
Nach mehreren Verhandlungstagen hat das Landgericht Schweinfurt ein Urteil gegen ein Geschwisterpaar aus Schweinfurt gefällt: Die Große Jugendkammer verurteilte eine 22-Jährige unter anderem wegen Handels mit Cannabis und Betäubungsmitteln in zahlreichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Ihr 17-jähriger Bruder bekam wegen Beihilfe zum Handel und besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie vorsätzlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.
Für das Gericht steht fest: Zwischen 2022 und 2024 soll die 22-Jährige einen "gut organisierten Drogenhandel aus ihrer Wohnung heraus" betrieben haben, ihr Bruder soll als "Läufer" fungiert, Drogeneinkäufe abgeholt und an Kunden ausgeliefert haben. Einen Mittäter sieht die Kammer in dem jungen Mann nicht. Zwar habe die 22-Jährige ihn als Partner gesehen, man bekomme allerdings "eher den Eindruck, dass alles auf Anweisung der Schwester geschehen ist", sagte die Vorsitzende Richterin.
Ab März 2023 auch Ecstasy und LSD verkauft
Sowohl die junge Frau als auch ihr Bruder waren im Prozess weitgehend geständig. Auch durch Chatverläufe und Handyauswertungen habe man einsehen können, wie sich die Geschäfte zugetragen haben, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Die junge Frau habe bei Lieferanten bestellt, jemand – oft der Bruder – habe es abgeholt und an die Kunden ausgeliefert. Habe sich der Verkauf zu Beginn noch auf Cannabisprodukte beschränkt, seien ab März 2023 auch Ecstasy und LSD dazu gekommen, erklärte die Richterin.
Im April 2023 habe es eine Durchsuchung in der Wohnung der jungen Frau und im Zimmer des kleinen Bruders in der elterlichen Wohnung gegeben. "Normalerweise geht man davon aus, dass Angeklagte dann die Füße still halten, doch schon im Juli 2023 hat man die Tätigkeiten wieder aufgenommen", sagte die Richterin. Hinzu komme: "Wir wissen es nicht belastbar, aber wir vermuten, dass ein Großteil der Kunden unter 18 Jahren war."
Besonders schwer wog ein Vorfall von Anfang 2024: Das Geschwisterpaar sei davon ausgegangen, dass ein Kunde sie "abziehen" wollte. Daraufhin habe man sich entschlossen, dem jungen Mann eine Lektion zu erteilen. Der 17-Jährige soll alkoholisiert und mit Unterstützung zu einem Treffpunkt gekommen sein. Das Messer, das er bei sich trug, habe er zwar nicht konkret eingesetzt, sagte die Richterin, aber er habe es auf eine "bedrohliche Art und Weise vorgezeigt". Der Kunde habe ihm schließlich 450 Euro überlassen.
22-Jährige will von Messer nichts gewusst haben
Letztlich habe sich herausgestellt, dass der Kunde das Geschäft regulär abwickeln wollte. "Offenbar kam aber keiner auf die Idee, sich zu entschuldigen, die Ware auszuhändigen oder das Geld zurückzugeben", sagte die Richterin. Stattdessen habe man über weitere Bestrafungsmaßnahmen nachgedacht. Die 22-Jährige hatte angegeben, sie habe nicht gewusst, dass ihr Bruder ein Messer dabei hatte. "Und wir konnten es nicht widerlegen."
Bei dem 17-Jährigen sah das Gericht in seinem Urteil vor allem einen erzieherischen Aspekt – und legte ihm entsprechende Weisungen für die Bewährungszeit von drei Jahren auf: Er muss auf Alkohol und Drogen verzichten und seine Ausbildung abschließen. Weitere Weisungen behält sich das Gericht vor. Zudem wird von beiden Angeklagten Wertersatz eingezogen: Bei der 22-Jährigen sind das fast 15.000 Euro, bei dem 17-Jährigen 450 Euro.
Die Staatsanwaltschaft hatte für das Geschwisterpaar auf deutlich höhere Strafen plädiert: Für die 22-Jährige hatte sie eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren gefordert, für den 17-Jährigen eine Jugendstrafe von vier Jahren und vier Monaten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.