleine H. Positiv überrascht habe sie auf ihrer Reise bisher aber vor allem eines: "Die Gastfreundlichkeit der Menschen ist wirklich der Wahnsinn – besonders, wenn man mit Kindern unterwegs ist", sagt sie.

Ganz reibungslos sei die Reise aber nicht immer verlaufen. "Gerade am Anfang haben wir uns relativ oft festgefahren, einfach weil wir uns mit dem Fahrzeug noch nicht so gut auskannten", sagt Lukas H. Mehr als einmal hätten Einheimische der Familie zu Hilfe kommen müssen. "Türkische Bauern haben uns mit dem Traktor rausgezogen oder ein alter Grieche hat uns geholfen zu buddeln", erinnert sich der Schwebheimer.
Auch die Bürokratie sei manchmal herausfordernd. "China zum Beispiel ist mit dem eigenen Fahrzeug schwierig zu bereisen. Man muss einen Guide nehmen, braucht einen chinesischen Führerschein, TÜV, Nummernschilder, ein amtstierärztliches Gesundheitszeugnis für den Hund", sagt Madeleine H. Gelohnt habe es sich trotzdem.
Zusammenleben zu fünft auf zehn Quadratmetern
Das Zusammenleben zu fünft auf zehn Quadratmetern sei ebenfalls nicht immer einfach. "Gerade an Regentagen, wenn die Kinder ihren Bewegungsdrang haben und nicht rausgehen können, ist das natürlich schon eine Herausforderung", sagt Lukas H. Das sei bisher zum Glück aber selten vorgekommen. Die meiste Zeit verbringe die Familie ohnehin außerhalb des Lkws in der Natur. Wenn es regnet, fahren sie einfach weiter.

Dass viele vermutlich Bedenken hätten, eine solche Reise mit Kleinkindern anzutreten – gerade was die medizinische Versorgung angeht – kann das Paar aber durchaus verstehen. Einer ihrer Tipps: gute Vorbereitung. "Wir haben einen Erste-Hilfe-Kurs für Kleinkinder und einen für Hunde besucht", sagt Madeleine H. Außerdem habe sich die Familie im Tropeninstitut in Würzburg impfen und beraten lassen. Vom Kinderarzt gab es für alle Fälle eine Reise-Notfallmedikation.
Generell will das Paar Familien, die über ein ähnliches Abenteuer nachdenken, die Angst aber nehmen. "Was ich auf unserer Reise gelernt habe, ist: Natürlich gibt es in anderen Ländern andere Krankheiten. Aber die Menschen hier kennen das und wissen, wie man damit umgeht", sagt Madeleine H.
Mittlerweile hat die Familie das große Ziel ihrer Reise erreicht, den Onkel in Thailand besucht und befindet sich jetzt wieder auf dem Rückweg nach Deutschland. Im Herbst 2026 sollen die Kinder dort in den Kindergarten. Für Madeleine und Lukas H. geht es dann zurück in ihre Jobs. Worauf sie sich abgesehen von dem Wiedersehen mit Freunden und Familie besonders freuen? "Gutes Brot und Wurst", sagt Madeleine H. und lacht.