Die Berichterstattung dieser Redaktion über die Gemeinschaft "Go&Change" ruft die Ermittlungsbehörden auf den Plan. Wie die Staatsanwaltschaft Schweinfurt auf Anfrage mitteilt, hat sie "Vorermittlungen von Amts wegen" aufgenommen. Diese sollen klären, "ob es im Umfeld der Gruppierung zu Straftaten gekommen ist".
Ehemalige Mitglieder von "Go&Change" hatten gegenüber der Redaktion schwere Vorwürfe gegen die Gemeinschaft erhoben, die sich vor rund drei Jahren im ehemaligen Kloster "Maria Schnee" in Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) niedergelassen hat. Die ehemaligen Bewohner oder Gäste berichteten unter anderem von Psychoterror, Manipulation und sexualisierter Gewalt. "Go&Change" hingegen sieht sich als Opfer verschiedener "Diffamierungsversuche" und hat in der vergangenen Woche mit einer Stellungnahme auf die Berichterstattung reagiert.
"Go&Change" ruft zu Unterstützung auf
Darin erklärte die Gemeinschaft, dass es "nie zu Übergriffigkeit, Machtmissbrauch, Nötigung oder ähnlichem gekommen" sei. Das seien "reine Erfindungen". Außerdem bat sie "liebe Freunde" um Unterstützung in Form von öffentlichen oder anonymisierten Erlebnisberichten über deren Aufenthalt in dem ehemaligen Kloster.
Der Aufforderung von "Go&Change" sind mehrere Personen gefolgt, deutlich mehr Männer als Frauen. Viele Zuschriften klingen sehr ähnlich. Die Befürworter von "Go&Change" zeigen sich "fassungslos", "entsetzt", "wütend" oder "erschüttert". Sie schreiben von "Verleumdung" und "Diffamierung" und charakterisieren den Bericht dieser Redaktion als "reißerische Story".
Carlo G. schreibt zum Beispiel, er sehe "die genannten Vorwürfe als komplett haltlos an". Er habe "durchweg positive Erfahrungen in der Gemeinschaft gemacht", die eineinhalb Jahre sein "Zuhause gewesen" sei. Bis heute habe er "ein gutes Verhältnis" zur Gemeinschaft und stehe "voll hinter dem Projekt, das von ehrlichen und hart arbeitenden Menschen aufgebaut" worden sei. Robert G. schreibt, er habe bei "Go&Change" viele Menschen gesehen, "die glücklicher, liebevoller, selbstsicherer und gesünder geworden sind". Er habe mehrere Monate im Kloster verbracht – eine "intensive Zeit", die er als "eines der liebevollsten Geschenke in meinem Leben" beschreibt.
Gleichzeitig hat die Redaktion in den vergangenen Tagen erneut etliche lange Gespräche mit weiteren Betroffenen oder deren Angehörigen geführt, die der Gemeinschaft zum Teil äußerst skeptisch gegenüberstehen und dementsprechend eine andere Sichtweise haben. Zum Beispiel Andreas Degenhardt.
"Go&Change" löscht Kritik auf Facebook
Vor einer Woche hatte der Unternehmer seine Kritik öffentlich auf der Facebook-Seite von "Go&Change" geschrieben, wo die Gemeinschaft ihre Stellungnahme zum Artikel dieser Redaktion auch veröffentlicht hatte. Er schrieb von extremem Gruppendruck und einem "Muss von Anpassung". Und: "Eine andere Meinung wird nicht akzeptiert und als Teilnehmer eines Kennenlernseminars kann dir schnell die geballte zerstörerische Kraft eurer Gruppe gegenüberstehen." Wenige Minuten später löschte "Go&Change" die eigene Stellungnahme – und damit auch Degenhardts Kritik.
Im Gespräch mit dieser Redaktion schilderte Degenhardt seine Eindrücke von einem sogenannten Kennenlernwochenende in Lülsfeld, an dem er vor etwa eineinhalb Jahren mit seiner Frau teilgenommen hatte. Solche Veranstaltungen für Interessierte hat "Go&Change" regelmäßig gegen eine Gebühr von bis zu 350 Euro angeboten, seit einigen Tagen sind sie "bis auf weiteres" abgesagt. Laut Degenhardt wurden Gäste sehr freundlich empfangen. Die Atmosphäre, das Gebäude und der Garten hätten ihm gut gefallen. Schnell habe er jedoch bei den Gesprächsrunden gemerkt, dass Einwände oder Kritik am Ablauf nicht akzeptiert werden. In einer der Diskussionsrunden wurde er, nachdem er Kritik geäußert hatte, aufgefordert zu gehen, was er nicht tat.
