Beinahe wäre der Besuch von Kerstin Schreyer (CSU) in Stadtlauringen eine Veranstaltung geworden, wie sie in Corona-Zeiten schwer vermisst wird. Biertisch-Garnituren, natürlich mit Abstand, waren auf dem schmucken Stadtlauringer Rathaus-Vorplatz aufgestellt worden und auch die Bühne war angerichtet. Die Musikanten spielten sich gerade ein, als dann doch noch ein Spielverderber auftauchte. Einsetzender Regen machte aus dem Besuch der bayerischen Ministerin für Wohnen, Bauen und Verkehr kurzfristig eine Indoor-Veranstaltung.
Munter diskutiert wurde aber auch im Rathaus-Foyer, denn das Thema "Flächenverbrauch reduzieren durch lebendige Ortskerne", hat in Zeiten des Klimawandels einen Bedeutungsschub erfahren. Der Verbrauch von Flächen und damit ihre Versiegelung ist längst kein "grünes Thema" mehr, sondern ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Kerstin Schreyer war auf Einladung von MdB Anja Weisgerber (CSU) – man kennt sich aus Junge-Union-Zeiten – nach Stadtlauringen gekommen. Auch Staatssekretär Gerhard Eck und stellvertretende Landrätin Christine Bender (beide CSU) waren mit von der Partie. Die Ortswahl für die Diskussionsrunde, die auch im Internet übertragen wurde, war kein Zufall, ist doch Stadtlauringen sozusagen ein Musterschüler im Hinblick auf Innenortsanierung und Wahrnehmung der Möglichkeiten der Städtebauförderung. Die gibt es seit 50 Jahren als wichtiges Instrument der Stadt- und Ortentwicklung.
Der Marktplatz, die Rathaus-Sanierung, der Kunsthandwerkerhof oder die Sanierung des Schüttbaus. Das sind nur einige der "Leuchtturm-Projekte", so Weisgerber, die Stadtlauringen als "perfekte Beispielkommune" für die Städtebauförderung bezeichnete.
Projekte bis in den kleinsten Ortsteil
Das dürfte auch Bürgermeister Friedel Heckenlauer (CSU) und drittem Bürgermeister und CSU-Ortsverbandsvorsitzenden Heiko Zimny gefallen haben. In ihren Redebeiträgen betonten sie, wie ernst man es nicht nur in Stadtlauringen, sondern auch in den zehn Ortsteilen mit der Innenortentwicklung nimmt. Selbst in Mailes mit seinen 88 Einwohnern gibt es zum Beispiel mit der Neugestaltung des Dorfgemeinschaftshauses ein solches Projekt. Wenn sich junge Familien – und nicht nur die – entschlossen haben, lieber ein altes, verwaistes Anwesen im Ortskern neu aufzubauen oder zu sanieren, anstatt auf der grünen Wiese zu bauen, dann braucht es Unterstützung.
Diese Unterstützungs-Möglichkeiten, angefangen von Zuschüssen zu den Abrisskosten bis hin zu steuerlichen Abschreibungsmodellen für Innenort-Sanierer, wurden an diesem Abend gemeinsam und ausführlich erörtert. 6,9 Millionen Euro hat zum Beispiel Stadtlauringen in der Amtszeit von Friedel Heckenlauer über die Städtebauförderung erhalten, und das Gemeindeoberhaupt denkt schon über den Ortskern hinaus. Am Kerlachberg, wo viel Wohnraum aus den 1960er-Jahren stehe, der für die Bedürfnisse der jüngeren Generation fit gemacht werden müsse, wären Mittel der Städtebauförderung gut aufgehoben, so Heckenlauers Wunsch an die Ministerin.
"Das was wir haben klug nutzen und möglichst wenig neu versiegeln", so auch das Credo der Ministerin, die in ihrem Beitrag klar machte, dass die Bereiche Wohnen, Bauen und Verkehr nicht grundlos in ihrem Ministerium zusammenkommen. Denn der Dreiklang – gute Verkehrs- und ÖPNV-Anbindung, entwickelte Ortskerne und nachhaltiges bezahlbares Bauen – sei es, der den ländlichen Raum zukunftsfähig mache. "Ortskernsanierung ist Umweltschutz", so Kerstin Schreyer. Die große Stunde des ländlichen Raumes schlage jetzt. "In München gibt es keinen Wohnraum mehr – ich rede nicht von kostengünstigem Wohnraum, es gibt gar keinen Wohnraum mehr", hatte sie eingangs festgestellt. Gleichzeitig sei der öffentliche Personennahverkehr in der Landeshauptstadt "oft rappelvoll, so dass man kaum reinpasst".
Arbeit hat sich teilweise von Anwesenheit entkoppelt
Die Pandemie habe gezeigt, dass sich Arbeit – Stichwort Homeoffice – ein stückweit von körperlicher Anwesenheit entkoppelt habe. Immer mehr Menschen überlegen von der Stadt aufs Land zu ziehen –gute Internetversorgung und öffentlichen Nahverkehr vorausgesetzt. Da gelte es nun, auch mit Hilfe der Städtebauförderung, gute Angebote zu machen. Die Pandemie habe aber auch vielen Menschen, die rund um die Uhr in einer Wohnung die Herausforderungen von Homeoffice und Home-Schooling meistern mussten, den Wert eines Gartens oder eine Terrasse klar gemacht.
"Wir werden die Innenorte nicht halten können, wenn das Bauen im Ortskern teurer ist, als der Neubau auf der grünen Wiese", so Staatssekretär Gerhard Eck. Auch da könne Städtebauförderung für Ausgleich sorgen, könne man zum Beispiel bei der Finanzierung der Abbruchkosten, noch mehr tun. Und es dürfe nicht sein, dass Genehmigungsverfahren für Innenort-Objekte ungleich länger dauern, als die für das Haus von der Stange im Neubaugebiet, wurde im Diskussionsteil mehrfach angesprochen. Ein echtes Hindernis, vor allem für junge Familien und wenn dann vielleicht noch der Denkmalschutz dazu kommt. Das "Landleben" so ein Fazit, hat viele Reize, nur die Rahmenbedingungen müssen halt stimmen.