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Gerolzhofen
Mit Druck unter der B 286 hindurch: Tunnel für neue Gerolzhöfer Wasserleitung entsteht per Spülbohrverfahren
Kein Bagger nötig: Beim Besuch auf der Baustelle wird klar, weshalb der Verkehr auf der vielbefahrene Bundesstraße von aufwendigen Bauarbeiten verschont bleibt.
Maschinist Harald Bambey bedient das Bohrgerät, das einem Minibagger gleicht. Das Rohr, das zur Pilotbohrung in die Erde getrieben wird, ist noch vergleichsweise dünn.
Foto: Michael Mößlein | Maschinist Harald Bambey bedient das Bohrgerät, das einem Minibagger gleicht. Das Rohr, das zur Pilotbohrung in die Erde getrieben wird, ist noch vergleichsweise dünn.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:40 Uhr

Es ist eine knifflige Aufgabe, die dem Beobachter Kopfzerbrechen bereitet: Wie soll durch das kleine Bohrloch am Ende ein Rohr mit über 31 Zentimetern Durchmesser hindurchpassen? Es ist für den Laien kaum zu glauben, dass das gehen soll. Wie das in der Praxis funktioniert, weiß Werner Eibl. Er überwacht die Bauarbeiten für die neue Wasserleitung an der Auffahrt zur B 286 bei Rügshofen.

Der Bauingenieur hat für die Firma Galjard aus Fuldabrück bei Kassel schon unzählige Leitungsrohre im Untergrund verschwinden lassen, nicht nur, wie hier, unter einer Straße hindurch. "Das funktioniert auch unter Flüssen, unter Autobahnen oder Landebahnen auf Flughäfen", erzählt der Mann mit der langen Berufserfahrung. Immer dann, wenn es besonders aufwendig, kompliziert oder auch mit hohen Folgekosten verbunden wäre, einfach einen Leitungsgraben zu baggern, bietet sich das Spülbohrverfahren an.

Bauingenieur Werner Eibl überwacht die Spülbohrung unter der B 286 hindurch und erläutert die Arbeiten.
Foto: Michael Mößlein | Bauingenieur Werner Eibl überwacht die Spülbohrung unter der B 286 hindurch und erläutert die Arbeiten.

So ist das auch hier der Fall. Die Baustelle behindert oder stört so kein einziges vorbeifahrendes Fahrzeug auf der stark frequentierten B 286. Innerhalb weniger Tage, so der Plan, wird es möglich sein, die Rohre für die neue Wasserleitung, die ein altes, stellenweise beschädigtes Gussrohr aus den 1950er-Jahren ersetzen wird, dreieinhalb Meter unterhalb der Straße zu verlegen. Exakt 72 Meter wird der dafür gebohrte Kanal im Erdreich lang sein, sagt Ernest Shevchenko, der Anfang dieser Woche für die Baufirma auf der Baustelle tätig ist.

Schmales Rohr verschwindet in einer Grube

Ingenieur Eibl beschreibt dem Laien anschaulich den Ablauf einer Spülbohrung. Zuerst wird eine Pilotbohrung angelegt. Hierzu wird ein schmales Rohr mit einem Durchmesser von elf Zentimetern durch den Erdboden getrieben. Dies ist vor Ort die Aufgabe von Harald Bambey. Der Maschinist bedient ein Fahrzeug, das von außen einem Minibagger gleicht. Das Gerät nahe der B 286-Böschung steht am Rand einer kleinen Grube. Diese füllt sich mit matschgrauem Wasser, das später entsorgt wird. Darin verschwindet das schmale Rohr in der Erde.

Auf der gegenüberliegenden Seite der B 286 hebt ein Bagger die Grube aus, in der der gebohrte Tunnel endet.
Foto: Michael Mößlein | Auf der gegenüberliegenden Seite der B 286 hebt ein Bagger die Grube aus, in der der gebohrte Tunnel endet.

Damit die Spitze der Stange durch die Erde kommt, dreht sich diese nicht nur wie ein Bohrer. Es wird auch gedrückt. Der Clou an der ganzen Sache ist jedoch die Flüssigkeit, die zugleich durch das Rohr gepresst wird, mit 10 bis 40 bar Druck. Diese besteht aus Wasser, dem Bentonit, ein Tonmehl, beigemischt ist. Das ist quasi der Schmierstoff, der dem Bohrkopf durch den Boden hilft. Hergestellt wird das Gemisch direkt an der Baustelle im Aufbau eines Lastwagens, der hinter dem Bohrgerät steht.

Je nach Beschaffenheit des Bodens, so erklärt Eibl, können dem Gemisch weitere Stoffe beigefügt werden. Auf diese Weise könnten mit speziellen Bohrgestängen auch Gesteinsschichten per Spülbohrung durchdrungen werden. Dies ist hier jedoch nicht notwendig.