Eine Frau, die anonym bleiben möchte, bemängelte gegenüber der Redaktion vor allem das Kinderbetreuungskonzept, bei dem Eltern wenig mitzureden hätten. Während ihrer Aufenthalte bei "Go&Change" habe sie immer vorsichtig sein müssen, was sie wem gegenüber sagte. Nachfragen von ihr seien sofort als Vorwürfe ausgelegt worden, die der Gemeinschaft nicht gut tun würden. Sie hätte, als bei ihr die Alarmglocken angingen, "Go&Change" zwar verlassen können, innerlich aber nicht. "Das verfolgt einen im Kopf."
Weltanschauungsbeauftragte reagieren auf Stellungnahme von "Go&Change"
Die Weltanschauungsbeauftragten Jürgen Lohmayer (Diözese Würzburg) und Matthias Pöhlmann (Evangelisch-Lutherische Kirche Bayern) aus München, beide promovierte Theologen, werden in der Stellungnahme von "Go&Change" ebenfalls angesprochen. Die Gemeinschaft schreibt, die Weltanschauungsbeaufragten "waren auf unsere Initiative hin bei uns zu Besuch, wir haben intensive Gespräche geführt und mehrmals angeboten jeden Konfliktpunkt bis zum Ende auszuarbeiten und eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir haben nach dem Gespräch nichts mehr von ihnen gehört. Daher dachten wir, dass kein Konflikt besteht".
Dazu erklären Lohmayer und Pöhlmann auf Nachfrage: Es gehöre zur in der weltanschaulichen Beratungsarbeit gebotenen Sorgfaltspflicht, die sich bietenden Gelegenheiten zur Information über Gruppen und Gemeinschaften wahrzunehmen und deren Selbstverständnis, ihr Konzept, ihre Weltanschauung auch im persönlichen Austausch kennenzulernen. "Diesem Ziel diente unser Besuch vor Ort am 26. März 2019." Dabei seien Kritikpunkte benannt worden und es habe unter anderem kritische Nachfragen zur Gruppenstruktur und zum pädagogischen Konzept gegeben, so Lohmayer und Pöhlmann weiter.
Zu absoluter Vertraulichkeit verpflichtet
Und: "Wir Weltanschauungsbeauftragte sind unseren Klienten verpflichtet, das heißt, ihnen zuzuhören und Hilfestellung zu geben. Unser Auftrag ist es nicht, 'gemeinsame Lösungen zu finden' oder zwischen unterschiedlichen Interessen zu vermitteln", erläutern Lohmayer und Pöhlmann. Beide betonen: "Den Menschen gegenüber, die sich an uns wenden und von ihren Konflikten zum Beispiel mit 'Go&Change' erzählen, sind wir zu absoluter Vertraulichkeit verpflichtet. Deren Schilderungen und die Häufigkeit solcher Berichte sind wichtige Indikatoren für die Konfliktträchtigkeit der jeweiligen Gruppe."
Agata Laszcz, B.Sc. Psychologie
Es ist demnach nämlich ganz einfach:
Die Anschuldigungen gegen Go&Change sind Projektionen der bösen, bösen Schatten der Ehemaligen.
Wäre es nicht die Frage, die man da mal stellen muss, wieso die Ehemaligen, nach langer intensiver Auseinandersetzung mit nämlichen Schatten BEI Go&Change, denn eigentlich SO wenig von ihren Schatten verstehen, dass sie einfach weiter lustig projizieren?
Muss man sich nicht, auch angesichts der sich ausdünnenden Reihen und des Bewohnerwechsels nicht eher fragen, ob die eigene Arbeit am "geheilten" Menschen nicht vielleicht einfach am Menschen vorbeigeht?
Oder sind das etwa tatsächlich die Unheilbaren, die Aussätzigen?
Ungeachtet des Inhaltes der Vorwürfe, ich finde es bemerkenswert arrogant, so zu denken:
Alle haben Schatten, alle projizieren, nur wir nicht.
