
Die historische Stadtmauer prägt seit dem Mittelalter das Erscheinungsbild von Gerolzhofen. Das im Kern bis ins 13. und 14. Jahrhundert zurückreichende Baudenkmal ist in großen Teilen noch erhalten, mit seiner Länge von mehr als zwei Kilometer zugleich aber eine echte Herausforderung aufgrund des Unterhalts.
Das wissen die Verantwortlichen der Stadt nicht erst seit einem kürzlichen Vorfall: Im Oktober waren fast täglich Steine am Spielplatz in der Nördlichen Allee von einem angrenzenden Mauerstück heruntergefallen. Daraufhin sperrte die Stadt aus Sicherheitsgründen den dortigen Kleinkindbereich mit Bauzaungittern ab. Sie stehen bis heute.
Stadtbauamt wünscht sich grundsätzliche Entscheidung
Zuständig für den Bauunterhalt ist die Stadt als Eigentümerin der Mauer sowie der meisten Türme, insgesamt zehn an der Zahl. Aus aktuellem Anlass gab Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann dem Stadtrat einen Überblick zum Zustand des Bauwerks mit seinen beiden Mauerringen rund um die Altstadt. Aufgrund der notwendigen Sanierung des genannten Teilstücks sei "eine grundsätzliche Priorisierung des Erhalts unserer Stadtmauer zu überdenken".

Die Zeit habe deutliche Spuren an der mittelalterlichen Stadtbefestigung hinterlassen, vor allem Nässe und Pflanzenwuchs hätten dem Mauerwerk "stark zugesetzt". Hoffmann bat daher um einen Grundsatzbeschluss, ob die Stadtmauer dem Verfall preisgegeben werden soll oder ob die Stadt sanieren und investieren möchte.
Zwar wurde der bauliche Zustand der äußeren Stadtmauer vor sieben Jahren durch das Bauamt protokolliert, bis heute allerdings keine daraus folgenden Maßnahmen in die Wege geleitet. Laut der Stadtbaumeisterin wird das Bauwerk derzeit sporadisch ausgebessert und vom Bewuchs befreit, meist durch Mitarbeitende des städtischen Bauhofs. Trotzdem: "Das erfordert einiges an Arbeit, die Kollegen sind sehr gut ausgelastet", berichtete sie dem Gremium.
Für einen regelmäßigen Rückschnitt müssten ihren Angaben zufolge mindestens zwei Mitarbeiter der Stadtgärtnerei zweimal jährlich für jeweils drei Wochen eingeplant werden. Ähnlich, so Hoffmann, verhielte es sich mit der Begutachtung der Stadtmauer durch den Bauhof.
Jedes Jahr 100.000 Euro für Sanierung vorgeschlagen
Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sah eine Summe von 100.000 Euro vor, die jährlich im Haushalt für Maßnahmen eingestellt werden sollte. Zunächst sollten die bekannten Sanierungsfälle abgearbeitet werden.
Geplant sei zudem eine umfangreiche Kartierung und Zustandserhebung. Alternativ könnten auch zwei Mitarbeitende des Bauhofs dauerhaft für die Stadtmauersanierung freigestellt werden, hieß es in dem Vorschlag.

Dass grundsätzlich Handlungsbedarf besteht und die Stadtmauer als "Aushängeschild" wichtig für Gerolzhofen ist, wie es Zweiter Bürgermeister Erich Servatius (SPD) formulierte, daran gab es im Stadtrat, zumindest den Wortmeldungen zufolge, keinen Zweifel.
Arnulf Koch (CSU) sprach von einer "Verpflichtung", die man mit dem Baudenkmal habe. Und für Thomas Vizl (Geo-net) ist es "keine Option", die Stadtmauer verfallen zu lassen. "Das ist in 700 Jahren nicht passiert, und wir wollen es auch nicht."
"Sanieren und erhalten: ja", meinte auch Günter Iff (Freie Wähler). Allerdings wünschte er sich einen nicht zu "kleinteiligen" Beschluss, etwa mit der Festlegung einer genauen Zahl der abzustellenden Mitarbeiter oder des Arbeitsaufwands. Er bat darum, eine weitere Alternative zur Abstimmung zu stellen, die weniger konkret formuliert ist: dass die Sanierung durch Mitarbeitende des Bauhofs erfolgen könne.
Sanierungs-Mix aus Bauhof und Fachfirmen
Arnulf Koch sieht darin zwar eine Kernaufgabe der städtischen Einrichtung ("Unser Bauhof macht unsere Stadt schön"). Aber man müsse die Ausgaben im Blick behalten, mahnte er an. Eine personelle Kostenmehrung dürfe es nicht geben, man müsse die Arbeiten zugunsten der Stadtmauer priorisieren und gegebenenfalls dann Arbeitszeit für andere Bauhofprojekte einsparen.
Dritter Bürgermeister Markus Reuß (CSU) erinnerte an einen früheren Bauhof-Mitarbeiter, "der das sehr gerne gemacht hat" und fragte an, ob eine Reaktivierung möglich sei. Die Stadtbaumeisterin konnte diesbezüglich von Gesprächen, aber noch keinem Ergebnis berichten.

Solange eigene Kräfte die nötige Qualifikation mitbringen, sehen Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) und Thomas Vizl darin eine praktikable Lösung. Vizl sprach von einer nötigen Flexibilität. Sein Vorschlag: Kleinere Maßnahmen könnte der Bauhof übernehmen, größere an Firmen vergeben werden.
Klar ist für einige Stadträte aber auch: Notfalls müssten Fachfirmen für bestimmte Arbeiten beauftragt werden, wenn es für die Stadt selbst nicht leistbar ist; oder wenn man wegen der Gefahr schnell handeln müsste, meinte Erich Servatius. Er erinnerte an den Einsturz eines größeren Mauerstücks vor wenigen Tagen in Miltenberg.
Mit Fördergeldern der Regierung ist meist nur bei einer externen Auftragsvergabe zu rechnen. Das teilte Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann auf Nachfrage von Ingrid Feil (CSU) mit.
Günter Iff verwies darauf, dass bereits jeweils 100.000 Euro für die Jahre 2025 und 2027 in der Finanzplanung des Haushalts für die Stadtmauer vorgesehen sind. Aufgrund dessen und weil es im Detail recht unterschiedliche Meinung gab, regte der Bürgermeister eine Vertagung an. Dem schlossen sich alle Mitglieder des Stadtrates an.
Ob eine Grundsatzentscheidung zur Stadtmauersanierung erst wieder bei den Haushaltsberatungen oder schon vorher im Gremium behandelt wird, steht derzeit nicht fest. "Das Thema wird uns nochmal einholen, an passender Stelle", sagte Wozniak dazu.
Vielleicht kann er wieder aktiviert werden?