Bereits seit mehreren Wochen protestieren Landwirtinnen und Landwirte bundesweit mit ihren Traktoren auf den Straßen, um ihren Unmut über die Streichung der Vergünstigungen beim Agrardiesel zu verdeutlichen. Auch beim Landfrauentag des bayerischen Bauernverbandes des Kreisverbands Schweinfurt im Freizeitzentrum Waigolshausen waren die Bauernproteste und die aktuelle Situation in der Landwirtschaft Thema. Übergeordnet ging es jedoch um die Frage, was die Gesellschaft zusammenhält und welche Rolle der ländliche Raum übernehmen kann.
Landfrauen wünschen sich mehr Akzeptanz
So machte die Kreisbäuerin Barbara Göpfert deutlich, dass viele Landwirtschaftsbetriebe um ihre Existenz bangen würden und Gesellschaft und Politik vergessen hätte, wo die Lebensmittel herkommen. Immer wieder höre sie, dass "Landwirte an allem schuld sind". Die Vorwürfe: Sie verpesteten die Luft, sie würden Tiere quälen und erhielten dann auch noch Geld vom Staat. Die Proteste in der Gesellschaft würden diese Schieflage aufzeigen.
"Viele Menschen, vor allem in den Städten, kennen die Lebensrealität der Landwirte nicht", das habe Göpfert bei der grünen Woche, der international wichtigsten Messe für Landwirte, in Berlin gemerkt. Ihr Wunsch: "Mehr Akzeptanz für landwirtschaftliche Betriebe, passende Verordnungen und mehr 'Wir' in der Gesellschaft." Sie fordert, was viele Landwirtinnen, wie beispielsweise die Bezirksrätin und Kreisbäuerin Maria Hoßmann des Kreisverbands Main-Spessart, an diesem Tag fordern: Die Menschen müssen wissen, was Lebensmittel wert sind und diese wieder mehr zu schätzen wissen.
Die Landfrauen sehen es deshalb als ihre Aufgabe, über landwirtschaftliche Themen in Schulen und Kindergärten aufzuklären, sich aber auch in Vereinen und Gruppen zu engagieren. "Unser Leben gelingt nur im Miteinander", so Göpfert. Gerade auf dem Land erlebe sie einen starken Zusammenhalt, Dorfbewohnerinnen und -bewohner würden sich umeinander sorgen und einander unterstützen.
Vernunft, Recht und Liebe würden die Gesellschaft zusammenhalten
Das Engagement der Landwirtinnen hob auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hervor, der als Hauptreferent geladen war. Er selbst sei auf einem kleinen Hof mit Tieren groß geworden, habe deshalb eine Verbindung zur Landwirtschaft. "Ich konnte selbst melken, habe Kühe und Pferde eingespannt und habe noch mit der Hand gepflügt, gesät und geerntet", sagte er am Anfang seines Vortrags. "Ich habe aber auch die Veränderungen hautnah mit erlebt, denn von den Höfen meiner Cousinen und Cousins gibt es keinen mehr."
Zwar erleichterten Maschinen die landwirtschaftliche Arbeit und auch die Work-Life-Balance sei besser, dafür werde die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte weniger geschätzt, für Produkte aus heimischen Anbau weniger gezahlt und aufgrund des daraus folgenden Konkurrenzdrucks würden Äcker und Wiesen heute einseitig ausgebeutet.
"Die Bauernproteste rücken Land und Landwirtschaft ins Bewusstsein", so Schick. Sie würden auf die Vorteile der heimischen Produktion aufmerksam machen. "Wir brauchen das Land, die Landwirtschaft und das Ländliche, um das Humane und die Kultur zu bewahren." Für ihn sind es vor allem drei Säulen, die eine Gesellschaft zusammenhalten: Vernunft, Recht und Liebe. Das würde auf dem Land bereits gelebt, beispielsweise durch nachbarschaftlichen Austausch oder gegenseitige Fürsorge im Krankenfall. Werde das befolgt, könne eine Gesellschaft gut, wahr und schön leben, egal, ob in der Stadt oder auf dem Land.
Landrat Florian Töpper zeigt Kante gegen Rechts
Die politischen Gäste zeigten in ihren Grußworten Solidarität für die Landwirtschaft. "Jeder Betrieb ist es wert, dass um seinen Erhalt gekämpft wird, das ist im politischen Bewusstsein nicht immer angelangt", sagte zum Beispiel Landrat Florian Töpper (SPD). Er mahnte aber: "Wir müssen wieder mehr zueinander finden." Vor allem die Entwicklungen am rechten Rand – für die es in der Landwirtschaft keine Sympathien gebe – erschüttern ihn. Die Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CDU/CSU) betonte hingegen, dass es in der Landwirtschaft keine weiteren Auflagen, sondern Erleichterungen brauche.