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Kreis Schweinfurt
Lehrerverband fordert: Mehr Deutsch und Mathe in Grundschulen, aber kein Kürzen von anderem Unterrichtsstoff
Der Kreis-Lehrerverband fordert eine "echte Grundschulreform", in der eine Stunde mehr gezielt eingesetzt wird für Förderung. Wie das umgesetzt werden könnte.
Mehr Deutschunterricht soll es an Grundschulen geben, nachdem die Kinder bei international anerkannten Rankings immer schlechter abschneiden. Wie das Vorhaben umgesetzt werden soll, ist umstritten.
Foto: Mohssen Assanimoghaddam | Mehr Deutschunterricht soll es an Grundschulen geben, nachdem die Kinder bei international anerkannten Rankings immer schlechter abschneiden. Wie das Vorhaben umgesetzt werden soll, ist umstritten.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 19:17 Uhr

In den Lehrerzimmern wird heftig diskutiert: Die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder, auf das schlechte Abschneiden von Bayerns Grundschülerinnen und Grundschüler bei der jüngsten internationalen Vergleichsstudie Pisa mit einer zusätzlichen Deutschstunde zu reagieren, sorgt für Verunsicherung. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) geht sogar noch einen Schritt weiter und möchte in den ersten und vierten Klasse jeweils eine Stunde Mathematik mehr unterbringen. Die Stundenzahl insgesamt soll aber nicht steigen.

"Wie können wir den vielen Anforderungen, die Gesellschaft und Politik an Schule haben, gerecht werden, ohne die Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren aus den Augen zu verlieren?", fragt sich Astrid Gäb. Sie ist Lehrerin an der Grundschule Dittelbrunn und gleichzeitig Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnnen- und Lehrerverbandes (BLLV) im Kreis Schweinfurt. In einem offenen Brief fordert sie eine "echte Grundschulreform". Denn: "Unsere Schüler*innen brauchen eine solide Basis in allen Fächern."

BLLV lehnt Kürzung von Unterrichtsfächern ab

Die Politik hat erkannt, dass bei der Bildung der heranwachsenden Generation etwas getan werden muss. Die Kinder schneiden bei international anerkannten Rankings immer schlechter ab, ihre Lesekompetenz, ihre mathematischen Fähigkeiten und ihre Kenntnisse in den Naturwissenschaften werden immer schwächer. Deshalb sollen die Kernfächer Deutsch und Mathematik durch zusätzliche Stunden gestärkt werden. Dafür müssten die Schulen aber bei anderen Fächern wie Musik, Kunst, Religion, Sport oder Englisch streichen.

BLLV-Kreisvorsitzende Astrid Gäb.
Foto: Silvia Eidel | BLLV-Kreisvorsitzende Astrid Gäb.

Der BLLV lehnt Kürzungen bei anderen Fächern ab. "Wie kann immer mehr Inhalt in einer immer kürzeren Zeit vermittelt werden? Müssen wir in Zukunft alle Lernbereiche nur mal kurz streifen, können aber nicht in die Tiefe gehen, weil die Zeit fehlt?" BLLV-Kreisvorsitzende Gäb hält diese Art von Unterricht für keine gute Basis, um die nächste Generation für die Gesellschaft von morgen vorzubereiten. "Grundschule muss allen Kindern ein solides Wissen vermitteln, nicht nur in den Hauptfächern, sondern auch in den allgemeinbildenden Fächern." Viele Kinder hätten Defizite in den Alltagskompetenzen. Soziales Lernen, Teamfähigkeit und Wertevermittlung seien Kernaufgaben, die immer mehr von der Schule geleistet werden müssten. "Wir Lehrer sind Erziehungspersonal", und das für bis 27 bis 30 Kindern in der Klasse.   

Mehr Drittkräfte zur Unterstützung gefordert

"Wir brauchen eine echte Grundschul-Reform, in der eine Stunde mehr gezielt eingesetzt wird für Kinder, die Förderung brauchen", fordert deshalb die BLLV-Kreisvorsitzende. Die zusätzliche Unterrichtsstunde sollte genutzt werden, um in Kleingruppen etwas zu erarbeiten. Zum Beispiel, um Lücken aufzuarbeiten oder Unterrichtsstoff zu vertiefen.

"Was uns helfen würde, wären viele, viele Stunden für helping hands." Gäb meint damit externe Kräfte, die das Lehrpersonal unterstützen. An manchen Grundschulen sind diese aufgrund des allgemeinen Lehrermangels bereits im Einsatz. Es sind oftmals junge Lehramtsstudierende, die für einen praktischen Tag an der Schule von ihrem ihr Studium freigestellt werden. Sie betreuen selbständig Klassen, unterstützen die Stammlehrkraft im Regelunterricht oder übernehmen Unterrichts-ergänzende Maßnahmen.

"So kann ein wirklich differenzierter Unterricht stattfinden", ist Gäb dankbar für dieses Förderprogramm der Staatsregierung. Doch das Budget für Substitutionskräfte solle nun gekürzt werden, weil nach der Lehrkräftebedarfsprognose der Personalmangel bis 2025 behoben sein soll. 

Lehrkräfte nicht alleine lassen

Auch Eltern betrachten die Reformpläne der Staatsregierung mit Skepsis. Mehr Deutsch und Mathematik sei auf den ersten Blick zwar ein guter Vorschlag, meint Johanna Stöcker, die stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende an der Grundschule Dittelbrunn, aber andere Unterrichtsfächer sollten dafür nicht gekürzt werden. Den Vorschlag des BLLV, den Lehrkräften Assistenzkräfte zur Verfügung zu stellen, befürwortet sie. "Das ist eine Mammutaufgabe für die Schulen, hier darf man die Lehrkräfte nicht alleine lassen."   

Gegen Kürzungen bei den "weichen" Unterrichtsfächern wie Sport, Musik oder Kunst spricht sich auch Stefanie Gernert vom Vorstand des Elternbeirats der Grundschule Wasserlosen aus. Gerade diese Stunden seien für die Kinder wichtig, um Energie für die "harten" Fächer wie Deutsch und Mathematik zu tanken. Die Idee, Drittkräfte einzusetzen, wird in der Grundschule Wasserlosen bereits praktiziert. Dort sind erfolgreich ehrenamtliche Lesepaten im Einsatz, die mit den Kindern gezielt Lesen und Schreiben üben oder auch mal Rechenaufgaben vertiefen.      

"Wenn wir eine echte Reform wollen, dann müssen wir in der Grundschule auch mehr sehen als einen Zulieferbetrieb für weiterführende Schulen", stellt BLLV-Vorsitzende Gäb klar. Grundschule, das sei grundlegende Bildung. Und diese lasse sich nicht in immer kürzerer Zeit vermitteln. "Es wäre cool, wenn man sich endlich mal an einen großen Wurf trauen würde."

 
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  • Peter Schwagerus
    Wie wichtig Deutschunterricht ist, lässt sich sehr gut an den Grammatik- und Orthographiefehlern in diesem Artikel erkennen. Liest das niemand durch, bevor es veröffentlicht wird?!
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