
Teamarbeit. In einem Operationssaal (OP) ist das extrem wichtig. Alles läuft nach Plan: Wer im OP steht, weiß genau, was er oder sie in welchem Moment zu tun hat. Seit November 2022 gibt es in der Urologie, der Viszeralchirurgie und der Gynäkologie ein neues Teammitglied: das DaVinci-Robotersystem. Bei über 100 Operationen war das System am Leopoldina jetzt schon eingesetzt. Anlass für eine Bilanz.
Bis es so weit war, war einiges an Vorbereitung zu leisten. Operateure und auch OP-Personal mussten erst mal eine Art Führerschein machen, um mit dem System vertraut zu werden. Stück für Stück soll das noch ausgebaut werden. Schließlich muss auch die Zeit für diese Fortbildung da sein.
Der verlängerte Arm des Operierenden
Was verbirgt sich genau hinter diesem System, das aussieht wie eine riesige Metall-Krake? Der Roboter ist sozusagen der verlängerte Arm des Operierenden, der das Gerät an einer Konsole steuert und die Skalpelle an der passenden Stelle des Patienten ansetzt. In einem der Arme sitzt eine Kamera, die anderen Arme halten die Instrumente, die der Arzt über die Konsole bewegt.
Die Konsole hat auch Fußpedale. Über diese kann man die Kamera und die Kauterisierungs-Funktion steuern, also Gefäße veröden. "Das geht am besten ohne Schuhe", sagt Dr. Alexander Krebs, seit April 2022 Chefarzt der Urologie. Er war federführend für den Einsatz des Systems am Leopoldina-Krankenhaus.
Alexander Krebs zeigt bei einer Operation, bei der eine tumorbefallene Niere entfernt wird, welche Vorteile DaVinci hat. Einer fällt sofort auf: Die Kamera liefert 3D-Bilder. Die Ausschnitte können extrem vergrößert werden. Das ermöglicht es, noch präziser zu arbeiten, Schnitte noch genauer zu setzen. Das Gerät ist sozusagen auch eine Sprechanlage: Krebs ist über das Gerät mit seinem Oberarzt Moritz Böckenhoff verbunden. Der steht am Operationstisch, macht dem Chef zum Beispiel den Blick frei, indem er mit dem Sauger austretendes Blut entfernt, oder Klemmen setzt, um ein Blutgefäß abzuklemmen.
Der Roboterarm ist der menschlichen Hand überlegen
Was auch sofort auffällt: Ein Roboterarm ist der menschlichen Hand überlegen. Drehung um 360-Grad, immer die gleiche Griffstärke, kein Ermüden: Für den mechanischen Kollegen ist das alles ganz natürlich.
Was sind die Vorteile für die Patientinnen und Patienten? Kleinere Einschnitte, geringerer Blutverlust, weniger Schmerzen. "Die Leute sind dann deutlich schneller fit", sagt Krebs. Die nach einem Eingriff nötigen Erholungsphasen seien kürzer. Weniger Bewegung im Körper bei der Operation bedeute auch weniger Beschwerden danach.
Der Patient, dem die Niere entfernt wird, braucht dank DaVinci einen weitaus kleineren Schnitt im Bauch, um die Niere herauszuholen. Ein Bergebeutel kommt zum Einsatz. Der Chefarzt packt die Niere, nachdem alle nötigen Schnitt gemacht wurden, im Bauch in einen Beutel. Dadurch kann das Organ etwas gestaucht aus dem Körper gezogen werden. Außerdem vermindere das die Gefahr, Tumorzellen zu streuen.

Vor allem bei Prostata-Operationen nutzt der Urologe das System ein. Ob DaVinci eingesetzt wird, entscheidet sich nach der Komplexität der Operation. Nicht bei jedem Eingriff sei das erforderlich. Der Aufwand ist nämlich groß: Allein, wenn es darum geht, das System für eine OP einsatzbereit zu machen. Auch honorieren die Krankenkassen noch nicht den Mehraufwand, so der Urologie- Chefarzt.
Vor jeder Operation wird abgewogen, ob DaVinci spezielle Vorteile bringen würde
Man müsse bei jeder Operation abwägen, ob der Einsatz von DaVinci in dieser Situation spezielle Vorteile für den Patienten bedeute. Sei das nicht der Fall, setze man wie bisher Laparoskopie, Schlüsselloch-Technik ein, sagt Dr. Jessica Körber, Leitende Oberärztin der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Was sie beeindruckt am neuen Team-Mitglied: die Möglichkeit, einen größeren Radius zu haben, als mit der menschlichen Hand möglich.
Dr. Elke Wiegand, Leitende Oberärztin der Gynäkologie, schätzt die Arbeit mit DaVinci sehr. Man könne komfortabler und besser operieren. Für die Gewöhnung an das neue System hat sie einen schönen Vergleich. "Das ist wie von Schaltgetriebe auf E-Auto umzusteigen." Regeln und Wege seien gleich.
"Der Kauf des zwei Millionen Euro teuren DaVinci-Robotersystems war eine wichtige strategische Entscheidung für unser Haus", erklärt Geschäftsführer Jürgen Winter. „Für das Leopoldina-Krankenhaus ist diese Investition eine bedeutende Weichenstellung für die Zukunft, da wir nicht nur das Leistungsangebot der Urologie, Gynäkologie sowie der Allgemein- und Viszeralchirurgie erweitern, sondern auch unsere zentrale Rolle als der Schwerpunktversorger für die Region Main–Rhön stärken.“