Es war ein starkes Zeichen der Solidarität, das da am Sonntagnachmittag vom Schweinfurter Marktplatz aus in Richtung Ukraine gesandt wurde. Und nicht nur in Richtung des von Putins Truppen überfallenen Landes, sondern auch an die Adresse der Menschen mit ukrainischen Wurzeln, die in Stadt und Landkreis Schweinfurt leben.
Moderiert von Agnes Conrad (Kreisvorsitzende der Partei "Die Linke") wurde diese "Kundgebung und Mahnwache für den Frieden" unter dem Motto "Die Waffen nieder" ein Blick auf die aktuelle Situation und ein Forum für zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus unterschiedlichsten Richtungen. Erst ein vor Ort nicht behebbarer Ausfall der Mikrofonanlage setzte den Redebeiträgen ein Ende. Vertreterinnen und Vertreter von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Umweltverbände – alle waren sie gekommen, um ihr Mitgefühl für die Menschen in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen.
DGB-Chef Frank Firsching (Linke) etwa betonte, dass nun alles getan werden müsse, dass diese Situation, die sich noch vor kurzem niemand habe vorstellen könne, nicht eskaliert. Dafür brauche es Diplomatie, nicht die Sprache der Gewalt.
Schweinfurts OB Sebastian Remelè (CSU) sprach von einem "Zivilisationsbruch", den dieser Krieg darstelle und unterteilte seine Rede in vier Empfindungen, die die Nachricht vom Überfall auf die Ukraine in ihm ausgelöst haben. "Trauer mit dem ukrainischen Volk. Wut darüber, dass Putin die Macht hat diesen Krieg zu führen und ihm niemand in den Arm fällt. Scham, dabei zusehen zu müssen, wie dieses tapfere Volk militärisch erdrückt wird und die Bewunderung, wie sich dieses Volk zur Wehr setzt." Seine Wut, ergänzte Remelè, richte sich ausdrücklich nicht gegen das russische Volk, das nicht hinter dem Krieg stehe. Abschließend betont der OB . "Ukrainer sind uns willkommen, wenn sie vor dem Krieg fliehen müssen."
Durch Energielieferungen aus Russland erpressbar
Kreisrat Thomas Vizl (Bündnis90/Grüne) sprach davon, dass man sich durch die Energielieferungen aus Russland erpressbar gemacht habe. Auch deshalb müsse man den Ausbau alternativer Energiegewinnung vehement vorantreiben.
Heiko Kuschel betonte als Vertreter der evangelischen Kirchen: "Putin darf mit dieser Aktion nicht durchkommen". Er zollte allen Menschen in Russland Respekt, die dort gegen diesen Krieg auf die Straße gehen und dabei riskieren, dass sie eingesperrt werden. Auch er rief dazu auf, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, wie sie von Russland geliefert werden, zu verringern. "Die Waffen, die Putin gegen die Menschen in der Ukraine einsetzt, sind auch von dem Geld bezahlt, das wir hier für Gas und Benzin bezahlen."
Marietta Eder (SPD) zeigte sich beeindruckt davon, wie eng Europa zusammengerückt und wie stark die gemeinsame Reaktion sei. Das mache Hoffnung. "Wir werden alles für Menschen tun, die nun auf der Flucht sind", betonte Eder und unterstrich wie andere Redner auch, dass nun endlich der Ausbau erneuerbarer Energien forciert werden müsse, um Abhängigkeiten abzubauen.
"Wir sind am Donnerstag in einer neuen Welt aufgewacht", so Nicolas Lommatzsch, Kreisvorsitzender der Grünen. Als junger Vater gehe es ihm sehr nahe, Bilder zu sehen, auf denen Kinder weinend in U-Bahn-Schächten Zuflucht suchen. Die Welt müsse nun eine klare und gemeinsame Antwort Richtung Moskau aussenden.
"Es ist gut, dass Europa zu einer gemeinsamen Sprache gefunden hat. Auch wir werden wieder Flüchtlinge aufnehmen und uns dieser Aufgabe gemeinsam stellen", so Landrat Florian Töpper (SPD). "Demokratie strahlt", zitierte er den Bundespräsidenten. Und dieses Strahlen werde heller sein als die der Eispaläste oder Golf-Ressorts der Oligarchen.
Babs Günther (Bund Naturschutz) betonte, welche Katastrophe so ein Krieg nicht nur für die Menschen, sondern auch für Natur und Umwelt sei. Sie äußerte ihre Sorge darüber, dass russische Truppen das Areal eingenommen haben, auf dem sich das 1986 explodierte Kernkraftwerk Tschernobyl befindet. Ein unkalkulierbares Risiko, das zur Bedrohung durch die Atommacht Russland dazukomme. "In diesem Krieg wird es keine Sieger geben", so Babs Günther, weshalb es einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen brauche.
Manfred Dülk: "Putins wird es immer geben"
Manfred Dülk, unterfränkischer Bezirksgeschäftsführer der freien Wähler, räumte ein "Putins wird es immer geben". Es sei wichtig, gemeinsame Antworten zu finden, und auch er betonte die Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen.
Unter den Gästen der Mahnwache und Kundgebung auf dem gut gefüllten Marktplatz waren auch viele Menschen mit ukrainischen Wurzeln. Immer wieder wurden Freiheitslieder wie "Slava Ukraine" (Es lebe die Ukraine) angestimmt, ein junger Ukrainer nutzte die Gelegenheit sich in der Landesssprache an seine Landsleute zu wenden.
Eine Schweigeminute wurde abgehalten, Kerzen angezündet. Schweinfurt, so scheint es, hat eine gemeinsame Sprache gegen Putin gefunden. Einigkeit herrschte unter den Versammelten auch darüber, dass es nun ein breites und parteiloses Bündnis für den Frieden und die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine brauche.