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Schweinfurt
Geschwister sollen mit Cannabis und Ecstasy gedealt haben – auch noch nach der Wohnungsdurchsuchung
Vor der Großem Jugendkammer sind die Angeklagten weitgehend geständig. Sie sollen Cannabis auch an Minderjährige verkauft haben.
So sehen Cannabispflanzen aus.
Foto: Christian Charisius | So sehen Cannabispflanzen aus.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.11.2024 02:41 Uhr

Am Abend des 7. April 2023 wollen zwei Polizeibeamte in Zivil eine Gruppe Jugendlicher nahe einer Bahnunterführung in Schonungen einer Kontrolle unterziehen. Als sie sich zu erkennen geben, rennen die Jugendlichen in alle Richtungen weg. Einer aber will durch die Unterführung das Weite suchen. Doch die Beamten sind schneller. Sie bringen ihn zu Boden, finden bei ihm einen 20-Gramm-Brocken Haschisch und ein Messer.

Der 18-Jährige verrät den Beamten, woher das Cannabis stammt, wo und von wem in Schweinfurt er es bezogen hat. Um 2.15 Uhr am Folgetag rammen Polizisten die Wohnungstür einer heute 22-jährigen Schweinfurterin auf und durchsuchen ihre Wohnung nach Betäubungsmitteln. Große Mengen finden sie nicht: 24 Gramm Haschisch, Feinwaagen, ein paar Druckverschlusstütchen, 295 Euro – mutmaßlich aus Drogenverkäufen. Zeitgleich wird auch das Zimmer ihres jüngeren Bruders in der elterlichen Wohnung – ebenfalls in Schweinfurt – durchsucht. Lediglich knapp fünf Gramm Haschisch und ein Joint sind die Ausbeute.

Klappmesser vor den Bauch gehalten?

Gleichwohl sitzen beide nun vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt und müssen sich wegen fortgesetzten Handels mit Cannabis und Drogen in nicht geringer Menge verantworten. Der jüngere Bruder ist zum größeren Teil lediglich wegen Beihilfe zur Dealerei angeklagt. Er soll laut Staatsanwältin als "Läufer" fungiert haben, der insbesondere Haschisch und Marihuana in kleineren Mengen an die Kundschaft verteilt habe – allerdings auch an Schulen an Minderjährige. Darüber hinaus wird dem 17-Jährigen aber noch eine "besonders schwere räuberische Erpressung" und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen.

Der 17-Jährige soll von seiner Schwester den Auftrag erhalten haben, einem Haschisch-Abnehmer eine Lehre zu erteilen: von ihm den vereinbarten Preis von 450 Euro für 100 Gramm Haschisch zu kassieren, ohne ihm die Ware zu geben. Vielmehr solle er ihn schlagen. Genau das habe der Angeklagte gemacht und dem Kunden dabei auch noch ein Klappmesser vor den Bauch gehalten.

"Dumme Entscheidung von uns beiden"

Nach Verlesung der zwölfseitigen Anklageschrift sind beide Angeklagte weitgehend geständig. Über Verteidigererklärungen räumen sie die Taten ein. Die 22-Jährige habe schon seit ihrem 14. Lebensjahr Betäubungsmittel konsumiert und seit 2021 auch verkauft, um ihren Bedarf zu finanzieren. Rund ein Kilogramm Cannabis sei es im gesamten Zeitraum bis 2024 gewesen, ein Fünftel davon Eigenbedarf. Von den rund 60 Ecstasy-Tabletten habe sie 30 selbst verbraucht, auch zehn LSD-Trips räumt sie ein. Und: Die 500 Milliliter Liquid-Ecstasy seien auch nur für sie selbst gewesen.

Das "Abziehen" des Kunden auf einem Spielplatz in Schweinfurt durch den Bruder – bevor er sie "abziehen" würde – sei eine "dumme, aber gemeinsame Entscheidung von uns beiden gewesen", lässt die 22-Jährige über ihre Anwältin erklären. Leider habe sie es bisher nicht geschafft, von den Drogen wegzukommen. Nun wolle sie einen "Schlussstrich ziehen" unter ihre Drogenvergangenheit, mit der Polizei zusammenarbeiten und durch eine Therapie von der Droge loskommen.

Schlage, Tritte, sieben Mann Verstärkung

Für den 17-Jährigen erklärt sein Anwalt: "Es war der falsche Weg, auf den ich damals abgebogen bin." Er habe Konsum und Dealerei damals "cool gefunden", nun aber nicht mehr. Die meisten der konkreten Anklagepunkte bestätigt er. Mit einigen in der Anklage genannten Geschäften habe er aber nichts zu tun. Die räuberische Erpressung, Schläge und Tritte gegen den angeblichen "Abzieher"-Kunden räumt er ein.

Nur das Messer habe er ihm nicht an den Bauch gehalten, sondern nach unten gerichtet an seinem Bein. Laut Anklage soll er aber zu dem Treffen am Spielplatz "zur Verstärkung mindestens sieben weitere bisher unbekannt gebliebene Personen mitgebracht" haben. Damit hätte er für eine recht beeindruckende Drohkulisse gesorgt.

Laut Staatsanwältin hat die erste Wohnungsdurchsuchung im April 2023, bei der nicht allzu viel Stoff gefunden wurde, die Angeklagte wenig beeindruckt. Danach habe sie den Rauschgift- und Cannabishandel "unbeirrt" fortgesetzt und von Juli 2023 bis Ende März 2024 noch einmal insgesamt 500 Gramm Haschisch bezogen und damit Einnahmen von 4500 Euro erzielt.

Insgesamt wird die Staatsanwältin bei den Angeklagten die Einziehung von Wertersatz über rund 15.000 Euro fordern. In dem Prozess sind vier weitere Verhandlungstage in der nächsten Woche angesetzt. Am Montag wird das Verfahren fortgesetzt.

 
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