Nach und nach werden die Bohrköpfe dicker

Sobald erst einmal die Pilotbohrung erfolgreich war, wird der gebohrte Tunnelgang nach und nach aufgeweitet. Hierzu werden auf die Spitze des Bohrgestänges immer größere Bohrköpfe mit größerem Querschnitt aufgesetzt. Mit diesen wächst dann auch der Durchmesser des Lochs.

Mit jedem der fortlaufenden Bohrschritte wächst die Größe des Bohrkopfes. Am Ende hat der Tunnel einen Durchmesser von 43 Zentimetern.
Foto: Michael Mößlein | Mit jedem der fortlaufenden Bohrschritte wächst die Größe des Bohrkopfes. Am Ende hat der Tunnel einen Durchmesser von 43 Zentimetern.

Wenn das Bohrloch in etwa den 1,3-fachen Durchmesser der Rohrleitung, die dort eingezogen wird, erreicht hat, hat der Spühlbohrer sein Werk vollendet. In diesem Fall bedeutet das, dass der Tunnel unter der Bundesstraße hindurch einen Durchmesser von 43 Zentimeter haben wird. Dann passt das bereits vor Ort bereitliegende äußere Schutzrohr mit einem Durchmesser von 31,5 Zentimetern problemlos hindurch. In diesem liegt dann ein zweites Rohr mit einem Durchmesser von 18 Zentimetern – das eigentliche Produktrohr, durch das künftig Fernwasser für das Gerolzhöfer Stadtgebiet fließen wird.

Zweite Bohrung fällt deutlich kürzer aus

Neben der Unterquerung der B 286 wird in einem weiteren Bauschritt auch die Staatsstraße (Rügshöfer Straße) per Spülbohrung unterquert. Denn die neue Wasserleitung verläuft – wie die bisherige – von der Friedhofskapelle die Straße und an einer Gärtnerei vorbei bis zur Bundesstraße, sagt Sebastian Wehner. Er ist Polier der Firma Ullrichbau aus Elfershausen, die die Wasserleitung verlegt. Auf der anderen Seite der Straße kommt die Leitung jedoch auf der "verkehrten" Seite heraus, auf der stadtauswärts betrachtet rechten Seite der Rügshöfer Straße. Der Hydrant, wo die Leitung im Untergrund angeschlossen wird, steht jedoch auf der linken Straßenseite, auf Höhe des Schützenhauses. Deshalb ist es laut Wehner nötig, einen zweiten, 34 Meter langen Tunnel zu bohren.   

An der Baustelle liegen bereits die Kunststoffrohre für die neue Wasserleitung bereit. Das dicke Rohr in der Mitte ist das Schutzrohr, in dem das schmälere Produktrohr liegt, durch das das Wasser fließt.
Foto: Michael Mößlein | An der Baustelle liegen bereits die Kunststoffrohre für die neue Wasserleitung bereit. Das dicke Rohr in der Mitte ist das Schutzrohr, in dem das schmälere Produktrohr liegt, durch das das Wasser fließt.

Auf den restlichen Strecken verlegt die Baufirma die neue Leitung ganz herkömmlich in offenen Gräben, sagt der Polier. Hierzu wird im Lauf der folgenden Wochen unter anderem auch der Gehweg entlang der Friedhofsmauer aufgebaggert.

Anlieger müssen sich selbst um neue Anschlüsse kümmern

Während der Bauarbeiten erhalten die Anlieger, die bislang ihr Wasser aus der alten gusseisernen Leitung erhielten, eine Ersatzversorgung. Hierfür sind größtenteils oberirdisch blaue Kunststoffrohre verlegt worden. Laut Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak wurden die Eigentümer der Anwesen im März dieses Jahres informiert, dass die neue Leitung kommt und dass sie sich selbst um die Erdarbeiten kümmern müssen, die auf den Privatgrundstücken notwendig sind, um die Hauswasseranschlüsse mit der neuen Leitung zu verbinden. Betroffen seien alle Anwesen entlang der Rügshöfer Straße, von der Friedhofskapelle bis zur B 286.

Die Aufträge für die Erneuerung der Hausanschlüsse auf Privatgrund müssen die Besitzer selbst vergeben, so Wozniak. Die Tiefbauarbeiten auf eigenem Grund könne jeder selbst vornehmen oder ebenfalls beauftragen, wobei die Stadt gegebenenfalls unterstütze. Die Montage der Leitung übernehme die Stadt.

Worauf der Bürgermeister bereits jetzt hinweist: Im Zuge der Bauarbeiten ist vorgesehen, den Abfahrtsast der Abfahrt Nord von Wiesentheid kommend vom 5. bis einschließlich 16. Juni zu sperren. Die Umleitung soll über die Abfahrt Alitzheim erfolgen. Das Auffahren auf die B 286 bei Rügshofen bleibt weiterhin möglich. Die Sperrungen würden entsprechend dem Baufortschritt angepasst und bekannt gegeben.

 
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