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SCHWEINFURT
Bildungsoffensive der SPD: Mit dem Nein ist es nicht vorbei
Kinder und Jugendliche in Deutschland       -  Ob es in der Schule klappt oder nicht, hängt auch mit dem Elternhaus zusammen. Nicht jeder kann sein Kind so unterstützen, dass es beste Chancen hat, sagt die SPD. Sie forderte, dass die Stadt pädagogische Hilfskräfte an den Grundschulen finanziert.
Foto: Jens Kalaene/DPA | Ob es in der Schule klappt oder nicht, hängt auch mit dem Elternhaus zusammen. Nicht jeder kann sein Kind so unterstützen, dass es beste Chancen hat, sagt die SPD.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:10 Uhr

Sind Schweinfurts Kinder dümmer als die in Starnberg? Natürlich nicht, sagt Peter Hofmann, als er bei den Haushaltsberatungen einen für die SPD „elementaren Antrag“ vorstellt: Es geht um pädagogische Hilfskräfte für die Grundschulen – bezahlt aus der Stadtkasse, um das aufzufangen, was der Freistaat nicht leistet, die Stadt sich aber leisten kann, wie Hofmann meint: Hilfskräfte, die Grundschülern helfen sollen, deren Eltern sie nicht so unterstützen können oder wollen, wie sie es brauchen, damit diese Kinder gleiche Chancen auf einen Übertritt in höhere Schulen haben wie andere. Die im Vergleich niedrige Quote für Übertrittempfehlungen ans Gymnasium sieht Hofmann als Indikator dafür, dass man mehr tun muss. Und stellt klar: Es geht nicht darum, dass jedes Kind aufs Gymnasium geht.

Standpunkt zum Thema

Doch genau darum dreht sich dann doch die Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss. Wieso ist Schweinfurt Schlusslicht? Was ist so schlecht an einer beruflichen Ausbildung und warum sollte die Stadt 250 000 bis 400 000 Euro in die Hand nehmen, um 6,5 Stellen für solche Hilfskräfte an den Grundschulen zu schaffen? Vollzeit für die Ganztagsschulen, Teilzeit für die ohne gebundenes Ganztagsangebot. Und investiert die Stadt nicht schon? Reicht es nicht, dass man, wie Montag sagt, schon jetzt 38 500 Euro bereitstellt, um einspringen zu können, wenn der Freistaat nicht komplett die Kosten für die von ihm eingeführten Drittkräfte übernimmt?

Sozial und wirtschaftlich

Nein, sagt Peter Hofmann, sagt die SPD. Man habe die finanziellen Mittel, mehr zu tun und sollte dies auch. Nicht nur aus sozialer Sicht, sondern auch aus wirtschaftlicher. Mehr Kindern bessere Chancen zu geben, damit sie das tun können, wozu sie eigentlich in der Lage sind, zahle sich aus. Es gehe schließlich auch um die Frage, ob man in Zukunft mehr Sozialhilfeempfänger haben werde oder nicht. Schweinfurt, sagt sein Fraktionskollege Ralf Hofmann, würde damit ein Signal hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit geben, Vorreiter sein. Wenn andere Städte nachzögen, werde der Freistaat es vielleicht auch tun müssen.

„In keinem anderen Land“, so Ralf Hofmann, „hängen die Bildungschancen so vom Geldbeutel der Eltern ab, wie in Deutschland, vor allem in Bayern.“ Dass dem so ist, untermauert auch der Vergleich der Übertrittquote. Sie ist nirgendwo so hoch wie in Starnberg. Hier sind es 70 Prozent. Und hier, so Kathi Petersen, leben reichere Leute, die sich Nachhilfe für ihre Kinder leisten können. Für sie gehe es um die Schulausbildung allgemein. Die Anforderungen hätten sich gewandelt, heute brauche man für viele Berufe eine höhere Qualifikation.

Montag: Stadt nicht in der Pflicht

Engagiert hat sich die Stadt übrigens schon in dem Bereich, auf den der SPD-Antrag abzielte, wie Peter Hofmann erklärte. An der Friedrich-Rückert-Schule gab es so eine Hilfskraft. Die Übertrittquote stieg, doch dann führte der Freistaat die Drittkräfte zur Sprachförderung ein – und die Stadt zog sich zurück.

Was die SPD mit ihrem Antrag erreichen wollte, war die Einrichtung von Stellen für Hilfskräfte, die die Kinder quasi an die Hand nehmen, ihnen helfen, strukturiert zu arbeiten, zu lernen, Ordnung zu halten, Hausaufgaben zu machen und die sie auch motivieren. Je nach Qualifikation – von der Hilfskraft bis hin zur Erzieherin – würde das Kosten von 250 000 bis 400 000 Euro bedeuten, rechnet Schulreferent Jürgen Montag. Er sah die Stadt nicht in der Pflicht, die Schulen seien ausreichend versorgt.

„Zeichen der praktischen Intelligenz“

Dann ist doch alles in bester Ordnung, zog Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) sein Fazit. Schweinfurt sei nun einmal eine Industrie- und Arbeiterstadt mit einem Anteil von 64 Prozent Migranten unter den Schulkindern. „Vielleicht“ sei die niedrige Quote der Übertrittempfehlungen „auch ein Zeichen der praktischen Intelligenz“.

Die Aussichten für praktische Berufe seien gut. „Besser zufriedene Handwerker mit sicherem Job als unzufriedene Akademiker ohne.“ Außerdem, so von Hirschhausen, liege Schweinfurt auf Platz eins in Bayern, was die Quote der Abbrecher betrifft, die ohne Abschluss die Schule verlassen. Diese sei hier so niedrig wie nirgendwo. Nur eine Stadt, bestätigte Schulamtsleiter René Gutermann, sei in Deutschland besser.

Von Hirschhausens Bemerkung, es könne doch nicht „Proletarier aller Länder akademisiert euch“ heißen, brachte nicht nur Linken-Stadtrat Frank Firsching auf die Palme. Das gerade von einem Akademiker zu hören, fand er seltsam. Auch er stufte den Antrag als wichtigen Schritt zu mehr Chancengleichheit ein. Das Ziel, so fand sein Kollege Sinan Öztürk, müsse sein, besser zu werden. Und die Familien zu unterstützen, die es bräuchten. Dafür, besser gesagt die Bildung, trage aber der Staat die Verantwortung, so sahen es Oberbürgermeister Sebastian Remelé und CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk.

Am Ende scheitert der Antrag mit fünf Ja-Stimmen. Zufrieden geben will man sich damit nicht, sagt Peter Hofmann am Schluss. „Wir werden den Antrag wieder einbringen.“

 
 
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  • E. W.
    Warum groß wundern über die geringe Übertrittsquote bei diesem erheblichen Migrantenanteil? Die österreichische Lehrerin Susanne Wiesinger hat dieses Phänomen in Ihrem Buch genau beschrieben. Muslimische Schülerinnen die Ihren künftigen Ehepartner und Ihren vorgezeigten Lebensweg schon beizeiten kennen, entwickeln keinen Ergeiz mehr zu einer gediegene Ausbildung. Mangelhafte Deutschkenntnisse verschlechtern ebenso die Chancen auf eine höhere Schulbildung. Warum sollen die Schulbehörden dies mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgleichen wenn die Bildung Ihrer Kinder an deutschen Schulen vielen türkischen Eltern offenbar völlig gleichgültig ist!
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