Wie viel Geld er während seines Berufslebens in Form von Darlehen vergeben hat, wie viele Träume oder Existenzen er mithilfe dieses Geldes finanziert hat – diese Frage könnte Hubert Zinkl kaum beantworten. Es waren viele Millionen D-Mark, später dann noch viel mehr Euro. Doch eines steht fest: Ab sofort wird er sich in seinem Alltag viel weniger mit Geld beschäftigen als in den vergangenen Jahrzehnten. Denn seit 1. Juni ist der 63-Jährigen im Ruhestand.
Am 1. Juli 1999 begann für Zinkl die Arbeit als einer der beiden Vorstände der Volksbank-Raiffeisenbank Gerolzhofen eG. Sein Spezialgebiet, für das er neben unzähligen weiteren Aufgaben als Bankdirektor hauptsächlich verantwortlich war, war das Kreditgeschäft. Mit der Vergabe von Geld an Privat- und Geschäftskunden kannte er sich bereits damals gut aus, als er nach Gerolzhofen kam. Letztlich war dies auch der eigentliche Grund, weshalb es ihn vor knapp 23 Jahren hierher verschlagen hat.
Der Neue ersetzte zwei bisherige Vorstände
Denn die VR-Bank Gerolzhofen hatte seinerzeit als Nachfolger für die 1998/99 kurz hintereinander in Ruhestand gegangenen Vorstände Alban Stahl und Theo Kaeuffer einen Kreditfachmann gesucht, der neben dem im Amt verbliebenen Vorstand Klaus Henneberger den Posten eines weiteren Vorstands begleitete. Hubert Zinkl kam da gerade recht, erinnert sich Henneberger. "Hubert Zinkl hat den Vorstand gut ergänzt."
Der Mann aus der Oberpfalz brachte als vorheriger Leiter der Kreditabteilung der Raiffeisenbank in Oberviechtach (Lkr. Schwandorf) genau die Qualifikationen mit, die in Gerolzhofen gesucht wurden. Die Stelle war seinerzeit bayernweit ausgeschrieben gewesen, "und ich habe mich einfach darauf beworben", sagt Zinkl rückblickend.
Gerolzhofen war ihm nicht völlig unbekannt
Gerolzhofen war ihm damals nicht völlig fremd, denn seit dem Jahr 1982 fuhr er mit seiner Ehefrau zweimal im Jahr an der Stadt vorbei, wenn sie auf dem Weg nach Strahlungen in der Rhön waren, wo Freunde von ihnen leben. "Dennoch war das für uns schon ein Wagnis, als wir hierher gezogen sind", sagt Zinkl. Seine Frau musste als Realschullehrerin zunächst ein Jahr pausieren, bevor sie in der Mädchenrealschule in Volkach eine neue Stelle fand.
Was bei Zinkl eigenen Angaben nach trotz des Wechsels aus dem Bayerischen Wald an den Rand des Steigerwalds Bestand hatte, das war die Freude am Kontakt mit den Kreditkunden der Bank. Mit diesen den Kontakt zu pflegen, ein Geschäftsverhältnis aufzubauen und diese oft über viele Jahre hinweg zu betreuen – "das hat mir immer am meisten Freude gemacht", sagt Zinkl. Und das blieb so bis zu seinem letzten Arbeitstag in der VR-Bank am 31. Mai.
Kreditgeschäft ist ein Geben und Nehmen
Mit dem Vorstandskollegen Henneberger habe es nie Streit gegeben. Unterschiedliche Meinungen wurden ausdiskutiert, um dann nach außen hin mit einer Stimme zu sprechen, berichtet Zinkl an seinem letzten Arbeitstag. Gegenüber der Kundschaft habe er Zeit seines Berufslebens immer die Philosophie des Gebens und Nehmens verfolgt, meint er. Und übersetzt dies gleich selbst so: "Als Regionalbank kannst du keinen Kunden über den Tisch ziehen." Man begegne den Menschen, denen man heute beispielsweise einen Kredit vermittelt hat, am folgenden Tag vielleicht auf einem Fest, "und da möchte man diesem Menschen auch noch offen in die Augen schauen können", sagt Zinkl. Er habe immer darauf geachtet, dass die Bankgeschäfte, die er vermittelt hat, am Ende immer beide Seiten zu Gewinnern machte.
