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Gerolzhofen
Kritik wegen zerstörter Bahnschwellen
Beim Freischneiden der Bahntrasse wurden von einem Kettenbagger Betonschwellen zerstört. Der Verkehrsclub Deutschland und der Fahrgastverband Pro Bahn haben dies gemeldet.
Auf der Trasse der Steigerwaldbahn bei Gerolzhofen hat ein Kettenbagger die Köpfe der Betonschwellen zerstört.
Foto: VCD | Auf der Trasse der Steigerwaldbahn bei Gerolzhofen hat ein Kettenbagger die Köpfe der Betonschwellen zerstört.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 15.02.2024 15:05 Uhr

Die Trasse der Steigerwaldbahn sei durch unsachgemäße Baggerfahrten auf der Strecke im Bereich bei Gerolzhofen auf einer Länge von über 1,2 Kilometer "erheblich beschädigt" worden – das haben der Verkehrsclub Deutschland (VCD), Kreisverband Mainfranken-Rhön, sowie der Fahrgastverband Pro Bahn festgestellt. Die Beschädigungen habe man bereits an die für das Bahnwesen zuständige Regierung von Mittelfranken gemeldet, heißt es in einer Pressemitteilung beider Organisationen. Die Regierung habe die Beschädigungen bestätigt.

Wie berichtet, war in den vergangenen Wochen die Eigentümerin der Bahnstrecke, die Firma Gleisrückbau Meißner aus dem baden-württembergischen Dörzbach, mit mehreren Mitarbeitern dabei, die Trasse zwischen Sennfeld und Großlangheim vom Wildwuchs der vergangenen Jahre freizuschneiden. Dies musste laut Bundesnaturschutzgesetz spätestens bis Ende Februar durchgeführt sein, weil danach die Brutsaison der Vögel beginnt. Bei den Arbeiten kam auch ein kleiner Kettenbagger zum Einsatz.

Schwellenköpfe zerstört

Den Einsatz dieser Maschine kritisieren der VCD und Pro Bahn. Normalerweise befahre man Bahnstrecken mit so genannten Zweiwegebaggern, die kleine Zusatzräder zur Spurführung auf den Schienen besitzen. Durch den Kettenbagger seien starke Zerstörungen an den Schwellenköpfen aufgetreten. "Es ist zu befürchten, dass in die beschädigten Schwellenköpfe Wasser eindringt und dadurch der eingebettete Armierungsstahl geschädigt wird", heißt es.

Durch die unsachgemäße Befahrung sei die Widmung als Eisenbahnstrecke verletzt worden. "Die Firma Meißner hat unsere öffentliche Infrastruktur durch die Befahrung beschädigt", stellen VCD und Pro Bahn fest. Dies sei allerdings von Anfang an zu befürchten gewesen, da die Firma ja kein Eisenbahnbetriebsunternehmen ist und somit offensichtlich nicht geeignet sei, eine Bahnstrecke zu besitzen.

"Ein Missgeschick passiert"

Timo Meißner, Inhaber der Firma Gleisrückbau Meißner, bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion, dass es tatsächlich zu Beschädigungen gekommen ist und zwar konkret auf dem kurzen Streckenabschnitt vom Gerolzhöfer Bahnhof in Richtung Kläranlage. Nach zahlreichen Beschwerden von Anwohnern entlang der Strecke wegen des im Laufe der vergangenen Jahre stark zugenommenen Bewuchses habe man in den zurückliegenden Wochen die Strecke in den Landkreisen Kitzingen und Schweinfurt freigeschnitten. "Dabei ist dem Bautrupp bei Gerolzhofen ein Missgeschick passiert", so Meißner.

Der VCD hat die Beschädigungen fotografisch dokumentiert.
Foto: VCD | Der VCD hat die Beschädigungen fotografisch dokumentiert.

