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Schweinfurt
Kompromiss rettet SPD-Initiative für mehr Bildungschancen
Es sah schlecht aus für die Forderung, an allen Schweinfurter Grundschulen pädagogische Hilfskräfte anzustellen. Den Weg ebnete ein Einzelvorstoß im Stadtrat.
Damit Kinder an den Schulen ihren Weg machen, brauchen manche von ihnen Hilfe. In Schweinfurt soll ein Pilotprojekt Kinder unterstützen, die mehr brauchen als Lehrer und zusätzliche Kräfte für den Sprachunterricht.
Foto: Arne Dedert/DPA | Damit Kinder an den Schulen ihren Weg machen, brauchen manche von ihnen Hilfe. In Schweinfurt soll ein Pilotprojekt Kinder unterstützen, die mehr brauchen als Lehrer und zusätzliche Kräfte für den Sprachunterricht.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:01 Uhr

Für die SPD war es der entscheidende von über 20 Anträgen, die sie in die Haushaltsberatungen eingebracht hatte: die Forderung nach einer Initiative für mehr Bildungsgerechtigkeit für Schweinfurter Schüler.Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, so hatte Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann im Vorfeld angekündigt, würde die SPD dem Haushalt der Stadt für 2019 nicht zustimmen. So stellte Hofmann den Antrag erneut, als es in der Sitzung am Dienstag um die Verabschiedung des Haushalts ging.

Ihren ursprünglichen Antrag hatte die SPD nachgebessert, forderte nun konkret 400 000 Euro einzuplanen, um davon 6,5 Stellen für pädagogische Hilfskräfte in den Schweinfurter Grundschulen anzustellen und legte auch bei der Begründung neue Zahlen nach. Nämlich die der Schulabbrecher, also derjenigen, die die Mittelschule ohne Abschluss verlassen. Schon der Schulentwicklungsplan der Stadt zeigte laut Ralf Hofmann für 2016 hohe Zahlen: damals waren es zehn Prozent, der Bayernschnitt lag bei rund 5,5 Prozent. In den Haushaltsberatungen war noch von ganz anderen, offenbar veralteten Zahlen die Rede gewesen.

24,5 Prozent Schulabbrecher in 2017/2018

Neuere Zahlen zeigen, dass sich die Situation verschlechtert hat. Laut Kommunalem Bildungsmonitoring, das Zahlen des Statistischen Landesamtes Bayern ausgewertet hat, lag die Schulabbrecher-Quote für 2017/2018 bei 24,5 Prozent. Im Vergleich: Im Landkreis sind es 6,3 Prozent, im bayernweiten Schnitt 8,7. Das allein an der Migration und an Flüchtlingen festzumachen, zählt für Hofmann nicht. Den Zahlen zufolge haben 11,2 Prozent der Schulabbrecher in der Stadt einen deutschen Pass. Dazu komme die im Vergleich zu anderen Städten niedrige Übertrittsquote an Gymnasien.

Zahlen, die Jürgen Montag, Sozialreferent der Stadt, "teilweise nicht kannte". Die Stadt sei ja auch nur Schulaufwandsträger, so seine Erklärung. Die Sozialstruktur Schweinfurts sei eben keine einfache, das spiegele sich hier wieder.

Man könne das beklagen, meinte Hofmann, oder etwas dagegen tun. Die engagierte Diskussion zeige, dass das Thema jeder im Gremium ernst nehme, so der SPD-Fraktionsvorsitzende. Es gehe um Bildungsgerechtigkeit, darum, dass jedes Kind analog zu seinen Fähigkeiten und Talenten die Chance bekomme, an die Schule zu gehen, für die es geeignet wäre. Die von der SPD geforderten Hilfskräfte würden die - warum auch immer - fehlende Unterstützung aus dem Elternhaus ausgleichen.

Damit Kinder ihre Potenziale schöpfen können

Montags "Vorschlag zur Güte", abzuwarten, bis die Initiative für die Bildungsregion 2019 abgeschlossen sei, stieß nicht nur bei der SPD auf Ablehnung. Adolf Schön (proschweinfurt) meinte, man müsse etwas für diejenigen tun, "die übrig bleiben" und das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Gerade wenn die Sozialstruktur nicht einfach sei. Die hohe Quote der Schulabbrecher war für Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) das entscheidende Argument, den Antrag doch zu unterstützen und dort zielgerichtet zu helfen, wo der Freistaat es noch nicht tue. Damit, wie Frank Firsching (Die Linke) es nannte, die Kinder ihre Potenziale schöpfen können. 

Klaus Rehberger (CSU) ärgerte sich über die plakativ genannten Übertrittempfehlungen ans Gymnasium. Nun warte die SPD mit der Zahl der Schulabbrecher auf, gebe dem Antrag eine neue Wendung. Und trotzdem, stellte Rehberger fest: "Es gibt zu viele Fragezeichen, es fehlt ein Konzept." Peter Hofmann (SPD) dagegen appellierte eindringend: "Es geht um unsere Stadt, wir haben morgen das auszubaden, was heute vernachlässigt wird." Schon heute habe man viele Familien, die auf soziale Hilfen angewiesen seien. Man müsse gegensteuern. Und: Schweinfurt brauche Fachkräfte - auch das sei Standort- und Zukunftssicherung.

Kompromiss: Vier statt 6,5 Stellen

Die Wendung brachte der Antrag von Bürgermeisterin Sorya Lippert. Sie warb dafür, sich als Kommune der sozialen Verantwortung zu stellen. Die Gesellschaft habe sich nun einmal gewandelt, nicht nur durch Migration, auch durch Veränderungen der Familien. Immer mehr Eltern arbeiten beide in Vollzeit, immer mehr Kinder sind den ganzen Tag in einer Betreuung und immer wichtiger wird die Hilfe von außen. Ihr Kompromissvorschlag: An den Grundschulen Friedrich-Rückert, Albert-Schweitzer, Körner, Gartenstadt und Kerschensteiner wird je eine pädagogische Hilfskraft eingestellt. (Einstufung auf dem Niveau Kinderpflegekraft.) 200 000 Euro sollen im Haushalt 2019 bereit stehen für dieses Pilotprojekt. Ein Vorschlag, der bei 12 Gegenstimmen angenommen wurde. Der SPD-Antrag dagegen  war mit 21 Ja und 22 Nein-Stimmen knapp abgelehnt worden.

Für Ralf Hofmann unterm Strich ein Erfolg, wie er in einer Pressemitteilung schreibt. Vor Jahren, als es an der Friedrich-Rückert-Grundschule eine pädagogische Hilfskraft gab, sei die Übertrittquote an Realschule und Gymnasium gestiegen. „Und das wird an allen anderen Grundschulen in Schweinfurt auch passieren“, so Hofmann.

 
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