Diese Geschäfte und die Kundenkontakte, bei denen gegenseitiges Vertrauen das höchste Gut sind, werde er sicherlich vermissen, glaubt Zinkl mit Blick auf die bevorstehende Zeit als Ruheständler, in die er jetzt erst einmal mit einer dreitägigen Wallfahrt in seiner alten Heimat, von Regensburg nach Altötting, startet. Worauf er gut verzichten kann, das sei die "überbordenden Regularien", mit denen mittlerweile alle Banken und Kreditanstalten zu kämpfen hätten und die selbst vor vergleichsweise kleinen Regionalbanken wie der VR-Bank Gerolzhofen keinen Halt machen. Was er ebenfalls nicht vermissen wird: die tägliche Flut an dienstlichen E-Mails. Trotzdem freut er sich darauf, in nächster Zeit mehr lesen zu können – nur wendet er sich dann eher der Literatur zu, statt irgendwelchen Rundschreiben.
Rolle als Gaststudent könnte Zinkl gefallen
Zudem hat Zinkl sich bereits ein Vorlesungsverzeichnis der Uni Würzburg besorgt. Sicher ist sicher, vielleicht möchte er als Gaststudent noch ein paar Vorlesungen besuchen. Die Auswahl der Themen ist bekanntlich groß.
Seiner Nachfolgerin im Vorstand, Jutta Ackermann, und Vorstand Klaus Henneberger, der Ende dieses Jahres ebenfalls in Ruhestand geht, wünscht Zinkl ein möglichst "reibungsloses Zusammenwachsen" der VR-Bank Gerolzhofen mit der Raiffeisenbank Estenfeld-Bergtheim. Über die Anfang Oktober 2021 bekannt gewordene geplante Fusion beider fast gleich großer Banken werden Ende Juni 2022 die beiden Vertreterversammlungen endgültig entscheiden. Sollten die Vertreter zustimmen, dann könnte die technische Fusion beider Bankhäuser mit jeweils rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch im Laufe dieses Jahres über die Bühne gehen.
Nach der Fusion soll es drei Vorstände geben
Ackermann, die die erste Frau an der Spitze der VR-Bank Gerolzhofen in deren 140 Jahre zurückreichenden Geschichte ist, wird im Fall der vollzogenen Fusion einen von drei Posten im neuen Vorstandsgremium besetzen. Die beiden weiteren werden die bisherigen Vorstände der Raiba Estenfeld-Bergtheim, Thomas Endres und Franz-Josef Hartlieb, übernehmen. Hauptsitz der künftigen Bank wird Gerolzhofen sein, wo neben Ackermann auch ein zweiter Vorstand sein Büro haben wird.
Die 48-jährige Ackermann, die seit dem Jahr 2017 Prokuristin der VR-Bank Gerolzhofen ist, kommt aus Unterspiesheim und hat in der dortigen Raiba ab dem Jahr 1990 als Bankkauffrau gelernt. Nach der Fusion mit der VR-Bank Gerolzhofen im Jahr 1992 ist sie dorthin gewechselt und hat im Jahr 2002 die Kreditabteilung übernommen, die ab 1. Juni 2022 nun Lena Bedenk leitet. Berufsbegleitend schloss Ackermann unter anderem ein Studium zur Diplom-Bankbetriebswirtin und zur Bankfachwirtin ab.
Sie freut sich darauf, als Vorständin innerhalb der Bank mehr bewegen zu können als bisher. Ihre Karriere – von der Auszubildenden bis zur Vorständin in einem Bankhaus – begreift sie eigenen Worten nach "als Ehre". Besonders wichtig sei ihr der faire Umgang miteinander, innerhalb der Belegschaft sowie mit den Kundinnen und Kunden. Und damit liegt sie auf einer Linie mit ihrem Vorgänger Zinkl.