Und "wir", das sind letztlich die, denen der Laden gehört.
Also lag die Schatten-Definitionsmacht bei dieser Person? Oder bei einem Leitungsteam? Ich vermute, sie lag nicht bei der/dem Betroffenen selbst. Stelle ich mich damit nicht über einen Menschen? Und werden damit nicht Machtstrukturen geschaffen? Ich denke, doch.
Können Sie das vielleicht als Dokument ins Netz stellen und bitte den Link dazu hier posten?
Ich gehe nicht explizit auf die Vorwürfe ein, die jeden mitfühlenden Menschen treffen würden. Details können sie gerne auf der Internetseite, die bereits Georg Barthels erwähnte, nachlesen, wo auch bald mein Bericht zu finden ist.
Dr. med. Mareike Knör
"Unser höchstes Anliegen ist es, Menschen auf ihrem Weg der Heilung und des Wachstums zu unterstützen und zu begleiten" kommt man am Eindruck eines Kultes kaum vorbei. Dort versammeln sich anscheinend Kranke um einen Heiler.
Und die Definitionsmacht, wer gesund ist und wer wen heilen darf, die liegt selbstverständlich beim Eigentümer und Kopf der Hierarchie.
Und niemand dort besitzt einen Therapeutenschein für die "Schattenarbeit".
Das nenne ich aber mal wirklich die "neue Kultur"!
Rachel Edwards
In meinem Studium habe ich mich intensiv mit Themen um Pädagogik und Erziehung, Sozialdynamiken in Gruppen und Schulklassen sowie Psychologie auseinandergesetzt. Ich habe bisher keinen Ort erlebt, an dem mit solch einer Kompetenz und Liebe an diesen Themen gearbeitet wird, um Erkenntnisse im alltäglich Leben für ein friedliches Miteinander umzusetzten.
Ich kann nur jedem Leser empfehlen sich selbst eingehend mit der Gemeinschaft auseinanderzusetzten, bevor vorschnell ein Urteil entsteht.
Eine gute Möglichkeit hierfür bietet die von Georg Barthels oben angegebene Seite.
Judith Fitz-Koch
(Lehramt Sonderpädagogik, Staatsexamen)
Magdalena Kloibhofer, Internationale Unternehmensberaterin
Und der Artikel ist Ihnen nicht ausgewogen genug?
Eine ganz sonderbare Auffassung von Journalismus, Aufklärung und kriminalistischer Arbeit drückt sich in diesem Denken aus.
Ich halte solches Denken für höchst suspekt und obendrein gefährlich.
Meine Meinung nachlesen und vor allem sich in umfassendes Bild über die Geschehnisse mach können sie auf der Internetseite: https://alle-seiten.org/
Georg Barthels
Harvey Weinstein hat als Produzent hervorragende Arbeit geleistet und war zu mir immer freundlich und zuvorkommend:
"Ich kann <als gelegentlich mich dort aufhaltender Außenstehender> keinen der Vorwürfe bestätigen“.
Ich war auch nie dabei, als mein Kumpel seine Olle vermöbelt hat. Ne, kann ich echt nich’ bestätigen.
Als hinge die Fragwürdigkeit allein am Nachweis strafrechtlich relevanter Vorgänge.
Dem ist nicht so. Auch Scientology und ähnlichen Erweckungskulten kann höchst selten etwas nachgewiesen werden.
Bedenklich ist schon die Struktur der Gemeinschaft, in der es ein vom Führer Kai geleitetes System von Rangstufen gibt. Das allein ist antidemokratisch und zwingt die Mitglieder zu Konformismus und gegenseitiger Bespitzelung.
Schaut man sich die Webseite an:
"Unser höchstes Anliegen ist es, Menschen auf ihrem Weg der Heilung und des Wachstums zu unterstützen und zu begleiten" kommt man am Eindruck eines Kultes kaum vorbei. Dort versammeln sich anscheinend Kranke um einen Heiler.
Mit einem erlöserhaften Heilsversprechen: "Diesem Anliegen haben wir unser Leben verschrieben und können und wollen auch nicht wieder dahinter zurück."
Da sind dann doch Aussteiger wohl offenkundig kranke Menschen zweiter Klasse.