Er sei sich selbstverständlich bewusst, so Meißner, dass er auch als Eigentümer keine Schäden an einer gewidmeten Bahnstrecke verursachen dürfe. Die Beschädigungen habe er der Regierung von Mittelfranken ordnungsgemäß gemeldet.

Schrauben in Holzdübeln

Allerdings, und auch darauf weist Timo Meißner hin, seien bei den jüngsten Arbeiten solche Betonschwellen und andere Einrichtungen beschädigt worden, die sowieso getauscht werden müssten, falls ein Bahnbetrieb wieder aufgenommen werden sollte. "Die Gleise sind in diesem Bereich sehr stark abgefahren", sagt Meißner. Und die Schrauben, mit denen die Gleise an den Schwellen befestigt sind, würden noch in alten Holzdübeln stecken. "Das müsste nach den heutigen Vorschriften eh alles erneuert werden."

Die Aussage Meißners deckt sich auch mit den Ergebnissen des Gutachtens, das das Fachbüro Kobra NVS GmbH aus Kassel im Oktober 2018 im Auftrag des Landkreises Schweinfurt für die Strecke innerhalb des Landkreises vorgelegt hatte. Im April 2018 waren im Auftrag der Kobra NVS GmbH Experten der Firma Wallerich aus Kassel auf der Strecke zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen unterwegs gewesen und hatten den baulichen Zustand der etwa 20 Kilometer langen Trasse untersucht, um die Investitionskosten für eine Reaktivierung abzuschätzen.

Komplettaustausch von Schwellen

Aufgrund dieser technischen Untersuchung kamen die Gutachter von Kobra NVS zum Ergebnis, dass die Bahnstrecke vor ihrer Reaktivierung auf einer Länge von zwölf Kilometern "vollständig" saniert werden müsste. Dies bedeute die Erneuerung des Schotterbetts, einen Komplettaustausch aller Schienen und Schwellen und den Neubau von Weichen, hieß es in einer Power-Point-Präsentation, mit der die Ergebnisse des Gutachtens damals dem Kreistag vorgestellt wurden.

Für den Rest der Strecke, gut acht Kilometer, würden hingegen Teilsanierungen ausreichen, erklärte Dipl.-Ing. Dieter Stepner, der Projektreferent Verkehrsplanung bei der Kobra NVS GmbH, damals auf Anfrage dieser Redaktion. Bei dem Abschnitt, wo Teilsanierungen genügen würden, handelt es sich im wesentlichen nur um die Trasse von Schweinfurt bis Gochsheim. Dort fuhren bis zur Inbetriebnahme des Zwischenlagers im Jahr 2006 regelmäßig noch die Sonderzüge mit den Castor-Behältern mit den abgebrannten Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Grafenrheinfeld. 

Befürworter einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn hingegen haben erst in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung von einer "noch weitgehend intakten Bahnstrecke" gesprochen.

 
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  • mppthi
    wie im kindergarten wenn der bub keine eisenbahn bekommt!!!
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  • Funkenstern
    Wer das anzeigt? Leute mit zuwenig Ahnung und vollkommenem Laienwissen. Die Argumente zur Wiederinstandsetzung und Nutzung sind nur von Fantasten gefordert, welche Realität mit Wirklichkeit verwechseln.
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  • herbert.scheurer@t-online.de
    auf solch alten Schwellen können selbst ManEmpörtSich-Aktivisten keinen Zug abfahren lassen
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Wo bitte ist der Skandal wenn der Teil der Bahnstrecke eh komplett saniert werden muss inkl. der Bahnschwellen (unabhängig von der jetzigen Beschädigung durch den Bagger).

    Sicherlich gibt es genügend Leute die wieder nur die Überschrift lesen (und dann hier kommentieren).

    Durch solche künstlichen Skandalisierungen schafft man sich nirgends Freunde!
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  • manfred-englert@hotmail.de
    Vor allem: Wer zeigt denn so etwas an?
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